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"Der Kopf hat noch gezuckt" – Schuss auf Jungschwan sorgt für Aufregung

Nach dem Schuss versammelten sich Tierschützer und Unterstützer vor Ort.
Nach dem Schuss versammelten sich Tierschützer und Unterstützer vor Ort. ©Tierschutzverein Rankweil
Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Ein Jungschwan ist am Montagabend am sogenannten "Lulamaci-See" in Götzis erschossen worden. Der Vorfall löste eine Auseinandersetzung zwischen Anrainern und einem Jäger aus – die Polizei griff ein.

Anwohnerin hörte den Schuss

Nach dem Abschuss eines Jungschwans am Montagabend beim sogenannten "Lulamaci-See" bei den Lehmlöchern Kommingen in Götzis übt der Tierschutzverein Rankweil deutliche Kritik. Der Vorfall ereignete sich laut Verein gegen 17 Uhr. Eine Anwohnerin – Mitglied des Tierschutzvereins – habe den Schuss gehört und daraufhin beobachtet, wie ein Jäger auf die Schwanenfamilie zielte, schildert Michaela Bonmassar vom Tierschutzverein. Eines der Jungtiere verendete kurz darauf.

Die Schwanenfamilie vor dem Vorfall am See. ©Tierschutzverein Rankweil

Schuss auf Schwanenfamilie sorgt für Empörung

Wie Michaela Bonmassar, Obfrau des Tierschutzvereins, im Gespräch mit VOL.AT schildert, sei der Schwan nicht sofort tot gewesen, sondern habe sich noch im Wasser bewegt. "Der Kopf hat noch gezuckt, und es hat geschrien wie ein Schwanenkind eben schreit", so Bonmassar im Gespräch mit VOL.AT. Die übrigen Tiere – Elterntiere und Geschwister – seien um das verletzte Tier herumgeschwommen.

Die übrigen Schwäne schwammen laut TSV Rankweil um das verletzte Jungtier herum. ©Tierschutzverein Rankweil

Mehrere Unterstützer des Vereins versammelten sich daraufhin vor Ort, um die Situation zu beobachten. Laut Bonmassar sei der Jäger durch die Anwesenheit der Menschen verärgert gewesen und habe daraufhin die Polizei verständigt. Diese habe wiederum die Tierschützer zur Ruhe gemahnt. Der Tierschutzverein zeigte sich irritiert über das Verhalten der Einsatzkräfte.

Tierschützer und Unterstützer versammelten sich vor Ort. ©Tierschutzverein Rankweil

"Wie Haustiere vor der Haustüre"

Rein rechtlich ist der Abschuss von Schwänen in Vorarlberg im Zeitraum vom 1. bis 30. September erlaubt – dies regelt das Vorarlberger Jagdgesetz. Allerdings gibt es laut Bonmassar mehrere Punkte, die rechtlich und ethisch unklar seien: Zum einen handelt es sich um die einzige ansässige Schwanenfamilie. Die Wildtiere seien für die Anrainer quasi "wie Haustiere vor der Haustüre". Das Vereinsmitglied habe sich regelmäßig um die Tiere gesorgt. Viele Eltern mit Kindern hätten sich über die Anwesenheit der Schwäne gefreut. Zum anderen sei der Schuss am frühen Abend innerhalb eines Siedlungsgebiets gefallen, während sich Menschen in der Nähe aufhielten.

Nur noch sechs Jungtiere schwimmen mit ihren Eltern. ©Tierschutzverein Rankweil

Jungtiere wären in rund zwei Wochen flügge

Es ist laut Bonmassar unklar, ob die Jungschwäne unter das geltende Jagdrecht fallen bzw. ob sie geschossen werden dürfen. Sie seien nicht explizit "jagdbar". "Küken laut Definition gilt so lang, wie sie bei der Schwanenfamilie sind und graue Federn haben. Das stimmt alles noch", meint sie. Laut Bonmassars Einschätzung wären die Jungtiere noch rund zwei Wochen bei ihren "Eltern" verblieben und dann flügge geworden. Der Abschuss könnte laut den Tierschützern gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie, das Tierschutzgesetz und das Jagdgesetz verstoßen. Ein von ihr kontaktierter Amtstierarzt habe erklärt, in diesem Fall keine Zuständigkeit zu haben – da es sich um jagdrechtliche Belange handle.

Tierschutzvereins-Obfrau Michaela Bonmassar. ©handout/Tierschutzverein Rankweil

"War es wirklich dringend notwendig?"

Der Tierschutzverein hat den Vorfall laut eigener Aussage an mehrere Stellen gemeldet – darunter die zuständigen Landesräte für Tierschutz und Jagd, die Gemeinde Götzis sowie die zuständige Jagdbehörde und Bezirkshauptmannschaft. Der Verein beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft, die Schwanenfamilie unter behördlichen Schutz zu stellen und die Jagdgesellschaft über ein mögliches Bejagungsverbot während der Aufzuchtzeit zu informieren. Eine Rückmeldung liege derzeit nur von der Tierschutzorganisation "Animal Rights" vor: Es sei explizit verboten, wobei es in Vorarlberg eine Ausnahmeregelung für den Abschuss gebe. "Die Frage ist jetzt: War es wirklich dringend nötig? Gibt es eine Abschussgenehmigung?", so die Tierschützerin. Der Jäger habe sich im Recht gesehen, so Bonmassar. Doch für die Tierschützer ist die Lage nicht eindeutig.

Das tote Jungtier. ©Tierschutzverein Rankweil

BH Feldkirch: Abschuss war rechtens

Der zuständigen Jagdbehörde ist der Fall bekannt, wie Bezirkshauptmann Herbert Burtscher gegenüber VOL.AT bestätigt. "Es handelt sich um Höckerschwäne. Im September dürfen Höckerschwäne geschossen werden", informiert er. Die Tiere würden im Interesse einer Standesregelung geschossen. Die Jägerschaft sichte im Vorfeld etwa, wie viele Tiere es gebe. "Jedenfalls ist der Abschuss legal und zulässig", so Burtscher. Eine Abschussgenehmigung sei nicht nötig. Der Jagdnutzungsberechtigte dürfe Schwäne schießen, wie er auch Rehe schießen dürfe. Eine Unterscheidung zwischen Jungschwänen und ausgewachsenen Schwänen gebe es im Jagdgesetz nicht, betont der Bezirkshauptmann.

Der Feldkircher Bezirkshauptmann Herbert Burtscher. ©Serra

Burtscher zeigt durchaus auch Verständnis für das Mitleid der Tierschützer mit dem geschossenen Schwan. "Es ist jagdrechtlich einfach so vorgesehen", gibt er dazu zu verstehen. Der berechtigte Jäger dürfe auch ein Tier für einen Braten schießen. "Wichtig ist, dass es sich um jagdbares Wild handle." Das treffe beim Schwan zu. Mit den Schusszeiten sei geregelt, dass nicht immer gejagt werden dürfe, um auch den Fortbestand der Art nicht zu gefährden. Es sei nicht der erste Schwan, der in Vorarlberg geschossen werde. "Man schießt nicht so viele, weil es nicht so viele gibt", so Burtscher.

Polizeisprecher Fabian Marchetti. ©Polizei

Polizei führte "klärendes Gespräch"

Der Bezirkshauptmann bestätigt, dass es einen Polizeieinsatz rund um den Abschuss gab. Polizeisprecher Fabian Marchetti informiert: "Die Kolleginnen und Kollegen der Polizeiinspektion Götzis wurden gestern kurz nach 18:00 Uhr von einem Jagdschutzorgan um Hilfe gebeten. Offenbar konnte das Organ seinen gesetzlichen Aufgaben aufgrund von Interventionen durch Anrainer nicht vollumfänglich nachgehen. Die Polizisten führten mit den anwesenden Personen ein klärendes Gespräch. Es wurden jedenfalls keine straf- oder verwaltungsrechtlichen Tatbestände festgestellt."

Ähnlicher Fall bereits 2020

Der Fall erinnert an einen Vorfall im September 2020, bei dem zwei Jungschwäne am Jannersee in Lauterach erschossen wurden. Damals verwies die Bezirkshauptmannschaft Bregenz auf Beschwerden und sprach von einem "maßvollen Eingriff". Tierschutzorganisationen, darunter der VGT, kritisierten die Maßnahme und kündigten rechtliche Schritte an.

(VOL.AT)

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