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Ein Jahr nach dem Anschlag in Ansbach: Lindauer Verein exilio kämpft um seine Existenz

Gisela und Axel von Maltitz stehen vor dem existenziellen Aus.
Gisela und Axel von Maltitz stehen vor dem existenziellen Aus. ©dpa
Am 24. Juli jährte sich das Attentat von Ansbach. Vor einem Jahr verübte Mohammed D. vor einem Konzertgelände den ersten Selbstmordanschlag in Deutschland. Laut Gisela von Maltitz hat sich die aus ihrer Sicht einseitige Berichterstattung stark auf den Verein exilio ausgewirkt.

Vor einem Jahr spielten sich in Ansbach unglaubliche Szenen ab. Mohammed D. versuchte  das Gelände eines Open-Air-Konzerts in Ansbach zu betreten, wurde am Eingang jedoch abgewiesen, weil er keine Eintrittskarte hatte. Kurz darauf explodierte sein Rucksack. Währenddessen hielt sich der Täter vor einem Weinlokal auf. Der Selbstmordattentäter starb, 15 Menschen wurden teils schwer verletzt. Nach diesem Vorfall wurde das von Axel von Maltitz erstellte Gutachten über Mohammed D. in der Bild-Zeitung veröffentlicht. Seit dem kämpft der Verein exilio darum, seinen Ruf wiederherzustellen.

mohammed-bild-zeitung
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Wer hat das Gutachten weitergeleitet?

“Nach der Weiterleitung des von Axel von Maltitz erstellten Gutachtens über Mohammed D. an die Bild und der auszugsweisen Veröffentlichung begann eine umfassende Negativ-Berichterstattung über Axel von Maltitz und das Psychosoziale Zentrum exilio e. V.”, schildert seine Gattin Gisela von Maltitz im VOL.AT-Gespräch. Laut von Maltitz kann nur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder eine Behörde der Stadt Ansbach für die Weitergabe des Gutachtens in Frage kommen. “Aus diesem Grunde haben wir die Bundesbeauftragte für Datenschutz und den Landesdatenschutzbeauftragten gebeten Nachforschungen einzuleiten. Von beiden Behörden kam die Mitteilung, dass sie keine Unterlagen weitergegeben hätten.”

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VOL.AT/Madlener ©VOL.AT/Madlener
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Wurde die Schweigepflicht gebrochen?

Nach Erscheinen des Artikels in der Bild-Zeitung wurde den Therapeuten von exilio unterstellt, dass sie die Schweigepflicht gebrochen und das Gutachten selbst weitergegeben haben. “Das entspricht selbstverständlich nicht den Tatsachen”, weist Gisela von Maltitz die Vorwürfe entschieden zurück. “Wir sind immer noch daran interessiert herauszufinden, wer diesen Datenschutzbruch begangen hat.”

APA/AFP/dpa/FRIEBE
APA/AFP/dpa/FRIEBE ©APA/AFP/dpa/FRIEBE

Mangelnde fachliche Kompetenz?

Nach dem Attentat rückten der Verein exilio und Axel von Maltitz unaufhaltsam ins öffentliche Interesse und die mediale Berichterstattung. Der Heilpraktiker wurde zu zahlreichen Interviews eingeladen. Im Laufe der Zeit erschienen jedoch immer mehr Berichte, die von Maltitz kritisierten und an dessen fachlicher Kompetenz zweifelten. So wurde die Entscheidung von Richtern als Beweis herangezogen, die Axel von Maltitz nicht als Sachverständigen zu gelassen haben, da er nicht die fachliche und medizinische Kompetenz besitze. Der Vorfall in Ansbach und die anschließende Berichterstattung führten schlussendlich dazu, dass das Landratsamt Lindau auf Axel von Maltitz aufmerksam wurde.

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Widerruf der Heilpraktikererlaubnis?

In weiterer Folge verfasste laut Gisela von Maltitz das Landratsamt Lindau ein Anhörungsschreiben. Der Inhalt: Axel von Maltitz’ Heilpraktikererlaubnis sollte widerrufen werden. Dazu flatterte mit einem Auskunftsersuchen nach dem Bayerischen Unterbringungsgesetzes ein weiteres Schreiben des Landratsamtes in der Praxis ein. Darin wurde  Axel von Maltitz aufgefordert, Personen mitzuteilen, die bei exilio in Behandlung sind. Zudem wurde von einer Unbekannten Strafanzeige gegen Axel von Maltitz, wegen Verletzung von Privatgeheimnissen erstattet. Seit dieser Anhörung ist Funkstille eingekehrt. Die Heilpraktikererlaubnis wurde ihm nicht entzogen – er darf weiterhin praktizieren. Das Ermittlungsverfahren wurde mittlerweile eingestellt.

AP/Schrader
AP/Schrader ©AP/Schrader

Erhebliche Einbußen bei Spenden und Förderungen

Wie viele andere Psychosoziale Zentren ist auch der Verein exilio finanziell auf Spenden, Förderungen, staatliche Subventionen und Sponsoren angewiesen. Ein Blick auf das Spendenvolumen – im Vergleich zum Jahr 2015 – lässt deutlich erkennen, wie sich die Folgen des Attentats auf den Verein ausgewirkt haben.

Über Zeitung vom Ausschluss von Förderungen erfahren

“Wir haben aus einem Artikel des Westallgäuers vom 5. September 2016 erfahren, dass exilio seit Juli 2016 von der Förderung ausgeschlossen sei”, schildert von Maltitz. Auf Nachfrage bei Aktion Mensch wurde exilio aufgefordert den Link der Spendenseite von ihrer Internetseite zu löschen. “Hinsichtlich der Finanzierung von exilio, bedeutet dieses Vorgehen, dass zwei geplante Anträge in Höhe von jeweils 5.000 Euro, also insgesamt 10.000 Euro bei Aktion Mensch, nicht mehr gestellt werden konnten”. Der Lindauer Verein steuert somit schwierigen Zeiten zu und kämpft ums Überleben.

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