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Therapeut Axel von Maltitz über die Therapiesitzungen mit dem Ansbach-Attentäter

©APA
Lindau - Exilio ist ein gemeinnütziger Verein, welcher Flüchtlingen, Migranten und Folterüberlebenden Hilfe anbietet. Auch der Ansbach Attentäter, Mohammed Daleel war hier für 40 Stunden bei Axel von Maltitz, Primärtherapeut von Exilio, in Behandlung. Gegenüber VOL.AT erzählt Maltitz, wer Mohammed Daleel aus seiner Sicht war.

Bevor der Psychotherapeut über Mohammed Daleel sprechen möchte, ist für ihn wichtig klarzustellen, was eine posttraumatische Belastungsstörung ist. Nur wer die posttraumatische Belastungsstörung versteht, kann sich laut Maltitz ansatzweise vorstellen, was in einem traumatisierten Flüchtling vorgeht.

Posttraumatische Belastungsstörung

Seit 1980 wird die Posttraumatische Belastungsstörung als Krankheit angesehen. “Das schlimmste Trauma, welches eine Person erleben kann ist die Folter”, so Maltitz. Heutzutage wird von Folterüberlebenden gesprochen, weil viele Menschen diese nicht überleben. Auch Mohammed Daleel wurde in Syrien mehrmals gefoltert. “In unserem Gehirn passiert etwas, wenn wir gefoltert werden. Wir erleben einen Hormonsturz”, erklärt der Therapeut. Durch diesen Hormonsturz werden unsere Sinne gestärkt und zusätzlich wird das Zeitgefühl ausgeschaltet. Das bedeutet, dass für gefolterte Personen die schlimmsten Momente ihres Lebens immer gegenwärtig sind.

Narrative Expositionstherapie

Wenn eine Person gefoltert wird, sterben Zellen im Hippocampus , welche für die Zeit Wahrnehmung zuständig sind, ab. “Die gute Nachricht ist, ein anderer Teil des Gehirns kann dies wieder neu erlernen” erläutert Maltitz. Genau dieses Lernen wird in der narrativen Expositionstherapie angewendet. Eine Voraussetzung für diese Therapie ist, dass eine Person, wie Axel von Maltitz es nennt, “ein bisschen stabil” ist. Das bedeutet, dass eine Person sich bewusst ist, dass sie auch schöne Momente erlebt hat. Bei dieser Therapieform wird quasi alles, was eine Person bis zum jetzigen Zeitpunkt erlebt hat, aufgearbeitet. Diese Form der Therapie wurde auch bei Mohammed Daleel angewendet.

Daleel war mehrmals in Haft in Syrien

Während der Therapie erzählte Daleel, was er in Syrien alles erlebt hatte. Daleel war eineinhalb Monate wegen Falschparkens in Haft. Daraufhin wurde Daleel laut Maltitz immer politischer und hat sich  gegen das Assad Regime engagiert. Als der Krieg begann, fuhr Daleel zweieinhalb Jahre zu allen Bombenanschlägen und teilte seine Bilder mit internationalen Medien. Auf Grund dessen wurde Mohammed Daleel wieder verhaftet.

Bereits Selbstmordversuch in Österreich

Mohammed Daleel sollte bereits bei seinem Aufenthalt in Österreich nach Bulgarien abgeschoben werden. Auf Grund dieser Abschiebung versuchte er sich selbst umzubringen. Als er auch in Deutschland abgeschoben werden sollte ritzte er sich. Weiters drohte Daleel sich vor dem Bundesamt Zirndorf mit Benzin zu übergießen und sich anzuzünden. Laut Axel von Maltitz war es Daleel zuzutrauen, dass er einen spektakulären Selbstmord begehe. Dies schloss Maltitz daraus, dass Daleel schon zu seiner Zeit in Syrien alles über Facebook, Twitter und Co. postete und somit die Aufmerksamkeit der Medien suchte. Die letzte Therapiesitzung von Maltitz und Daleel war im Jänner 2016 . Der Psychotherapeut hatte einen Antrag auf weitere Therapieeinheiten gestellt. Diese sollten am ersten August 2016 starten. “Zu dieser ist es jetzt leider nicht mehr gekommen”, so Axel von Maltitz.

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