Wallner will Bürger ins Boot holen
So viele Leute hatten sich wohl nie zuvor im Landtagssaal versammelt. Jede freie Fläche wurde mit Stuhlreihen gefüllt, knapp 300 Menschen fanden Platz. Politiker und Altpolitiker, Entscheidungsträger und Prominenz. Viele Männer, wenige Frauen. Und in der ersten Reihe: Die Familien des scheidenden und des neuen Landeshauptmanns. Wer im Saal keinen Platz fand, konnte die Angelobung ein paar Meter weiter im Montfortsaal per Liveübertragung mitverfolgen. „Mir kommt vor, dass es jedes Mal mehr Gäste werden“, schmunzelte Alt-Landeshauptmann Herbert Keßler. Am Mittwoch erlebte er die Angelobung seines nunmehr dritten Nachfolgers: Markus Wallner ist seit gestern Vorarlbergs fünfter Landeshauptmann seit 1945.
24 Stimmen für Wallner
„Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe“. Mit diesen Worten besiegelte Wallner seine Wahl. Er wurde mit einer Mehrheit von 24 der 36 Stimmen gewählt. Neben den 20 Stimmen der ÖVP waren ihm vier der Opposition sicher. Öffentlich äußerten sich nur die Freiheitlichen Dieter Egger und Pepi Brunner zum „Ja“ auf dem Stimmzettel. Wallners Antrittsrede trug die Handschrift seines Vorgängers Herbert Sausgruber, wenngleich er diese in etwas schnellerem Tempo hielt. Er wolle weiterhin keinen Schuldenberg anhäufen. Sparen statt neue Steuern heißt die Devise. Wallner verspricht, einen gesunden Föderalismus zu pflegen, ist wie sein Vorgänger für die Verländerung der Grundsteuer, die Forcierung von erneuerbarer Energie. Wallner will die Menschen, insbesondere die Kinder, ins Zentrum der Politik stellen und Bedingungen schaffen, um Jugendliche vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren. „Den Kopf bei der Sache, das Ohr am Volk und den Blick nach vorne“, skizzierte er seine Grundhaltung. Wallner will auch eigene Akzente setzen, und kündigte an: „Jeder hat seinen eigenen Stil, entwickelt seine eigene Handschrift.“ Gerade in der jetzigen Zeit müsse er Vertrauen aufbauen und Bürgernähe leben. Um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, sei mehr Gemeinschaftssinn und Verantwortungsbewusstsein notwendig. „Eine lebenswerte Gemeinschaft von morgen muss eine neue Kultur der Verantwortung entwickeln, ansonsten wird sie scheitern“, ist er überzeugt. Wallner will die Kontakte im Land pflegen, in nächster Zeit alle 96 Gemeinden besuchen und zudem mit dem Regierungsteam Regionaltage abhalten. Ein weiteres Ziel soll mehr Bürgerbeteiligung sein. „Wir wollen die Menschen ins Boot Vorarlberg holen“, sagte der 44-Jährige. Auch über die Grenzen Vorarlbergs müsse man nach Verbündeten suchen. „Ich trete für ein Europa ein, in dem die Politik schneller sein muss als die Spekulanten.“ Und Wallner fand persönliche Worte: Einen Dank für seine Eltern, seine Frau und seine Kinder, die ab nun zurückstecken müssen. „Ich bin bereit, mich als Landeshauptmann von Vorarlberg in den Dienst des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger zu stellen“, versprach er, obgleich ihm die Herausforderungen bewusst seien.
Rüdisser Landesstatthalter
Mit der Angelobung Wallners gab dieser den Platz des Statthalters frei. Der bisherige Landesrat Karlheinz Rüdisser ist sein Nachfolger. Bei der Wahl entpuppte sich dieser als Stimmenkaiser: Gleich 29 Abgeordnete gaben Rüdisser ihr Vertrauen. Den frei werdenden Posten des Landesrats bekleidet nun der bisherige Klubobmann Rainer Gögele. 25 Abgeordnete stimmten für ihn. Er ist für die Ressorts Gesundheit und Hochbau verantwortlich. Das Personalkarussell dreht sich noch weiter: Neuer ÖVP-Klubobmann ist nun Roland Frühstück. Er wurde am Morgen, vor dem Sonderlandtag, einstimmig von den Mitgliedern des ÖVP-Landtagsklubs gewählt.
Sausgrubers Abschied
Sausgruber wirkte beim Festakt zum Abschied gelöst, und ob der treffenden Worte der Oppositionsparteien auch sichtlich gerührt. Auch bei seiner Abschiedsrede blieb Sausgruber seinem Image treu: kurz und bündig. Bei seiner letzten Ansprache am Rednerpult im Landtagssal dankte er den Bürgern, die „erstaunlich beharrlich klare Aufträge erteilt“ haben, seinen Weggefährten und seiner Familie. „Was das alles bedeutet und was bleibt, wird sich zeigen. Nichts davon ist von einem allein gemacht worden.“ Seinem Nachfolger Markus Wallner wünschte Sausgruber „Gottes Segen, Energie und Glück“. Und dass er sich von Tagesstimmungen und Zurufen nicht beirren lassen solle. Bevor er seinen Platz im Landtagssaal nach 14 Jahren räumte, sich auf die Zuschauerbank neben seine Frau Ilga setzte und seine Enkel auf den Schoß nahm, gab er Wallner und seinem Team noch einen Rat mit: „Net lugg lo.“
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