Südtirolersiedlung in Hard: "Alte Bude" oder Denkmal?

Was Anrainer und Bewohner fordern
Nach dem VOL.AT-Bericht zur Südtirolersiedlung in Hard hat sich jetzt auch ein langjähriger Bewohner zu Wort gemeldet. Er verwies auf eine Unterschriftenliste.
Bereits 2022 übergaben Bewohner und Anrainer Bürgermeister Martin Staudinger (SPÖ) eine Unterschriftenliste. 192 Personen forderten den Erhalt der historischen Anlage, verbunden mit einer Sanierung und dem Schutz der Grünflächen. Eine angekündigte Projektgruppe kam jedoch nicht zustande, der Starttermin wurde "auf unbestimmte Zeit" verschoben.

Bürgermeister Martin Staudinger bestätigt die Übergabe: "Wir haben diskutiert. Die Vogewosi hat versprochen, dass sie vor Ort alle Bewohner einlädt und informiert", erklärt er. Auch wenn die Gespräche in der angekündigten Form nicht stattfanden, gab es seitens der Vogewosi ein Informationsschreiben an die Bewohner. Dann wurde das Projekt auf Eis gelegt, wie auch Vogewosi-Chef Hans-Peter Lorenz gegenüber VOL.AT erklärte.
Kritik an der Vorgehensweise
Der Bewohner erhebt schwere Vorwürfe und kritisiert auch einen "bewusst herbeigeführten Verfall": Leerstände würden weder gewartet noch gelüftet. Selbst als Mitglied des Wohnungsausschusses sei ihm der Zutritt zu den Räumen verweigert worden. Zwei Wohnungen habe er nur durch Eigeninitiative über das Land Vorarlberg weitervermitteln können – an der Kommunikation mit der Vogewosi sei er gescheitert. Besonders irritierte ihn ein Schritt im Frühjahr: Aus Brandschutzgründen wurden Ofenrohre installiert, während die Gebäude gleichzeitig verfallen. Auch sein Antrag auf Unterschutzstellung der Siedlung blieb erfolglos.
Der Bewohner fordert Denkmalschutz für die Siedlung – bislang ohne Erfolg.

"Gescheites Sanierungskonzept" gefordert
Bürgermeister Martin Staudinger (SPÖ) räumt ein, dass die Zukunft der Anlage unklar ist. "Man müsste wirklich ein komplettes, gescheites Sanierungskonzept ausarbeiten", sagt er. Derzeit liege alles auf Eis. Dass die Wohnungen in ihrem jetzigen Zustand kaum noch vermittelbar seien, bestreitet er nicht. Die Vogewosi verweise auf die Notwendigkeit einer umfassenden Sanierung – auch energetisch.
Viele Wohnungssuchende machten trotz Warteliste einen Bogen um die Südtirolersiedlung. "Die Leute sagen: Nein, in die alte Bude will ich nicht", so Staudinger. Barrierefreiheit, Heizung, Schallschutz – zentrale Standards fehlten schlicht. Die Forderung, die 16 leer stehenden Wohnungen sofort zu vermieten, greife daher zu kurz: "Das heißt nicht, dass sich auch Mieter finden."

Rund 200 Personen auf der Warteliste
Auf der Warteliste der Gemeinde Hard stehen nach Angaben von Bürgermeister Martin Staudinger derzeit rund 200 Personen. Viele von ihnen leben bereits in einer Sozialwohnung, suchen jedoch eine andere – sei es größer für Familien oder barrierefrei für ältere Menschen. "Darum haben wir quasi im Gefüge eine Neuorientierung", sagt Staudinger. Tatsächlich ziehen etliche Bewohner aus älteren Anlagen wie der Südtirolersiedlung in neue Objekte, etwa die Bommen-Siedlung der Vogewosi. Rund 30 solcher Wohnungen sollen in den kommenden Wochen neu vergeben werden. Mit den zusätzlichen Einheiten in Bommen und einem geplanten Projekt "Wohnen 550+" sieht der Bürgermeister eine "sehr positive Dynamik" beim Ausbau des gemeinnützigen Wohnraums.

Eva Hammerer: "Siedlungen bergen zwei Schätze"
Die Landtagsabgeordnete Eva Hammerer (Die Grünen), die selbst in Hard lebt, unterstreicht die besondere Bedeutung der Anlage. "Die Südtirolersiedlungen bergen zwei Schätze: Zum einen eine hohe Lebensqualität durch großzügige Außenflächen, die es in heutigen Wohnanlagen kaum noch gibt." Gerade die kleinteilige Struktur und die "Außenanlagen der alten Schule" würden von den Bewohnern geschätzt. Zwar sei die Bausubstanz "sehr in die Jahre gekommen", doch könne sie klar renoviert werden.
Der zweite Schatz, so Hammerer: "Sie sind ganz einfach Stück Vorarlberger Geschichte – sie sind wunderschöne Denkmäler aus einer vergangenen Zeit, die für viele Menschen große Bedeutung haben." Historiker hätten die Familiengeschichten der Siedlung bereits aufgearbeitet.
"Für mich ist das ganz klar, dass die Siedlungen in unseren Ortsbildern erhalten und ganz klar aufgewertet werden müssen", sagt sie. Angesichts knappen Wohnraums sei es "unbegreiflich, dass man sie leer stehen lässt". Manche Wohnungssuchende wären froh, dort leben zu können. "Es muss nicht immer der allerhöchste Standard sein." Das kenne sie selbst aus Studienzeiten. "Es passt nicht für jeden, das ist klar." Die Unterschriftenliste für den Erhalt zeige, wie sehr die Harder ihre Siedlung schätzen: "Das Mindeste, was die Bewohnerinnen verdient haben, ist eine Antwort."


"Überlegen, wie man den Schatz erhält"
Bernie Weber, wohnpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, verweist auf die besondere Qualität der Anlagen. "Die Südtirolersiedlungen, die es in Vorarlberg in verschiedenen Gemeinden gibt, zeichnen sich durch die Bank alle durch hohe Aufenthaltsqualität aus." Zwar entsprächen die Wohnungen heutigen Standards bei Heizung oder Zimmergrößen nicht mehr, doch das "Gesamte, das Lebensgefühl der Siedlungen" werde von den Bewohnern geschätzt. Auch Weber nennt die großzügigen Außenräume als entscheidenden Vorteil.
"Natürlich ist die Wohnpolitik Vorarlbergs und die Vogewosi sehr gefordert, sich an einen Tisch zu setzen und zu überlegen, wie man den Schatz – sag ich mal – erhält", sagt Weber. Für ihn steht fest: Die Siedlungen müssen für die Zukunft gesichert werden. "Da kann sich ein Bürgermeister nicht einfach aus dem Spiel nehmen." Staudinger habe sich 2022 klar für den Erhalt ausgesprochen, "jetzt ist er irgendwie auf Sendepause". Um die Verunsicherung der Bewohner nicht weiter zu befeuern, brauche es ein klares Bekenntnis von Gemeinde und Vogewosi.

Land: "So viele gemeinnützige Wohnungen wie möglich"
Aus dem Büro von Wohnbaulandesrat Marco Tittler (ÖVP) heißt es auf Anfrage, das Land habe grundsätzlich großes Interesse an gemeinnützigem Wohnraum. "Alles, was dazu dient, gemeinnützige Wohnungen zur Verfügung zu stellen, soll auch gemacht werden." Die Rolle des Landes sei dabei die des Fördergebers. Über die Zukunft einzelner Wohnungen entscheide jedoch die jeweilige Gesellschaft. Vogewosi-Chef Hans-Peter Lorenz habe die Gründe aus Sicht des Landes "einigermaßen dargelegt". Entscheidend sei die Frage, welche Kosten eine Instandsetzung verursache – und ob sich das finanziell abbilden lasse.
Als Fördergeber könne man nicht jede einzelne Wohnung bewerten. Grundsätzliches Ziel bleibe es, möglichst viele gemeinnützige Wohnungen am Markt zu haben. Die von Bewohnern geforderte Unterschutzstellung sei hingegen nicht Sache des Landes, sondern falle in die Zuständigkeit des Denkmalamtes des Bundes. Ob entsprechende Prüfungen laufen, war nicht bekannt.

Neos kritisieren Vorgehensweise, Staudinger soll handeln
Neos-Fraktionsobmann Christian Prossliner verlangt Klarheit von der Vogewosi – und von Bürgermeister Martin Staudinger. "Besonders problematisch ist, dass man bereits Umsiedlungen vorbereitet, während gar nicht feststeht, ob überhaupt abgerissen wird. Damit wird die Verunsicherung der Bewohner weiter angeheizt", erklärt er. Der Bürgermeister selbst verschärfe die Unsicherheit durch seine Haltung. "Staudinger ist hier im Blindflug unterwegs, obwohl er bei der Vogewosi im Beirat sitzt. Wir Neos fordern, dass die Gemeinde Hard sich umgehend Klarheit über die Pläne verschafft und der Bürgermeister aktiv mit der Vogewosi das Gespräch sucht."
Zugleich kritisiert Prossliner den Umgang mit den Leerständen. Gemeinnütziger Wohnraum müsse "treffsicher für jene Menschen verfügbar sein, die ihn dringend brauchen". Wohnungen bewusst leer stehen zu lassen, sei in Zeiten knapper Ressourcen das "Gegenteil von verantwortungsvollem Handeln". Die Vogewosi müsse endlich offenlegen, wie es mit der Südtirolersiedlung weitergehe – und Staudinger habe die Pflicht, diese Antworten einzufordern.
(VOL.AT)
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