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Warten, bis die Seele nachkommt

Vom Carl-Lampert-Kreuz am Kreuzjoch ist neben der Einsicht auch die Aussicht bemerkenswert.
Vom Carl-Lampert-Kreuz am Kreuzjoch ist neben der Einsicht auch die Aussicht bemerkenswert. ©VOL.AT/Philipp Steurer
In Pilgerfolge vier lassen wir uns eine ganz besondere Geschichte erzählen, die beim wortwörtlichen Höhepunkt der Montafoner Tour beginnt: dem Carl-Lampert-Gipfelkreuz.
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Gebhard Barbisch kennt als Bergretter so manches Stück Vorarlberg besser als seine Hosentasche. Den Weg zum Kreuzjoch ist er schon x-mal gegangen und wird dessen nie überdrüssig werden. Zwei ganz besondere Lebensgeschichten haben sich unauslöschlich mit der Montafoner Bergspitze verbunden. 2017 hat ihn der damalige Zivildiener Valentin Alge von der Idee überzeugt, dem Kreuzjoch sein eigenes Gipfelkreuz zu vermachen. Als Vorlage hierfür sollte das selbst gebastelte Gebetskreuz des Märtyrers Carl Lampert dienen. Der 1894 in Göfis geborene Priester steht mit seinem Lebenszeugnis für Rückgrat und Widerstand während des Nazi-Regimes und wurde 2011 seliggesprochen.

Gemeinschaftswerk Gipfelkreuz

„Dann passierte dieses tragische Unglück. Valentin ist bei einer Skitour ums Leben gekommen“, erinnert Gebhard Barbisch eine dunkle Zeit, die die Fertigstellung des Projekts in Frage stellte. „Doch dank vieler Netzwerke von Valentin, seinen Eltern und der Bergrettung gelang es fast wie von selbst, dieses Kreuz doch noch an seinem Bestimmungsort aufzustellen.“ Unvergesslich sei ihm der Tag, als das Material auf den Gipfel geflogen wurde: „Schwarze Wände, Regenfahnen und Nebelschwaden rundherum, nur wir hatten gute Sicht. Da muss jemand ordentlich die Wolken für uns herumgeschoben haben.“ Barbisch kann der Route durch die imposante alpine Bergwelt jedes Mal aufs Neue viel abgewinnen. „Egal, ob du über den Grat gehst oder den malerischen Seen-Weg nimmst, du hast das Kreuz immer im Blick und dieses Bild ist mit der Erinnerung an Carl Lampert und Valentin Alge verwoben.“

Gedanken schleifen lassen

Das Pilgern ist für Gebhard Barbisch noch eine relativ junge Erfahrung. Eine 14-tägige Wanderung in Nepal war es, der ihm diese neue Dimension des Gehens eröffnet hat. „Im Vergleich zu sportlicheren Ambitionen muss man sich weniger konzentrieren, kann seine Gedanken vor und hinter sich her schleifen lassen.“ Der Bergretter in ihm setzt nach: „Wobei das nur für sichere Wege gilt!“ Wenn der Leistungscharakter schwinde, dann würde da durchaus Platz frei für spirituelle Erfahrungen. Augenzwinkernd verweist Barbisch auf die Parabel vom Südseehäuptling aus dem Buch „Der Papalagi“. Dessen Worte nach seiner ersten Reise mit dem Zug: „Ich muss mich an den Straßenrand setzen und warten, bis meine Seele nachkommt.“

Gebhard Barbisch, auf die Frage, was er in den Rucksack packt

Factbox

Pilgern zum Carl-Lampert-Kreuz am Kreuzjoch (2261 m)

Eckdaten (ab Bergstation hin und retour): 5,6 km, Gehzeit ca. 3 h,

Aufstieg: 413 m

Streckenverlauf: Golmerbahn (ab Vandans oder Latschau) – Bergstation Grüneck/Berhof Gol – Golmerjoch (Gipfel oder SO-seitige Umgehung) – Latschätzkopf – Kreuzjoch

Vorarlberg pilgert

Man muss der gelben Jakobsmuschel nicht durch Frankreich oder bis nach Spanien folgen, das Pilgerglück liegt auch näher. In Vorarlberg kann das „Gehen als des Menschen beste Medizin“ – so Hippokrates – vielerorts ohne lange Anreise erprobt werden. Im Rahmen der Begegnungsoffensive „Sommerkirche“ macht die Katholische Kirche Vorarlberg Pilgerrouten bekannt und schickt acht Menschen auf den Weg. Jeden Donnerstag lassen wir sie in den VN und auf VOL.AT erzählen. Über innere und äußere Grenzen, sommerweite Horizonte und was es bedeutet, mit sich selbst auf dem Weg zu sein. Spannende Pilgervideos mit dem Titel „Wanderst du noch oder pilgerst du schon?“ erscheinen darüber hinaus in den kommenden Wochen auf VOL.AT. Wohin sind Sie gepilgert? Posten Sie Ihre Pilgerfotos oder Ihren Lieblingspilgerweg unter #pilgerngsi und #sommerkirche. Schicken Sie uns ein Pilgerfoto oder ein Erlebnis. Eine Auswahl daraus veröffentlichen wir in den kommenden Wochen. Zuschriften an: teresa.brunner@russmedia.com

(VN/Marlies Mohr, VOL.AT)

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