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Trübe Konjunkturprognosen: GRASS Beschläge steigt auf die Bremse

©Grass/Pzwei
Der Bau der geplanten 21.000 Quadratmeter Produktionsfläche in Hohenems wird auf unbestimmte Zeit verschoben.
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Der zur deutschen Würth-Gruppe gehörende Beschlägehersteller GRASS GmbH mit Hauptsitz in Höchst muss aufgrund sich eintrübender Konjunkturprognosen und Rückgängen in wesentlichen Absatzbranchen seine Umsatzprognose für 2019 nach unten revidieren. Wie Thomas Zenker, Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsleitung, im wpa-Gespräch erklärte, hatte GRASS für heuer ursprünglich ein Umsatzplus von zehn Prozent erwartet. “Allerdings hat sich in den vergangenen Wochen eine spürbare Abschwächung der Nachfrage unserer Kunden gezeigt”, so Zenker. Deshalb gehe man zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass man beim Umsatz in etwa nur das Vorjahresniveau in Höhe von 391 Millionen Euro erreichen werde.

In der jüngeren Vergangenheit häuften sich insbesondere Meldungen aus der deutschen Möbel- und Küchenmöbelbranche, wonach mehrere Hersteller um Kurzarbeit angesucht beziehungsweise diese auch eingeführt haben. Einer der Hersteller, die sich aufgrund des Nachfragerückganges die Einführung von Kurzarbeit überlegten, ist die deutsche Firma Häcker Küchen. Das Unternehmen ist seit Jahren ein sehr wichtiger Kunde von GRASS. “Es geht hier nicht nur um Rückgänge in Deutschland. Auch andere Märkte sind betroffen”, so Zenker. Aus der Perspektive des Stammsitzes kommt GRASS auf einen Exportanteil von 95 Prozent.

Reaktion auf der Kostenseite

Das Management habe folglich auch diverse Szenarien hinsichtlich der Auswirkungen der revidierten Umsatzprognose auf die Ertragssituation durchgerechnet. “Nach heutigem Stand gehen wir von einem positiven Ergebnis aus, denn wir reagieren auf der Kostenseite unmittelbar auf die sich ändernde Wirtschaftslage”, sagte Zenker. Und diese Reaktion umfasse gleich mehrere Bereiche.

Schichten gestrichen und Überstunden-Abbau

So habe GRASS in den vergangenen Wochen die Wochenend-Schichten in der Produktion reduziert und den Abbau von Überstunden beim Personal angeordnet. Zum jetzigen Zeitpunkt der Prognose geht Zenker davon aus, dass im Personalbereich derzeit nur der Abbau von einigen wenigen Mitarbeitern (einstellige Zahl) notwendig sein werde. Bei insgesamt beinahe 2.000 Mitarbeitern – davon fast 1.100 in Vorarlberg – liege das ohnehin im Rahmen der natürlichen Fluktuation.

Stopp für Produktionsfläche

Beim derzeit größten Investitionsvorhaben in der Firmengeschichte von GRASS, dem Neubau eines Produktions-, Büro- und Logistikstandortes in Hohenems, steigt das Unternehmen unterdessen etwas stärker auf die Bremse. So wird die Errichtung von 21.000 Quadratmeter Produktionsfläche in einem zweigeschossigen Gebäude aufgrund der unsicheren Wirtschaftsentwicklung auf unbestimmte Zeit verschoben. Eigentlich hatte GRASS das Vorziehen dieser millionenschweren Investition in neue Produktionsflächen in Hohenems erst im Herbst 2018 beschlossen und kommuniziert. Man wollte damit ursprünglich Ende 2019 beginnen und die Produktionsflächen Ende 2021 in Betrieb nehmen. “Wir machen das jetzt vorerst einmal nicht. Natürlich gibt es in unserer Branche seit Jahren Schwankungen, aber die nunmehrige Entwicklung ist doch klar außerhalb der Bandbreite. Auf so etwas müssen wir als Management reagieren.”

Logistikzentrum kommt

Nichtsdestotrotz wird das bereits in Bau befindliche Logistikzentrum samt Hochregallager und Büroflächen unverändert gebaut und soll im zweiten Quartal 2020 fertiggestellt werden. Entgegen den ursprünglichen Planungen für diese Bauphase werde man nun auch das Hochregallager schon jetzt etwas vergrößern und zudem 4.000 Quadratmeter Produktionsfläche errichten. Das gesamte Investitionsvolumen für jene Bereiche, die jetzt einmal fix umgesetzt werden, beziffert Zenker mit rund 70 Millionen Euro. “Das ist ein klares Bekenntnis von GRASS und von unserem Eigentümer, der Würth-Gruppe, zum Standort in Vorarlberg.” Bei der Inbetriebnahme von Hohenems sollen dort anfangs rund 80 Mitarbeiter tätig sein. Die früher kommunizierten rund 190 Arbeitsplätze gebe es in Hohenems erst, wenn der Standort komplett fertiggestellt sei – also mit den 21.000 Quadratmeter Produktionsfläche – und in Vollbetrieb laufe, erklärte Zenker.

Informationsschreiben

Zenker bestätigt in dem Zusammenhang, dass die Mitarbeiter von GRASS in Deutschland und Österreich mit dem jüngsten Lohn- und Gehaltszettel ein Informationsschreiben der Geschäftsleitung erhalten haben, von dem auch die Wirtschaftspresseagentur.com erfuhr. Mit diesem Schreiben wollte man die Belegschaft über die revidierten Prognosen und die anstehenden Maßnahmen sowie die Entscheidungen hinsichtlich Hohenems informieren, sagte Zenker. Es sei korrekt, dass ein Informationsschreiben in dieser Form bisher die Ausnahme bei GRASS sei. “Wir wollen hier Transparenz leben und glauben, dass gut informierte Mitarbeiter dann auch gute Mitarbeiter sind.” Denn natürlich habe sich in der Belegschaft zuletzt eine gewisse Unruhe verbreitet, nachdem sich die nunmehrige Entwicklung abzeichnete. Dem habe man aktiv gegensteuern wollen.

Positive Ertragssituation 2018

Der im Jahr 1947 gegründete Beschlägehersteller GRASS gehört seit 2004 zur Würth-Gruppe und erzielte im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von 391 Millionen Euro, ein Plus von 3,4 Prozent. Nach Angaben von Zenker wurde im Vorjahr ein Gewinn erzielt. Der Jahresabschluss 2017 der Grass GmbH in Höchst (kein Konzernabschluss) zeigt für damals einen Rückgang des Vorsteuerergebnisses von vormals 13,3 Millionen Euro auf 4,2 Millionen Euro. Erklärt wird dies insbesondere mit den Preiserhöhungen für Bandstahl und einem erhöhtem Aufwand für Verpackung und Logistik, wodurch “der Rohertrag deutlich unter Druck geraten” sei. Dazu komme der Preisdruck aus Fernost.

Gegenwärtig werden in Vorarlberg bei GRASS beinahe 1.100 Mitarbeiter beschäftigt. Dazu kommen noch rund 880 Beschäftigte an anderen Standorten. Produktionsgesellschaften bzw. Standorte gibt es gegenwärtig in Höchst, Götzis und Salzburg sowie in Reinheim (D), Krumlov (Tschechien) und Kernersville (USA). In rund 60 Ländern gibt es 200 Vertriebspartner. (WPA)

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