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Testamentsprozess: Befragungs-Marathon der Zeugen zu Ende

Salzburg, Dornbirn - Eindrückliches Por­trät des Angeklagten Jürgen H. durch seine Lebensgefährtin beim 16. Prozesstag in Salzburg. Im Mittelpunkt stand am Dienstag auch wieder Richterin Kornelia Ratz. Sie und ihre Familie wurden von verwandten Zeugen belastet.
Tag 16: Bilder aus dem Gericht
Sabine S. und Jürgen H.
Der Prozess im Überblick
Vorgänger wusste von nichts

Als sich die Wege von Sabine S. (47) und dem Beschuldigten Walter M. (73) beim Betreten des Gerichtssaales nach der ersten Verhandlungspause kurz kreuzten, herrschte der Mitbeschuldigte sie an. Die zierliche Frau schwieg – ganz im Gegensatz zu den eineinhalb Stunden zuvor, in denen sie auf dem Zeugenstuhl ausführlich redete und Fragen beantwortete.

„Bürschle“ Jürgen H.

Die Lebensgefährtin von Jürgen H. (48), die immer noch als Kanzleileiterin am BG Dornbirn arbeitet, brachte den bisher so souverän auftretenden Walter M. in Schwierigkeiten. Indem sie von einem Gespräch berichtete, das sie gehört haben will und in dem Walter M. Folgendes gesagt haben soll: „Bürschle, schau dazu, dass ich mein Geld bekomm’. Es wär recht, wenn die Heide das Haus erhält. Sie hat sich immer um den Seppl gekümmert.“ Mit dem „Bürschle“ war Jürgen H. gemeint. Gesprochen wurden diese Sätze laut Auskunft von Sabine S. irgendwann nach dem Tod des Ebniter Bus-Fahrers Josef Wohlgenannt, mit dessen Namen als Erblasser später ein gefälschtes Testament auftauchte. Danach erbte die Lebensgefährtin Wohlgenannts die Hälfte – genau so wie es sich Walter M. gewünscht haben soll. Bei diesem hatte sich Wohlgenannt mehrmals Geld ausgeliehen. Aus dessen Nachlass bekam Walter M. sein Geld zurück.

Walter M. streitet ab

Zwei, drei Mal habe Sabine S. Gespräche dieses Inhalts mit Walter M. als Protagonisten gehört. Mit dabei seien einmal ganz sicher die Kollegen Walter S., Andreas R., der Beschuldigte Kurt T. und natürlich ihr Lebensgefährte gewesen. Gegenüber der Polizei habe sie nur von einem Gespräch dieser Art berichtet, wurde Sabine S. dann vorgehalten.

„Ich hab es vielleicht nicht für so wichtig gehalten, zu erwähnen, dass mehrmals über diese Angelegenheit gesprochen wurde“, hielt S. dagegen. Walter M. hatte in seiner Einvernahme vehement bestritten, jemals derartiges von sich gegeben zu haben.

„Zum Arzt geschleppt“

Sabine S., die sich erst kurzfristig für einen Auftritt vor Gericht entschieden hatte, zeichnete in beeindruckender Weise ein Porträt ihres Lebensgefährten. „Jürgen ist ein ruhiger, in sich gekehrter, hilfsbereiter Mensch. Er hat bescheiden gelebt. Er gönnte sich nicht viel. Mir hat das gepasst.“ Freudlos, lustlos, fast schon depressiv sei Jürgen lange vor der Verhaftung geworden. Sie habe ihn zum Arzt geschleppt, „aber selbst eine Kur hat nichts genützt“. Kurz vor dem Auffliegen der Testamentsaffäre habe sie ihn geschüttelt und gesagt: „Wenn etwas nicht stimmt, dann sag es mir!“ Er habe dann über Schwierigkeiten wegen Winkelschreibereien berichtet und dass eine Hausdurchsuchung drohe. Daraufhin sei eine grüne Reisetasche mit diversen Unterlagen zu ihrer Mutter geschafft worden. „Ich konnte mir auf alles keinen Reim machen. Ich hatte keine Ahnung, was da los war“, beteuerte die Lebensgefährtin.

Der Quirlige

Freundschaftliche Kontakte hätten Jürgen H. und sie vor allem mit Kurt T. gehabt. Man habe öfters gemeinsam etwas unternommen. In Kontakt kam die Gerichtsbedienstete nicht nur mit den Kollegen Clemens M., Kurt T. und Walter M., sondern auch mit dem Anwalt Gernot S. „Er war ein quirliger, lebendiger und lustiger Mensch. Ein volksnaher Anwalt.“ Oft habe sich der mittlerweile verstorbene Anwalt im Amtszimmer ihres Lebensgefährten aufgehalten. „Aber wenn ich das Zimmer betrat, haben sie sofort aufgehört, miteinander zu reden. Ich führte dies darauf zurück, dass sich Gernot S. bei Jürgen über fachliche Dinge informierte und sich deswegen schämte.“

Großcousine belastete Richterin Ratz

Noch einmal im Mittelpunkt standen gestern die prominenten Erbschaftsfälle Isele und Mutschler. Vier Zeugen berichteten dem Schöff ensenat von ihren Wahrnehmungen und gaben dabei Einblicke in zumindest fragwürdige Vorgänge. Rosmarie Riedmann, die Großcousine der angeklagten Richterin, erzählte von massiven Verdachtsmomenten. Im Fall Isele wollten die Fälscher das Millionenerbe über eine wildfremde demente Frau umleiten.

Auf „Empfehlung“ von Ratz

Dieter Klien, der Anwalt der Gesetzeserben-Gemeinschaft, zu der auch die Mutter und die Tante der Richterin gehörten, hatte damals bereits eine Erbrechtsklage vorbereitet. Auf „Empfehlung“ der Richterin habe die Verwandtschaft das Testament jedoch nicht angefochten, sondern sich auf die Schenkung auf den Todesfall geeinigt. „Unser Anwalt hat uns nach Auffl iegen der Aff äre erzählt, dass ihn Kornelia Ratz damals fast mütterlich beschworen hatte, diese Sache nicht weiterzuverfolgen“, so Riedmann. Die Lustenauerin berichtete auch von einer Aussage, die Ratz’ Mutter noch im Haus der verstorbenen Anna Isele getätigt haben soll. „Das nächste Mal erben dann aber wir“, habe sie gesagt, „dabei klopfte sie mit dem Zeigefinger auf den Tisch.“ Sie habe den Satz damals nicht verstanden, sagte die Zeugin, mit dem Auffliegen der Fälschungen sei ihr das Ganze dann aber eigenartig vorgekommen.

Von einer „eigenartigen Begebenheit“ im Fall Mutschler – hier erbten die Mutter und Tante der Richterin aufgrund eines gefälschten Testaments mehr als eine halbe Million Euro – erzählte dann auch die Schwester von Rosmarie Riedmann. „Da wird es wohl nicht viel zu erben geben“, habe ihr Mathilde H., die Sachwalterin von Willi Mutschler und Tante von Ratz, gesagt. Auch die Nachbarn von Willi Mutschler wollen diesen Satz aus dem Munde von Mathilde H. gehört haben – off enbar noch zu Lebzeiten des 2004

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(VPI)

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