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ÖVP gibt sich nach Krisensitzung friedlicher

ÖVP-Chef glaubt an Ende der öffentlichen Gesamtschuldebatte
ÖVP-Chef glaubt an Ende der öffentlichen Gesamtschuldebatte ©APA
ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist ob der Turbulenzen in seiner Partei um Beruhigung bemüht.
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"Wallner spürt Neos im Nacken"
Spindelegger lässt Wallner abblitzen
Die ÖVP, ein "brodelnder Kochtopf"
ÖVP-Krisensitzung in Wien

Nach einer Krisensitzung Sonntagnacht ging er am Montag davon aus, dass es keine öffentlichen Debatten mehr zur Gesamtschule geben werde und unterschiedliche Meinungen “intern ausdiskutiert werden”. Auch der Vorarlberger Landeschef Markus Wallner und der Steirer Hermann Schützenhöfer gaben sich versöhnlich.

Spindelegger bedauert “Christkind”-Sager

In den vergangenen Tagen hatten sich die Landesparteien von Tirol, Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark sowie der Wirtschaftsbund in Sachen Gesamtschule bzw. Schulversuchen offen gegen die Linie der Bundespartei gestellt. Spindelegger konnte die Situation mit einem versuchten Machtwort (“Ich bin ja nicht das Christkind”) nicht beruhigen. Am Wochenende legte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer nach und stellte das Nein der ÖVP zu Vermögenssteuern infrage, woraufhin Spindelegger für den späten Sonntagabend die Obleute der Landesparteien und ÖVP-Bünde nach Wien zitierte.

Seine barsche Absage an die Gesamtschulpläne der Westländer von voriger Woche bedauerte der VP-Chef am Montag vor Journalisten: “Der Christkind-Sager war nicht ideal.”

“Keine Spitze” gegen Wallner

Es tue ihm persönlich leid, die Aussage in diesem Zusammenhang getätigt zu haben, betonte Spindelegger. Es sei auch nicht als Spitze gegen den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gedacht gewesen, versicherte der Vizekanzler. Dessen Vorgehensweise – konkret die zur Gesamtschulmodellregion angekündigte Befragung – lobte Spindelegger als “sehr professionell”.

“Vertrauen nicht in Frage gestellt”

Entgegen medialer Gerüchte im Vorfeld stellte Spindelegger bei der gut drei Stunden langen Sitzung in der Parteiakademie aber nicht die Vertrauensfrage. “Es ist weder das Wort Rücktritt noch die Vertrauensfrage oder -abstimmung zur Diskussion gestanden”, versicherte er auch bei einem Pressegespräch Montagnachmittag. Seine barsche Absage an die Gesamtschulpläne der Westländer von voriger Woche bedauerte der ÖVP-Chef: “Der Christkind-Sager war nicht ideal.”

Interne Diskussion statt öffentlicher Debatte

Er geht nun von einem Ende der öffentlichen Gesamtschuldebatte aus. Es gebe zwar weiterhin unterschiedliche Meinungen dazu, aber: “Das soll intern ausdiskutiert werden, das haben wir gestern so besprochen.” Außerdem rechnet Spindelegger nicht damit, dass einzelne Länderabgeordnete der Regierung bei den anstehenden Abstimmungen im Nationalrat etwa über Budget- oder Ministeriengesetz die Gefolgschaft verweigern. Er sieht die Situation nun jedenfalls befriedet, wiewohl er hinzufügte: “Ich bin lange genug ÖVP-Obmann, als ich weiß, das ist nie eine Situation auf Dauer.”

Wallner: “Vernünftiges Gespräch”

Die Obleute der Landesparteien und Bünde hatten die Sitzung in der Nacht ohne Stellungnahme verlassen. Von den Vertretern der “Westachse” äußerte sich am Montag nur der Vorarlberger Markus Wallner, Tirol und Salzburg schwiegen. Es habe sich um ein “vernünftiges Gespräch, wie’s unter erwachsenen Leuten auch sein soll”, gehandelt, meinte Wallner. Das Gespräch zur Gesamtschule sei “vernünftig und konstruktiv” gewesen, Spindelegger habe weitere Gespräche zum Thema angekündigt.

Vorsichtig optimistisch gab sich auch steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer: “Das gegenseitige Vertrauen könnte gestärkt worden sein.” Diese Aussprache habe es längst gebraucht, weil das Vertrauen angeknackst gewesen sei. “Es ist nicht alles grandios, es ist aber auch der Streit nicht vertieft, sondern deutlich entschärft worden.”

Steindl ortet innerparteilichen Diskussionsbedarf

Der burgenländische ÖVP-Chef Franz Steindl ortet “mehr Diskussionsbedarf innerhalb der Partei, mit den Bundesländern, mit den Teilorganisationen”. Die Dinge seien ausgeredet worden, versicherte auch der oberösterreichische Landeschef Josef Pühringer. Bei den Querschüssen habe natürlich die Verärgerung einiger Länder darüber mitgespielt, dass sie bei der Verteilung der Regierungsämter zu kurz gekommen seien. Keine Krise sieht auch der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll.

Um Beruhigung bemüht waren weiters Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Wirtschaftsbundobmann Christoph Leitl. Es habe Meinungsunterschiede gegeben, die habe man abgeklärt, auch wenn der Zeitpunkt für die öffentliche Auseinandersetzung vielleicht “nicht optimal” gewesen sei, meinte etwa Mitterlehner. Spindelegger habe die Partei im Griff. Eine “äußerst konstruktive” Aussprache erlebte auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die wie viele ihrer Kollegen nicht von einer Krisensitzung sprechen wollte.

Die SPÖ verhielt sich am Tag vor der Regierungsklausur am Dienstag und Mittwoch ruhig und kommentierte die Turbulenzen nur indirekt. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer hielt in einer Aussendung fest, dass die Regierung konstruktiv zusammen arbeite.

Filzmaier: Die ÖVP, “ein brodelnder Kochtopf”

Experten halten die Situation in der ÖVP für ernst: “Ein brodelnder Kochtopf, der gestern nicht explodiert ist”, kommentierte der Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Meinungsforscher Peter Hajek empfahl Spindelegger, gewisse Positionen für die Zukunft zu adaptieren. Die Koalition ist für beide Experten aber derzeit nicht gefährdet. 

(APA/red)

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