Schicksalswahl in Frankreich und warum auch die Superreichen schon zittern
Das rechte Lager um den Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen hat vor der Frankreich-Wahl Aufwind. Laut einer Prognose des Instituts Elabe im Auftrag von BFM TV könnte der RN die absolute Mehrheit im Parlament erreichen, mit bis zu 295 Sitzen.
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Rassemblement National führt die Umfragen an
Einer am Freitag in der Zeitung "Les Echos" veröffentlichten Meinungsumfrage zufolge hat sich der RN in der Wählergunst weiter verbessert und könnte am Sonntag bis zu 37 Prozent der abgegebenen Stimmen erreichen. Dies sind zwei Prozentpunkte mehr als bei der letzten Veröffentlichung der von OpinionWay vor einer Woche erhobenen Umfrage. Dem linken Bündnis Neue Volksfront werden wie in der Vorwoche 28 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Der zentristische Block "Ensemble" des Lagers um Präsident Emmanuel Macron verliert hingegen gegenüber der Vorwoche zwei Punkte und kommt nur noch auf 20 Prozent.
Hitzige TV-Debatte
Das Endergebnis bleibt bis zur zweiten Wahlrunde am 7. Juli ungewiss und hängt stark von möglichen taktischen Bündnissen der Gegner des RN ab. Ministerpräsident Gabriel Attal warf dem RN-Vorsitzenden Jordan Bardella in einer hitzigen Fernsehdebatte vor der Wahl vor, rassistische Äußerungen in den Reihen seines rechtsextremen Lagers zu dulden. Bardella wies den Vorwurf zurück und bekräftigte seine Ambitionen, Regierungschef zu werden – allerdings nur bei einer absoluten Mehrheit im Parlament.
Aufgeheizte Atmosphäre in Frankreich
Die politische Atmosphäre in Frankreich ist aufgeheizt. Präsident Macron warnte vor der Gefahr eines "Bürgerkriegs" durch die Programme der extremen Parteien. Macron hatte in der Nacht auf Freitag die "Arroganz" des RN angeprangert. "Sie benehmen sich, als seien sie bereits an der Macht", sagte er am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. "Ausgerechnet sie wollen uns die französische Verfassung erklären", fügte er hinzu und spielte damit auf die Debatte um die Rolle des französischen Präsidenten als Oberbefehlshaber der Streitkräfte an. Le Pen hatte diese Rolle als "Ehrentitel" abgetan und darauf verwiesen, dass der Premierminister aufgrund seiner Haushaltskompetenzen letztlich wichtige Entscheidungen der Verteidigungspolitik treffe.
Debatte um Berufsverbot für Franzosen mit zwei Staatsbürgerschaften
Unterdessen verschärfte sich die Debatte um die vom RN geplanten Berufsverbote für Franzosen mit doppelter Staatsangehörigkeit weiter. Der RN-Kandidat Roger Chudeau löste heftige Kritik aus mit seiner Einschätzung, dass die Ernennung der früheren Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem "ein Fehler" gewesen sei, da diese auch die marokkanische Nationalität habe. Die Betroffene reagierte mit Ironie: "Ich danke ihm für den Vorgeschmack, was es bedeutet, wenn der RN die Macht übernimmt: Inkompetenz, Rassismus und Lügen", schrieb sie im Onlinedienst X und rief dazu auf, an den Wahlsonntagen in der ersten und zweiten Runde wählen zu gehen.

Le Pen distanziert sich von RN-Kandidat Chudeau
Le Pen distanzierte sich öffentlich von Chudeau, dessen Kandidatur jedoch nicht mehr zurückgezogen werden kann. Sie hatte kürzlich erklärt, dass das Vorhaben des RN nur 30 bis 40 Posten betreffe und das Beispiel genannt, dass ein Franko-Russe nicht Chef eines Atomkraftwerks sein sollte. Dabei machte sie deutlich, dass die Einschränkungen ausgeweitet werden könnten. "Die Liste kann je nach geopolitischen Veränderungen angepasst werden", betonte sie.
"Karte der Schande"
Kritiker des RN veröffentlichten unterdessen eine "Karte der Schande", die 120 Kandidaten der Rechtspopulisten mit Rassismus-, Homophobie- oder anderen Vorwürfen konfrontiert. Die Vorwürfe sind jeweils mit Links zu entsprechenden Medienberichten versehen.
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Der Pariser Börsenbetreiber Euronext befürchtet bei einem Wahlsieg des rechten Lagers Turbulenzen an den Finanzmärkten im Falle eines Sieges der Extreme. Eine Krise könnte laut Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen eher bei einem Sieg des Linksbündnisses drohen, während der RN Konflikte auf EU-Ebene hervorrufen könnte, jedoch kaum eine Schuldenkrise. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin warnte vor Unruhen am Wahlabend und sprach von "gezielten Destabilisierungsaktionen".
Besteuerung der Reichen
Beide Lager, die rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) und das linke Bündnis Neue Volksfront (NFP), planen eine drastische Besteuerung der Wohlhabenden. RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella hat mehrfach angekündigt, die Steuererleichterungen für die Superreichen unter Macron rückgängig zu machen und eine breitere Vermögenssteuer einzuführen, um die Staatskassen zu füllen und soziale Projekte zu finanzieren. Ebenso fordert das linke Bündnis unter Führung von Olivier Faure eine Erhöhung der Steuern für Spitzenverdiener und die Einführung einer Obergrenze für Erbschaften. Beide Seiten wollen den wirtschafts- und elitenfreundlichen Kurs Macrons radikal ändern, was bei der reichen Elite des Landes bereits jetzt für Nervosität sorgt.
Auch für Milliardäre kann es ungemütlich werden
Bernard Arnault, CEO von LVMH und einer der reichsten Menschen der Welt, wäre von den Steuererhöhungen besonders betroffen. Mit einem Vermögen von rund 200 Milliarden US-Dollar führt Arnault die Liste der französischen Superreichen an und ist auch international in den Top 3. Der Gründer des Luxusgüterriesen LVMH, zu dem Marken wie TAG Heuer, Louis Vuitton, Rimowa und Dior gehören, beschäftigt in Frankreich rund 40.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 2023 erzielte LVMH einen Jahresumsatz von 86,2 Milliarden Euro und brachte dem französischen Staat etwa 3 Milliarden Euro an Unternehmenssteuern ein. Zudem investiert Arnault jährlich 1 Milliarde Euro in Frankreich.
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Arnault hatte in der Vergangenheit wegen der hohen Steuerlast in Frankreich mit der Annahme der belgischen Staatsbürgerschaft gedroht, was jedoch bislang nicht umgesetzt wurde. Er gilt als Inbegriff der Elite, und die Linken nutzten sein Konterfei für Wahlwerbung. In einem kürzlich veröffentlichten offenen Brief, in dem 73 französische Managerinnen und Manager vor „rückwärtsgewandten Kräften“ warnten, wurde Arnault laut Insidern nicht gefragt, zu unterzeichnen, um den Aufruf nicht als Elitenprojekt erscheinen zu lassen.
Wahl in Frankreich: Erste Hochrechnungen und Wahlergebnisse
Die ersten Prognosen und Hochrechnungen werden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend, dem 30. Juni, um 20 Uhr erwartet. Diese basieren auf Teilauszählungen und sind in der Regel zuverlässig. Die offiziellen Ergebnisse der ersten Wahlrunde sollten noch am selben Abend vorliegen, da die Stimmen in Frankreich üblicherweise zügig ausgezählt werden. Die zweite Wahlrunde findet am 7. Juli statt, und auch hier wird mit schnellen Ergebnissen gerechnet. Insgesamt sind etwa 49 Millionen Menschen in Frankreich wahlberechtigt, die über die Zusammensetzung der 577 Sitze in der Nationalversammlung entscheiden werden.
Fakten:
- Wahltage: 30. Juni und 7. Juli 2024
- Anzahl der Sitze in der Nationalversammlung: 577
- Aktuelle Umfragen: RN 37%, NFP 28%, Macrons Mitte-Partei 20%
- Wichtige Akteure: Marine Le Pen (RN), Jordan Bardella (RN), Ian Brossat (NFP)
- Prognose Sitze für RN: 260 bis 295
- Mögliche Steuererhöhung: Breitere Vermögenssteuer geplant
- Finanzmarktrisiken: Turbulenzen bei Sieg extremer Parteien erwartet
- Zeitpunkt der Wahlergebnisse:
- Prognosen und Hochrechnungen: Prognosen und Hochrechnungen werden in der Regel nach Schließung der Wahllokale um 20 Uhr veröffentlicht. Diese basieren auf Teilauszählungen und sind normalerweise zuverlässig.
- Offizielle Ergebnisse: Die offiziellen Ergebnisse der ersten Wahlrunde sollten noch am Abend der Wahl bekannt gegeben werden, da die Stimmen in Frankreich üblicherweise zügig ausgezählt werden.
- Zahl der Wahlberechtigten: Etwa 49 Millionen Menschen in Frankreich sind wahlberechtigt
(VOL.AT)
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