Trump bringt letzte Geiseln heim – folgt jetzt der Frieden?

Während ganz Israel auf die Rückkehr der Geiseln und der noch zu identifizierenden Leichen wartet, läuft in Gaza die Rückkehr Hunderttausender in ihre weitgehend zerstörten Wohngegenden. Doch trotz der großen Entwicklungen liegen vor dem von Trump beschworenen "ewigen Frieden" für Nahost riesige Hürden.
Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs werden erwartet
Am Montag will Trump sich mit Geisel-Angehörigen treffen, eine Rede im israelischen Parlament halten und dann weiterreisen zur Zeremonie in Ägypten.
Dort werden mehr als 20 Staats- und Regierungschefs erwartet, unter anderem aus Europa und der arabischen Welt. Anreisen werden etwa UN-Generalsekretär António Guterres, Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie Jordaniens König Abdullah II.
Teilnahme Netanjahus in Ägypten sehr unwahrscheinlich
Ob und welche neuen Beschlüsse zum Krieg es bei dem Treffen in Scharm El-Scheich geben könnte, ist unklar. Aus Kreisen der Hamas hieß es, ihre Delegation werde nicht teilnehmen. Auch eine Teilnahme von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu scheint damit äußerst unwahrscheinlich.
Übergeben werden sollen an Israel auch sterbliche Überreste von 27 weiteren Geiseln der Hamas und eines schon 2014 getöteten israelischen Soldaten. Das israelische Ministerium für religiöse Dienste hat Berichten zufolge entsprechende Vorbereitungen getroffen – allerdings unter der Sorge, dass die Hamas in dem weitgehend zerstörten Gazastreifen nicht alle Leichen finden kann oder dies behauptet.
"Israel ist vorbereitet"
Aus Kreisen der Hamas hieß es, alle lebenden und möglichst auch die toten Geiseln sollten bis Montagmorgen um 5.00 Uhr MESZ übergeben werden. "Israel ist vorbereitet", teilte Regierungschef Netanjahu mit.
Im Gegenzug muss Israel gemäß der Abmachung und ähnlich wie bei zwei vorigen Waffenruhen knapp 2000 inhaftierte Palästinenser freilassen – darunter bis zu 250 Gefangene, die wegen Terrorangriffen zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Zuvor gab es Spekulationen darüber, ob auch einige besonders prominente palästinensische Häftlinge freikommen könnten.
Schock und Verzweiflung bei Heimkehrern in Gaza
In Gaza läuft im Zuge der geltenden Waffenruhe die Rückkehr Vertriebener in ihre früheren Wohngegenden. Nach palästinensischen Angaben sind seit Freitag mehr als 300.000 Menschen in den Norden Gazas zurückgekehrt – viele reagieren schockiert auf das Ausmaß der Zerstörungen oder haben ihr Zuhause verloren.
In Teilen des Gebiets wurde im August eine Hungersnot erklärt – eine Einstufung, die Netanjahu als "Lüge" bezeichnete. Seit Beginn der Waffenruhe hat Israel nun die Einfuhr von mehr Hilfsgütern in das Gebiet erlaubt: Täglich sollen rund 600 Lastwagen einfahren. Das ist nach UN-Angaben die Mindestmenge, um die Bevölkerung zumindest mit dem Nötigsten zu versorgen.
Trümmerlandschaft
Laut israelischen Sicherheitskreisen soll etwa auch die Reparatur von Wasserleitungen, Abwassersystemen und Bäckereien möglich sein. Nach zwei Jahren Krieg ist die Lage für die Palästinenser im von Israel abgeriegelten Gazastreifen verzweifelt.
Hunderttausende müssen sich in einer zu weiten Teilen zerstörten, vermutlich von Blindgängern übersäten Trümmerlandschaft zurechtfinden, in der sie nur durch dauerhafte Hilfe von außen überleben können.
Gewalt zwischen Hamas und Clans in Gaza
Zudem ist eine Besserung der Lage in Gaza durch die Waffenruhe längst nicht sicher. Es gibt erste Berichte über Gewalt zwischen Hamas-Mitgliedern und bewaffneten Clans in Gaza. Gezielte Tötungen und Racheakte sind auch dann weiter möglich, wenn die Kämpfe mit Israels Armee sich im Rahmen der Waffenruhe und darüber hinaus beruhigen.
Es ist nicht absehbar, ob das Abkommen zu einem längerfristigen Ende der Kämpfe in Gaza führen wird. Zwei der größten Streitpunkte bleiben die Entwaffnung der Hamas, die in Trumps Friedensplan vorgesehen ist, und der komplette Abzug von Israels Armee aus dem Gebiet. Nach einem vereinbarten Rückzug hält sie weiterhin etwa die Hälfte Gazas besetzt.
Trump verbucht vorläufige Einigung als historischen Erfolg
Die Hamas spricht Israel zudem weiterhin das Existenzrecht ab, Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner wollen die Hamas restlos zerschlagen. Trump verbucht die vorläufige Einigung trotzdem schon als historischen Erfolg für sich.
Bei seinem Treffen mit Familien der Geiseln, der Rede im israelischen Parlament und der Zeremonie in Ägypten kann er auf symbolträchtige Bilder hoffen. Montagabend soll er aus der Region zurück nach Washington reisen.
Witkoff lobt US-Präsident Trump
Trumps Sondergesandter Steve Witkoff lobte den US-Präsidenten gestern bereits bei einer Großkundgebung in der israelischen Metropole Tel Aviv. "Wir alle sind Präsident Trump zu tiefstem Dank verpflichtet", sagte er.
Viele der Teilnehmer – nach Angaben der Organisatoren rund 400.000 – jubelten und dankten Trump in Sprechchören. Beim Namen Netanjahus ertönten dagegen ein Pfeifkonzert und Buhrufe. Viele Angehörige und Freunde der Geiseln werfen Netanjahu vor, seine politischen Motive über das Schicksal der Geiseln gestellt zu haben.
(dpa)
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