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Aufregung um Entwurf für Klimaschutzgesetz

Ein abgespeckter Entwurf des Klimaschutzgesetz ist durchgesickert.
Ein abgespeckter Entwurf des Klimaschutzgesetz ist durchgesickert. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Das Klimaschutzgesetz bleibt ein umstrittenes Thema: Der "Standard" berichtete über einen Gesetzesentwurf von Minister Norbert Totschnig, der kaum konkrete Vorgaben für Sektoren enthält. Das Ministerium erklärte, dass noch kein abgestimmter Vorschlag der Koalition vorliege.
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Der Entwurf des "Klimagesetzes" vom 27. Juni, deutlich gekürzt im Vergleich zu früheren Plänen, wird im Koalitionsabkommen nicht mehr als "Klimaschutzgesetz" bezeichnet. Er ist nur halb so lang wie der Entwurf unter Türkis-Grün, der am Widerstand der ÖVP-Wirtschaftskreise scheiterte. Vor allem die verpflichtenden Emissionsreduktionspfade, die Einbindung der Bundesländer und automatische Steuererhöhungen wie bei der Mineralölsteuer (MöSt) bei Nichterreichen der Klimaziele, sorgten für ÖVP-Widerstand.

Entwurf für Klimaschutzgesetz ohne rechtlich bindende Inhalte

Im neuen Entwurf des nun wieder aus der ÖVP stammenden Ministers sind Eckpunkte von damals ersatzlos gestrichen worden, berichtete der "Standard": etwa Regeln zur internationalen Klimafinanzierung, der Rechtsschutz gegen zu lasche Klimapolitik oder Institutionen wie der "Klimarat der Bürgerinnen und Bürger". Auch vom Plan, den bei Verfehlen der EU-Klimaziele drohenden milliardenteuren Zertifikatekauf aus dem Ausland mit allen Mitteln zu verhindern, soll abgegangen worden sein. Stattdessen soll eine neue Steuerungsgruppe genau diesen Kauf vorbereiten. Laut der Zeitung ist nur ein Klimafahrplan vorgesehen, den die Regierung laut Entwurf bis Ende Oktober 2026 beschließen soll. Dabei deute nichts darauf hin, dass die Inhalte darin rechtlich bindend wären. Genau darauf, nämlich verbindliche Sektorziele vom Verkehr über Gebäude bis zur Landwirtschaft, drängen Umweltschützer und Wissenschafter seit Jahren.

Totschnig: "Koalition verhandelt" über Klimaschutzgesetz

"Wir sind gerade in der Phase der regierungsinternen Abstimmung", sagte der Minister am Montag am Rande eines Pressegesprächs in Innsbruck zum Status quo. Nun gelte es, zu verhandeln. Das Klimaschutzgesetz soll aber noch in diesem Jahr "durch das Parlament". "Das heißt: Hier wird mit Hochdruck gearbeitet", bekräftigte Totschnig.

Gewessler befürchtet massiven Schaden durch Klimaschutzgesetz

Gewessler, nach dem Abschied aus der Regierung jetzt Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen, zeigte sich in einer Aussendung bestürzt: "Wenn das so kommt, richten ÖVP, SPÖ und NEOS einen massiven Schaden an. Am Klima, aber auch am Standort Österreich. Damit verlieren wir Jobs und Wettbewerbsfähigkeit." Schon in der vergangenen Regierungsperiode habe man deutlich gemacht, dass ein solches Gesetz ohne verbindliche Ziele und ohne Sanktionen für die Grünen nicht tragbar sei. Gewessler sah ihre Befürchtungen, was die Klimapolitik der Regierung betrifft, bestätigt: "Ohne die Grünen bleibt der Klimaschutz auf der Strecke - das haben auch die vergangenen Monate klar gezeigt. Die Rechnung dafür werden am Ende unsere Kinder und Enkelkinder bezahlen müssen."

Kritik an Klimaschutzgesetz auch von Klimainstitut "Kontext", "Fridays For Future" und Greenpeace

"Der Entwurf des Klimagesetzes lässt die notwendige Klarheit und Verbindlichkeit vermissen. Nicht nur das zentrale Ziel der Klimaneutralität bis 2040 fehlt darin, sondern auch jährliche Sektorenziele, ein Sofortmaßnahmenprogramm, verbindliche Zeitläufe und Rechtsschutz scheinen im Entwurf nicht enthalten zu sein", hieß es von Kontext-Vorständin, Katharina Rogenhofer. In dieser Form sei das Klimagesetz wirkungslos. "Entscheidend aber ist, was das Gesetz enthalten wird, wenn es nach der Koordination zwischen den Koalitionspartnern in Begutachtung geht."

Die Aktivisten der "Fridays Fot Future" sahen am Montag ein Klimagesetz ohne Klimaschutz. "Als wäre nicht fatal genug, dass ein völkerrechtlich notwendiges Klimaschutzgesetz in Österreich seit vier Jahren fehlt, schlägt dieser Entwurf noch tiefer ein. Der Entwurf ist ein halbgares Klimagesetz ohne Verbindlichkeit, Rechtsschutz und Garantie für die Zukunft kommender Generationen", hieß es in einer Aussendung. Der Aufprall am Boden der Realität sei nach großen Ankündigungen unter Klimaminister Totschnig umso härter. "Ein Gesetz ohne Verbindlichkeiten ist eine Erklärung der Arbeitsverweigerung, denn die Maßstäbe, an denen ein wirksames Klimagesetz gemessen werden könne, stünden wissenschaftlich längst fest", sagte Laila Kriechbaum, Sprecherin von "Fridays For Future". Die Gruppe kündigte an, bei dem geplanten Auftritt von Totschnig am Mittwoch im Rahmen des Forum Alpbach zu protestieren.

Für Greenpeace sei der Entwurf unbrauchbar und die NGO ortete dringenden Verbesserungsbedarf. Die Regierungsparteien müssten das Papier grundlegend überarbeiten, so der Appell. Beinahe alle Entscheidungen, wie etwa klare Reduktions- und Sektorziele, würden nicht im Gesetz verankert und sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt in einem "Klimafahrplan" festgelegt werden. Doch auch dieser Plan solle rechtlich unverbindlich sein. "Mit seinem Entwurf liefert Klimaminister Norbert Totschnig nur eine leere Hülle - ohne Zielpfad, ohne Ausstieg aus fossilen Energien, ohne klares Bekenntnis zur Klimaneutralität 2040. Stattdessen sieht das Gesetz den Handel mit brandgefährlichen Klimazertifikaten vor, was völlig fehl am Platz ist", hieß es von Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace Österreich.

Für die Bundesjugendvertretung reichen Maßnahmen in Klimaschutzgesetz nicht aus

Auch aus Sicht der Bundesjugendvertretung (BJV) reichen die Maßnahmen im Entwurf des Klimagesetzes nicht aus, um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen. Besonders das fehlende Bekenntnis zur Klimaneutralität 2040 sieht BJV-Vorsitzende Anna Schwabegger kritisch: "Ein neues Klimagesetz ohne klares Ziel ist das falsche Signal an junge Menschen, die ohnehin schon das Gefühl haben, dass ihre Anliegen in Bezug auf den Klimaschutz nicht ernst genommen werden. Das neue Gesetz muss zeigen, dass die Politik bereit ist, unsere Lebensgrundlage - und die zukünftiger Generationen - zu schützen."

Die BJV ruft die Regierung auf, wirksame Maßnahmen festzuschreiben. "Kinder und Jugendliche haben das Recht, in einer gesunden Umwelt und ohne Umweltgefahren aufzuwachsen. Es darf nicht alles weiterlaufen wie bisher. Ohne Konsequenzen bei der Nichteinhaltung von Emissionszielen ist das Gesetz nur ein zahnloses Papier. Hier muss dringend nachgebessert werden", so BJV-Vorsitzende Lejla Visnjic. Konkret fordert die BJV verbindliche Emissionsziele für Bund, Länder, Gemeinden und alle Sektoren. Diese müssen von einer unabhängigen Kontrolle durch starke Institutionen überprüft werden - und auch Sanktionen sind notwendig.

(APA/Red)

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