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Testamentsfälscher-Prozess: Drei Schuldsprüche

Viele der Geständigen zeigten sich reuig.
Viele der Geständigen zeigten sich reuig. ©VOL.AT/Hofmeister
Im Prozess um Testamentsfälschungen beim Vorarlberger Bezirksgericht sind heute, Mittwoch, Abend am Landesgericht Salzburg die ersten Urteile ergangen.
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Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Andreas Posch hat drei Angehörige des geständigen Hauptbeschuldigten Jürgen H. (47) schuldig gesprochen. Sein Bruder, Udo H., erhielt eine teilbedingte Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, davon sechs Monate unbedingt. Seine 47-jährige Schwester, Jutta R., wurde zu sechs Monaten bedingt und eine Schwägerin eines 49-jährigen Angehörigen von Jürgen H., Sabine L., zu 15 Monaten bedingt verurteilt. Die drei bisher unbescholtenen Angeklagten hatten ein volles Geständnis abgelegt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Manfred Bolter hat sich bei allen drei Urteilen Bedenkzeit erbeten, ebenso Verteidiger Nicolas Stieger, der die Schwägerin vertritt. Der 40-jährige Angehörige und auch die 47-jährige Angehörige haben die Urteile angenommen.

Missbrauch der Amtsgewalt

Das Gericht verurteilte den 40-Jährigen wegen teils versuchten, teils vollendeten Missbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter und wegen gewerbsmäßig schweren Betruges als Beteiligter (Strafrahmen ein bis zehn Jahre). Die 47-Jährige erhielt den Schuldspruch wegen Missbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligte (Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre) und die Schwägerin wegen versuchten schweren Betruges (Strafrahmen ein bis zehn Jahre). Bei der Schwägerin teilte das Gericht allerdings nicht die rechtliche Qualifikation von Staatsanwalt Bolter, der die Beschuldigte wegen teils versuchten, teils vollendeten Missbrauchs der Amtsgewalt angeklagt hatte. Sie habe nicht gewusst, dass Jürgen H. bei Gericht beschäftigt war, deshalb habe der Schöffensenat keinen Missbrauch der Amtsgewalt angenommen, erläuterte Posch.

Keine Zweifel an der Schuld

Die beiden Frauen haben sich in jeweils einem Fälschungs-Fall als Scheinerbinnen zur Verfügung gestellt. Dem 40-jährige Verwandten wiederum wurden sechs Fakten angelastet. Als mildernd wertete das Gericht die reumütigen Geständnisse, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, den Willen zur Schadenswiedergutmachung und die lange Verfahrensdauer. Bezüglich der Frauen gewährte das Gericht keine außerordentliche Strafmilderung. “Bei Erbschaftsangelegenheiten wird soviel getrickst und Schindluder getrieben. Man muss der Öffentlichkeit zeigen, dass das nicht in Ordnung ist”, betonte der vorsitzende Richter. Bei allen Schuldsprüchen habe es letztlich keine Zweifel des Gerichtes gegeben, sagte Posch, der die Urteile als “mild” bezeichnete.

Hilflosigkeit von Menschen ausgenutzt

Im Fall des 40-jährigen Angehörigen habe man nicht gänzlich eine bedingte Strafe aussprechen können. Das Betrugsfaktum sei dreifach qualifiziert, es seien falsche Urkunden verwendet worden und der Angeklagte habe die Hilflosigkeit von Menschen ausgenutzt, erläuterte der Vorsitzende. Der Vorarlberger hat in mehreren Fällen als Krankenpfleger demente, schwer kranke Pensionisten in Seniorenheimen zwecks Umleitung von Testamenten ausspioniert und ließ auch Reisepässe und Personalausweise mitgehen. Mit den Daten der Ausweise wurden Testamente manipuliert, der ausgeforschte Pensionist wurde als Haupterbe und “Zwischenstation” eingesetzt, damit der Schwindel nicht zu offensichtlich war. Diese Person “vererbte” dann in der Fälschung das Vermögen an einen Freund oder Angehörigen des Hauptbeschuldigten. Der 40-Jährige soll auch manipulierte Testamente in den Heimen hinterlegt haben.

40.000 Euro Schadenswiedergutmachung

Im “Testamentsfälscher”-Prozess sind insgesamt zehn Personen angeklagt, darunter fünf Justizbedienstete. Sie sollen von 2001 bis 2008 in 18 Verlassenschaftsverfahren 16 Testamente und zwei Schenkungsverträge manipuliert oder dazu beigetragen haben, um sich und Angehörige zu bereichern. Der inkriminierte Gesamtschaden beträgt zehn Millionen Euro, 158 Geschädigte sind bekannt. Das Gericht hat über drei Mio. Euro an sichergestellten Vermögenswerten beschlagnahmt. Der 40-jährige Angeklagte muss laut Urteil rund 40.000 Euro als Schadenswiedergutmachung an Privatbeteiligte zahlen. Die restlichen angemeldeten Beträge wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Prozess wird am 14. Mai am Landesgericht Salzburg gegen sieben weitere Beschuldigte fortgesetzt. Verhandelt wird über die Anklage der Staatsanwaltschaft Steyr (OÖ). Beschuldigt wird darin auch die Vizepräsidentin des Vorarlberger Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz (48), die ein gefälschtes Testament zugunsten ihrer Mutter und Tante in Auftrag gegeben haben soll. Ein Urteil wird frühestens im Sommer erwartet.(APA)

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Anwalt Grubhofer zu den Urteilen

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Nachlese: Tag 5 im Testamentsfälscher-Prozess
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