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Alleinerziehende Mama: "Kann man es sich leisten? Diese Frage stellt sich nicht"

Die Herausforderungen für Alleinerziehende nehmen zu.
Die Herausforderungen für Alleinerziehende nehmen zu. ©VOL.AT/Mayer, Canva Pro
Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Teuerung und Co. bedeuten für Familien einen erhöhten Druck. Das weiß auch Sandra Hermes, alleinerziehende Zweifach-Mama aus Alberschwende.
Mehr Gewalt in Zeiten von Teuerungen

Sandra Hermes hat sich im Online-Marketing selbständig gemacht und ist alleinerziehende Mama von zwei kleinen Kindern (drei und fünf Jahre alt). Bereits seit einem Jahr lebt sie getrennt.

Teuerung kommt "obendrauf"

"Generell ist die Teuerung einfach ein Thema, das obendrauf kommt", meint die Alberschwenderin gegenüber VOL.AT. "Als alleinerziehende Mama ist dein Leben immer an der Kante genäht." Alles sei genau getimt, von der Kinderbetreuung über den Job bis hin zu der Zeit, die die Kinder mit dem anderen Elternteil verbringen. "Dazwischen kannst du vielleicht noch Zeit haben, mit deinen Kindern und genießt sie auch", erklärt sie.

Sandra Hermes ist alleinerziehende Mama von zwei kleinen Kindern. ©VOL.AT/Mayer

"Müssen alles alleine hinkriegen"

Mit der Kostensteigerung sei es nicht mehr so einfach, schnell einkaufen zu gehen oder mit den Kindern etwas zu unternehmen – geschweige denn in den Urlaub zu fahren. Dann gebe es noch Ängste, den Job zu verlieren, meint Hermes. Das falle bei ihr durch die Selbständigkeit zwar weg, doch sie habe immer noch Sorgen, weniger Aufträge zu bekommen. Sie könne sich als Selbstständige die Arbeitszeiten einteilen, andere Alleinerziehende seien angestellt und hätten nur fünf Wochen Urlaub. "Die müssen das alles alleine hinkriegen", verdeutlicht sie. Wenn man Glück habe, gebe es noch einen zweiten Elternteil, alleine sei es gerade jetzt "richtig belastend".

Auch der Lebensmitteleinkauf wird merklich teurer. ©Symbolbild: APA/Barbara Gindl

Preise steigen, Alimente nicht

Selbstverständlich werde auch der Lebensmitteleinkauf teurer. Vorher habe man noch nach Lust und Laune einkaufen können, was man wolle. "Das ist nicht mehr so", gibt Hermes zu verstehen. Sie höre auch von anderen alleinerziehenden Eltern, dass nur noch einmal die Woche und beim Diskonter eingekauft werde. Man müsse genau überlegen, was man ausgebe. "Die Teuerung bei Lebensmittel ist sicher die, die massiv gestiegen ist. Aber die Alimente steigen nicht", so die Alberschwenderin. Man müsse überlegen, ob man sich beispielsweise das zweite Päckchen Butter noch leisten könne.

"Das stimmt nicht zusammen"

"Kann man es sich leisten? Diese Frage stellt sich nicht", meint sie. Alleinerziehende seien starke Eltern, hätten eine Trennung hinter sich. Die Teuerung nerve, aber sie sei nicht das, was im Alltag belaste. Die Preissteigerung mache sich auch bei der Miete bemerkbar. Sie kenne Mamas in der Alleinerziehenden-Gruppe, die sich nicht trennen können, weil sie sich keine Wohnung leisten können. Die Preise steigen, man leide eh schon unter einer hohen Belastung. Die Wohnbeihilfe steige kaum: "Die Gehaltsgrenze ist nicht raufgegangen, aber die Kosten für Wohnungen schon", meint sie. "Das stimmt überhaupt – vorne bis hinten – nicht zusammen."

Die Kostenübernahme für die Kinderbetreuung helfe ihr enorm, so Hermes. ©Symbolbild: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Die Angebote helfen

"Mir helfen Angebote, wie das Rabattmarkerl-Sammeln", so die Zweifach-Mama. Der Familienpass mit Vergünstigungen für Unternehmungen, aber auch Treffen zum Austausch seien wichtig. Die Beratung beim ifs habe ihr gut geholfen oder das Coaching für Alleinerziehende. "Das sind kostenlose Zugänge, die dir psychisch helfen", gibt Hermes zu verstehen. Finanziell helfe ihr im Moment die Kinderbetreuungs-Kostenübernahme: "Weil ich alleinerziehend und berufstätig bin, schüttet das Land eine Förderung aus", erklärt sie. "Das ist genial. Ich kann meinen kleinen Sohnemann fünf Vormittage lang in die Kinderbetreuung geben und zahle wirklich nicht viel Geld dafür."

"Altersvorsorge habe ich keine"

"Ich muss Kompromisse machen, klar", verdeutlicht die Bregenzerwälderin gegenüber VOL.AT. "Ich wohne sicher nicht so, wie ich eigentlich gedacht habe, dass ich wohne." Altersvorsorge habe sie keine, da es nicht möglich sei, Geld auf die Seite zu legen. Das sei etwas, das bei vielen Alleinerziehenden auf der Strecke bleibe: "Lieber gibt mans den Kindern und schaut, dass die es fein haben, bevor man sich selbst auf die Altersvorsorge vorbereite", so Hermes.

Sandra Hermes ist selbständige Marketinglady. ©Roland Paulitsch

"Ich habe kein Backup"

Mütter in ihren Gruppen hätten teilweise den Weg von der Teamleiterin zur Teilzeitkraft hinter sich. "Sie verdienen zu viel für diese Förderungen. Sie verdienen zu wenig, als dass sie die Teuerung abfedern können", erklärt die alleinerziehende Mutter. Sie befänden sich somit in einer Art Vakuum. Die Erhöhung der Strompreise komme erst, auch die Mietpreiserhöhungen seien noch im Gange. "Es ist absolut an der Kippe", betont Hermes. "Als Singlemama oder Singlepapa, als Ein-Elternteil-Familie, trägst du alles auf zwei Schultern. Das heißt, ich habe kein Backup." Das mache unsicher, zusätzlich zur unsicheren Welt, die man gerade habe.

Sandra Hermes engagiert sich auch auf der Plattform für Alleinerziehende des Vorarlberger Familienverbandes. Die Seite hilft Single Mamas wie der Alberschwenderin. Sie finden dort eine Übersicht über Angebote und den Link zu einem WhatsApp-Chat mit Gleichgesinnten. Neu gibt es vom Familienverband auch das "ALZ-Café" als monatlichen Treff zum Austausch in der realen Welt.

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(VOL.AT)

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