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PV-Strom bleibt gebührenfrei: Regierung einigt sich auf neues Stromgesetz

Strom vom eigenen Dach bleibt gratis – zumindest für die meiste
Strom vom eigenen Dach bleibt gratis – zumindest für die meiste ©CANVA
Nach zähem Ringen steht das neue Stromgesetz: Es bringt Veränderungen, die Millionen Haushalte betreffen – bei der Einspeisung, bei der Abrechnung und beim Preis. Doch nicht alle profitieren gleichermaßen.

Die große Reform des österreichischen Energiemarkts steht: Nach langwierigen Verhandlungen haben sich ÖVP, SPÖ, NEOS und die Grünen auf ein neues Gesetz geeinigt, das zahlreiche Neuerungen mit sich bringt – darunter gebührenfreie Einspeisung für typische Photovoltaik-Anlagen, ein erweiterter Sozialtarif für Arbeitslose sowie Maßnahmen zur Digitalisierung des Strommarktes. Die Neuregelungen sollen noch am Donnerstag im Nationalrat beschlossen werden, viele Bestimmungen treten jedoch erst 2027 in Kraft.

Strommarktreform mit Kniff: Einspeiseabgabe ersetzt Netzentgelt

Das zentrale Thema der Reform: die Einspeisegebühren. Bisher zahlten fast ausschließlich Stromkonsument:innen Netzentgelte. Künftig sollen auch Produzent:innen, also etwa Besitzer von PV-Anlagen, zur Finanzierung der Netzinfrastruktur beitragen. Die Einführung stieß auf Widerstand – besonders bei den Grünen, die eine Belastung für Privatpersonen vermeiden wollten.

Die nun beschlossene Lösung: Eine neue Infrastrukturabgabe ersetzt das bisherige, durch die Regulierungsbehörde E-Control festgelegte Netzentgelt. Die Höhe wird direkt im Gesetz festgelegt – konkret 0,05 Cent pro eingespeister Kilowattstunde. Diese Maßnahme bringt für Betreiber von PV-Anlagen Rechtssicherheit, so der grüne Energiesprecher Lukas Hammer. Die Netzbetreiber dürfen die Abgabe behalten, erhalten im Gegenzug jedoch weniger Fördermittel vom Staat. Erwartet werden jährliche Einnahmen von rund 30 Millionen Euro – ein Bruchteil der gesamten Netzkosten von zwei bis drei Milliarden Euro.

Erleichterung für Besitzer von PV-Stromanlagen. ©APA

20-Kilowatt-Freigrenze: Kleine PV-Anlagen bleiben verschont

Besonders wichtig für Privathaushalte: Die Einspeiseleistung bis zu 20 Kilowatt bleibt von der neuen Abgabe befreit. Damit fallen nahezu alle herkömmlichen PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern nicht unter die Gebührenpflicht. Ursprünglich war nur ein Freibetrag von sieben Kilowatt vorgesehen. Erst auf Drängen der Grünen wurde dieser Wert beinahe verdreifacht.

Sozialtarif ausgeweitet: Strompreisdeckel für armutsgefährdete Haushalte

Ein weiteres Herzstück des Gesetzes ist der neue Sozialtarif. Künftig sind alle Energieversorger gesetzlich verpflichtet, einen vergünstigten Tarif anzubieten. Der Strompreis für Begünstigte wird auf sechs Cent pro Kilowattstunde gedeckelt – bis zu einem Jahresverbrauch von 2.900 kWh. Anspruch haben neben Mindestrentner:innen und Bezieher:innen der Mindestsicherung nun auch Arbeitslose und Personen in der Notstandshilfe, sofern das Nettoeinkommen unter festgelegten Grenzen liegt (1.465 Euro für Einzelpersonen, 2.311 Euro bei zwei Personen). Etwa 250.000 Haushalte sollen profitieren. Die Kosten von bis zu 60 Millionen Euro tragen zunächst die Energieunternehmen – ob sie diese Belastung an andere Kund:innen weitergeben, bleibt abzuwarten.

Spitzenkappung und Digitalisierung: Modernisierung der Netze vorangetrieben

Auch technische Maßnahmen finden ihren Platz im Gesetz: Die sogenannte Spitzenkappung – also das Abregeln von Wind- oder PV-Anlagen zur Netzstabilisierung – wird künftig begrenzt. Bei Windkraftanlagen darf sie höchstens ein Prozent der Jahresleistung ausmachen. Auch bei Photovoltaik soll die Drosselung strenger geregelt werden.

Für die NEOS besonders wichtig war der Digitalisierungsschub: Abrechnungen im Viertelstundentakt mit sogenannten Smartmetern sollen zur Norm werden. Energieversorger werden verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten, und Verbraucher:innen erhalten automatisch Zugang zu ihren Stromverbrauchsdaten – ohne gesonderten Antrag. Neu ist auch die Möglichkeit, Strom direkt an Nachbarn zu verkaufen, selbst außerhalb von Energiegemeinschaften.

Ein Kompromiss mit politischer Breite

Lukas Hammer (Grüne) spricht von einem „guten Gesetz“, das Klimaziele mit sozialer Abfederung verbindet. NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer sieht darin einen wichtigen Schritt zur Effizienzsteigerung im Netzausbau. Auch ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer hebt hervor, dass mit der Reform die Eigenverantwortung der Kund:innen gestärkt werde – etwa durch verpflichtende Hinweise auf den Tarifrechner der E-Control auf Stromrechnungen.

Das neue Stromgesetz soll noch am Donnerstag vom Nationalrat verabschiedet werden. Große Teile, wie etwa die Einspeiseabgabe, treten allerdings erst mit Anfang 2027 in Kraft.

(VOL.AT)

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