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Testamentsfälschungen haben Justiz "ins Mark getroffen"

Walter Pilgermair, Präsident OLG Innsbruck bei der Pressekonferenz.
Walter Pilgermair, Präsident OLG Innsbruck bei der Pressekonferenz. ©VOL.AT, Sascha Schmidt
Dornbirn, Salzburg - Eine Woche vor der Urteilsverkündung im Salzburger Prozess um Testamentsfälschungen am Bezirksgericht Dornbirn hat die Vorarlberger Justizverwaltung Bilanz über die Affäre gezogen.
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Finale im Fälscherprozess

Man habe zur schonungslosen und restlosen Aufklärung beigetragen und durch eine Vielzahl an Maßnahmen sichergestellt, dass Malversationen “so nicht wieder vorkommen”, betonten Walter Pilgermair, Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Heinz Bildstein, Präsident des Landesgerichts Feldkirch, sowie die Gerichtsvorsteherin des Bezirksgerichts Dornbirn, Yvonne Summer, am Dienstag vor Medienvertretern. Ziel bleibe weiter die Wiederherstellung des Vertrauens der Bevölkerung in die Justiz. Das sei aber “ein steiniger Weg”.

“Selbstreinigungskraft” der Justiz

Die Affäre habe die Justiz “ins Mark getroffen”, so Pilgermair. Als Gründe, warum die jahrelangen Malversationen nicht früher auffielen, nannte Pilgermair einen häufigen Richterwechsel, der verhinderte, dass einzelne Verdachtsmomente ein Muster ergaben, sowie die “nicht ideale” hausinterne Kommunikation. Letztlich habe die “Selbstreinigungskraft” der Justiz – eine Richterin erstattete im März 2009 Anzeige – funktioniert. Dass die Staatsanwaltschaft beim Prozess in Salzburg offenbar von der “Spitze eines Eisbergs” sprach, dafür habe man kein Verständnis.

“Aus unserer Sicht ist das nicht der Fall. Wir haben das Gericht auf den Kopf gestellt”, so Pilgermair und erinnerte an die Sonderrevision, die 20.000 Akten durchkämmt und alle verdächtigen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Bis auf die Verlassenschaften habe das BG Dornbirn hervorragend funktioniert, man unterstütze die Staatsanwaltschaft aber weiterhin bei jeglichen Ermittlungen.

Landesgerichtspräsident entschuldigte sich

Man habe viele Maßnahmen ergriffen, um eine korrekte Abwicklung von Verlassenschaftsverfahren zu sichern. Pilgermair nannte Umstrukturierungen, Mitarbeiterschulungen, eine verstärkte Dienstaufsicht, mehr Austausch und personelle Änderungen wie ein neues Führungsduo. Dass heute solche Malversationen wieder passieren, “das können wir wohl ausschließen”, so der OLG-Präsident.

Landesgerichtspräsident Bildstein entschuldigte sich neuerlich bei der Bevölkerung, vor allem bei den Geschädigten. Man habe alles getan, um die Sache aufzuklären und künftig “Nachlässigkeiten und Schlampigkeiten” zu unterbinden, die die Aufklärung so lange verhinderten. Darüber hinaus dürften als Folge Gerichtsmitarbeiter nicht mehr als Sachwalter oder Kuratoren fungieren. Die Registerführung erfolge nun elektronisch statt wie bisher händisch. Die legistischen Vorschläge an das Justizministerium stünden dort derzeit noch in Diskussion.

“Wir haben unsere Unschuld verloren”

Yvonne Summer, Gerichtsvorsteherin seit 2011, gestand “Magenschmerzen” beim Lesen der Berichte vom Prozess in Salzburg. “Wir haben unsere Unschuld verloren, unser Selbstverständnis hat sich verändert”, so Summer über die Befindlichkeit der Gerichtsmitarbeiter. Es habe etliche Versetzungen und Neubesetzungen gegeben, einige Mitarbeiter hätten aufgrund der Belastung gekündigt. “Seit Ende 2009 hat die Hälfte der Belegschaft gewechselt”, erklärte sie. Sie sei überzeugt, dass die Maßnahmen, die auch von den Mitarbeitern mit hohem Engagement mitgetragen wurden, gefruchtet hätten. Sie sei sich bewusst, dass mediale Ankündigungen, dass man das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen wolle, nicht ausreichten. “Das geht nicht von heute auf morgen”, so die Gerichtsvorsteherin.

Prozess um Testamentsfälschungen

In der Affäre standen bisher zehn Angeklagte vor Gericht. Darunter befanden sich mehrere Vorarlberger Justizmitarbeiter, etwa die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch. Sie sollen von 2001 bis 2008 in 18 Verlassenschaftsverfahren 16 Testamente und zwei Schenkungsverträge manipuliert oder dazu beigetragen haben, um sich und Angehörige zu bereichern. Es gibt über 80 geprellte Erben. Vier geständige Angehörige des ebenfalls geständigen Hauptangeklagten wurden im Laufe des Prozesses bereits schuldig gesprochen. Zwei Urteile davon sind rechtskräftig. Nach 21 Verhandlungstagen soll am 31. Juli 2012 das Urteil über die sechs im Verfahren verbliebenen Angeklagten verkündet werden. (APA)

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