Viel verändert hat sich nicht, an dem "Schandfleck" in der Bregenzer Rheinstraße.

Die Rede ist von dem Wohnblock, der seit 2019 aufgrund massiver Baumängel und einer exorbitanten Fehlplanung eingerüstet und mit einem orangen Netz umspannt ist, auch um ein Herabfallen von Teilen der völlig verpfuschten Fassade zu verhindern.
Bewohner sind die Leidtragenden

Leidtragende sind wie so oft die Bewohner der Anlage, die teilweise weder ihre Balkone nützen können, noch Fenster öffnen oder auch durch das Sicherheitsnetz am Gerüst massiven Verlust von Lichteinfall in Kauf nehmen müssen.

VOL.AT berichtete seit Anbeginn dieser schier unendlichen Geschichte eines völlig missglückten Bauunterfangens, das unter der Gebäudeverwaltung der Wohnbauselbsthilfegesellschaft vonstattenging.

Diese hat sich inzwischen aus der Verantwortung gezogen und die Gebäudeverwaltung neu ausgeschrieben. Die Schuldfrage wird derweil vor Gericht geklärt, und sowohl die Eigentümerseite als auch die damaligen Verantwortlichen vonseiten des Wohnbauträgers schieben sich gegenseitig den "Schwarzen Peter" zu.
Auf VOL.AT-Anfrage bei Wohnbauselbsthilfe Geschäftsführer Thomas Schöpf, erhielten wir folgende, umfangreiche Beantwortung.

"Wie wir Ihnen im Juli mitgeteilt haben, hat die Eigentümergemeinschaft für die Sanierungsarbeiten ein Bauleitungsbüro und eine Fachfirma beauftragt, die schlechte Arbeit geleistet haben. Diese beiden Firmen wurden von der Eigentümergemeinschaft geklagt, dabei handelt es sich um ein laufendes Verfahren, zu dem wir deshalb derzeit auch keine weiteren Angaben machen dürfen."

Schöpf möchte aber festhalten, dass es kein Gerichtsverfahren gegenüber der Wohnbauselbsthilfe (WS) gäbe. Man habe sich stets an die gesetzlichen Vorgaben gehalten. Jeder Eigentümer und jede Eigentümerin erhalte auch auf Wunsch volle Belegeinsicht.
Vergabe nach Abstimmungen in
den Eigentümerversammlungen
"Die Gemeinschaft hatte das Wahlrecht zwischen verschiedenen Sanierungsvarianten. Bei der Eigentümerversammlung im Dezember 2017 wurden verschiedene Möglichkeiten zur Sanierung der Fassade inklusive der Balkone und des Vordachs gezeigt. Unser Unternehmen informierte die Eigentümergemeinschaft folglich noch zusätzlich im Detail per Brief und forderte sie auf, schriftlich eine Möglichkeit zu wählen. Im Januar 2018 wählte die Mehrheit der Eigentümerinnen und Eigentümer eine der Möglichkeiten", informiert der Geschäftsführer der Wohnbauselbsthilfe.
Bei der Eigentümerversammlung im April 2019 habe die Wohnbauselbsthilfe die Eigentümer über die Preise der gewählten Sanierung informiert, worauf diese abgestimmt und die Maßnahmen gutgeheißen hätten. Es folgte die Vergabe und im Juni 2019 habe man dann mit den Sanierungsarbeiten begonnen.

"Nachdem erste Komplikationen bei der Sanierung bekannt wurden, haben wir uns umgehend um eine Lösung des Problems bemüht und alles unternommen, damit möglichst rasch entsprechende Schritte zur Behebung gesetzt werden können. Die Baustelle musste leider eingestellt werden, ein Vergleich mit dem Bauleitungsbüro und der ausführenden Fachfirma war nicht zu erzielen. Die Eigentümergemeinschaft wünscht nunmehr, dass wir die Kosten für eine Ersatzsanierung tragen", führt Schöpf weiter aus.
Wohnbauselbsthilfe: "Wir können nicht die Haftung für die Ausführungsmängel übernehmen"
"Als Hausverwaltung können wir nicht die Haftung für Ausführungsmängel Dritter übernehmen: Wir haben die Unternehmen im Auftrag und auf Wunsch der Eigentümergemeinschaft bestellt, haften deswegen aber nicht für deren Arbeit", hält Schöpf auf VOL.AT-Anfrage fest.

"Das Gerüst könnte schon längst abgebaut werden. Bereits im Juni 2021 wurden die Eigentümerinnen und Eigentümer dazu befragt. Zu unserer Überraschung kam kein Beschluss zustande, was bedeutet, dass das Gerüst samt Vorhang einstweilen stehen bleibt. Als Hausverwaltung können wir nur das umsetzen, was die Eigentümergemeinschaft beschließt. Von unserer Seite wird das Gerüst laufend auf Sicherheit geprüft. Es bleibt also nach wie vor stehen", zeigt sich der Vorstand des Wohnbauunternehmens verwundert.

Eine Ersatzsanierung sei – unabhängig vom laufenden Gerichtsverfahren gegen das Bauleitungsbüro und die Fachfirma – ohne weiteres zügig durchführbar, sofern die Eigentümergemeinschaft die Maßnahmen auch zeitnah beschließen würde. "Die aktuelle Situation ist für alle Parteien unbefriedigend, natürlich hoffen wir, dass sich die Situation so schnell wie möglich löst", schließt Schöpf.
Eigentümer widerspricht und kontert
Konfrontiert mit diesen Aussagen zeigt sich ein lieber anonym bleibender Eigentümer völlig brüskiert. Vor allem die von Schöpf angeführten Abstimmungen der Eigentümer, die schließlich zur Vergabe an das beschuldigte Bauleiterbüro und die beauftragten Firmen führten, hätten in dieser Form so nicht stattgefunden. "Über das Bauleitungsbüro wurde in der WEG-Versammlung vom 13. Dezember 2017 nicht abgestimmt. Und auch am 16. April 2019 wurde über die bis dato an der Sanierung beteiligten Firmen nicht abgestimmt", zeigt der Wohnungseigentümer schockiert über die seiner Meinung nach Unwahrheiten, die vonseiten der Wohnbauselbsthilfe kommuniziert würden.

"Wohnbauselbsthilfe hätte im Dezember 2019 sofort tätig
werden müssen"
Außerdem sei im Mai/Juni 2021 nach Intervention des wehrhaften Eigentümers und daraus resultierendem, behördlichen Bescheid der Stadt Bregenz eine zusätzliche Absturzsicherung angebracht worden. "Das Baugerüst wurde in der Eigentümerversammlung vom 12. Dezember 2019 von gerichtlich beeideten Sachverständigen als provisorische Absturzsicherung für die eingebauten Fenster gesehen. Spätestens hier hätte die Wohnbauselbsthilfe sofort tätig werden müssen", schließt der Eigentümer. Der von Schöpf kolportierte Abbruch des Gerüsts sei nie zur Diskussion gestanden, da es inzwischen als Absturzsicherung diene und von den Behörden als obligatorisch erachtet werde, bis man die Mängel an der Fassade behebe. Dies zeigt auch ein Dokument, das VOL.AT vorliegt.

umgesetzt wird. ©handout/VOL.AT
Auch sei ein von der Wohnbauselbsthilfe angebotener Vergleich in Höhe einer niedrigen, fünfstelligen Summe für jeden Eigentümer, absolut indiskutabel und ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Zudem sei sehr wohl ein Verfahren am Bezirksgericht Bregenz ausständig, bei dem auch die Wohnbauselbsthilfe involviert sei.
Entrüstung auf beiden Seiten,
nur nicht am Gebäude
So herrscht auf beiden Seiten wenig Platz für Schuldeingeständnis. Totale Entrüstung bei den streitenden Parteien, im Gegensatz zum Gebäude. Das orange Sicherheitsnetz, das die gesamte Fassadenfront umspannt, samt zugehörigem Gerüst, entwickelt sich immer mehr zum traurigen Mahnmal einer völlig gescheiterten Sanierung. Sehr zum Leidwesen der Bewohner, die sich wohl erneut, auf dunkle Wintermonate einstellen müssen.
(VOL.AT)
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