In Ägypten unterzeichneten zahlreiche Staats- und Regierungschefs das von Trump vermittelte Abkommen zur Beendigung des Gazakriegs und einer dauerhaften Lösung zwischen Israel und den Palästinensern - die beiden Konfliktparteien waren allerdings nicht darunter.
Experten und Diplomaten sind überzeugt: Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Soll der Frieden von Dauer sein, muss Trump demnach vor allem den Druck auf den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu aufrechterhalten.
Die Stärke von Trumps Plan ist zugleich seine Schwäche
Das zentrale Dokument lässt viele entscheidende Punkte offen. Diese Unklarheiten waren zwar wesentlich, um die Zustimmung beider Seiten zu erhalten. Sie bedeutet jedoch auch, dass die schwierigste diplomatische Arbeit erst beginnt.
"Ich kann mich kaum an ein internationales Abkommen erinnern, bei dem so viel für später zu klären war", sagte Jon Alterman, Nahost-Experte am Center for Strategic and International Studies in Washington. Trump braucht daher vor allem Netanyahus Unterstützung, um die nächste Phase des Plans umsetzen zu können. Und dass Israels Ministerpräsident willensstark sein kann, hat Trump selbst wie auch seine Vorgänger von Bill Clinton bis Joe Biden schon erleben müssen.
Hamas zeigt keine Bereitschaft bei Waffenabgabe
Nach der ersten Phase von Trumps Plan - eine sofortige Waffenruhe, die Freilassung der israelischen Geiseln im Gegenzug für die Begnadigung palästinensischer Häftlinge und die humanitäre Versorgung der Menschen im Gazastreifen - soll nun möglichst schnell Phase Zwei folgen.
Zu den potenziellen Streitpunkten gehört hier vor allem die Vereinbarung, dass die radikal-islamische Hamas ihre Waffen niederlegt und keine Rolle in der künftigen Verwaltung des Gazastreifens mehr spielt. Obwohl die Hamas dem Plan grundsätzlich zustimmte, ging sie in ihrer offiziellen Antwort auf diese Bedingungen nicht ein. Führende Vertreter der islamistischen Gruppe haben bereits angedeutet, dass sie sehr wohl eine Rolle in der Regierung eines Nachkriegs-Gaza für sich sehen.
Netanyahus rechte Partner unberechenbar
Die größte Hürde für einen dauerhaften Frieden könnte jedoch die Innenpolitik in Israel sein. Angesichts der für das kommende Jahr anstehenden Wahlen könnte sich Netanyahus Haltung ändern, um seine rechtsgerichtete Koalition zusammenzuhalten.
"Wir treten in ein politisches Jahr ein, in dem alles mit dem Wahlkampf zusammenhängt, und Netanyahus Kalkül könnte sich ändern, vom Nachgeben unter Druck hin zum Versuch, sein politisches Überleben zu sichern", sagte Nimrod Goren, Präsident des israelischen Thinktanks Mitvim.
Widerstand aus Netanyahus Koalition
Vertreter des rechten Randes von Netanyahus Regierungskoalition haben bereits ihren Unmut über die Vereinbarung mit der Hamas geäußert. "Wir sind beunruhigt über die Tatsache, dass die Hamas noch heute erklärt, dass sie in Gaza an der Macht bleiben wird", sagte Simcha Rothman von der Partei Religiöser Zionismus der Nachrichtenagentur Reuters.
"Wir sind mit keinem Abkommen zufrieden, das nicht die totale Kapitulation der Hamas bedeutet." Ein Zögern der Hamas bei der Entwaffnung könnte diese Kräfte dazu veranlassen, Netanyahu zu einer Wiederaufnahme der Militäroperationen zu drängen. Und die ersten Bilder aus dem Gazastreifen nach Inkrafttreten der Waffenruhe lassen tatsächlich darauf schließen, dass die Hamas nicht die Absicht hat, absehbar ihre Waffen niederzulegen.
Trumps Einfluss auf Netanyahu
In den vergangenen Wochen zeigte sich Trump jedoch entschlossener als zuvor. Er zwang Netanyahu, sich beim Emir von Katar für einen gescheiterten Bombenangriff auf Hamas-Unterhändler im September zu entschuldigen.
Schließlich drängte er den israelischen Regierungschef trotz dessen Bedenken zur Unterzeichnung des 20-Punkte-Plans. Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter deutete an, Trump habe bei Netanyahu an Einfluss gewonnen, weil er Israel in anderen wichtigen Fragen stark unterstützt habe. Dazu zählten die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und der Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet.
Trumps Popularität als Machtfaktor
Trumps größter Hebel sei jedoch seine enorme Popularität in Israel, sagte der Experte Alterman. "Trump ist in Israel politisch viel beliebter als Netanyahu", erklärte er. "Er kann Netanyahus politische Zukunft entweder unterstützen oder sabotieren."
Nach den Worten eines US-Regierungsvertreters hat sich Trump bisher "zu 100 Prozent Schulter an Schulter" an die Seite Israels gestellt. Das hat letztlich auch bei Netanyahu Wirkung gezeigt. Trump ist sich zudem für persönliche Charmeoffensiven nicht zu schade. Netanyahu sei "im Umgang nicht gerade der einfachste Typ, aber das ist das, was ihn großartig macht", sagte Trump am Montag.
Heikler Punkt: Palästinensischer Staat
Aber Trump muss vor allem auch die arabischen Staaten weiter an Bord halten. Ein weiterer heikler Punkt des Abkommens ist die Erwähnung eines möglichen künftigen palästinensischen Staates. Nach dem Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 wäre dies für die meisten Israelis nach Einschätzung von Analysten nur schwer zu akzeptieren.
Der frühere US-Botschafter in Israel, Dan Shapiro, warnte, eine scharfe Ablehnung eines Palästinenserstaates im israelischen Wahlkampf könnte die Bereitschaft der arabischen Staaten verringern, die Hamas zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Abkommen zu bewegen. Diese Klausel sei jedoch entscheidend gewesen, um die Unterstützung der arabischen Staaten zu gewinnen, betont Shapiro.
(APA/Reuters)
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