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Regierung einig: Karfreitag wird zum halben Feiertag

©APA/HERBERT PFARRHOFER
Nun ist es fix: Am Karfreitag haben alle Arbeitnehmer ab 14.00 Uhr frei. Die neue Regelung soll bereits am 19. April gelten.
Variante zum halben Feiertag im Gespräch
"Ostermontag ist mehr wert"

ÖVP und FPÖ haben einen Kompromiss in der Karfreitags-Frage gefunden: Der Karfreitag wird ein halber Feiertag, ab 14.00 Uhr haben alle frei. Für evangelische Arbeitnehmer bedeutet dies eine Verschlechterung, haben sie doch bisher den ganzen Tag frei.

Der Regierung ging es darum, “am Status Quo möglichst wenig zu verändern”, teilten die Verhandler Walter Rosenkranz (FPÖ) und Peter Haubner (ÖVP) mit.

Neue Karfreitags-Regelung schon am 19. April 2019

Schon der heurige Karfreitag am 19. April soll ein halber Feiertag für alle Arbeitnehmer werden. Deshalb soll “die detaillierte Ausformulierung so zeitnah erfolgen, dass ein Beschluss im Februar möglich”sei, berichteten Haubner und Rosenkranz.

Nötig ist eine Neuregelung wegen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes. Dieser hat vor vier Wochen befunden, dass es gleichheitswidrig ist, wenn der Karfreitag nur für Angehörige der alt-katholischen Kirche, der evangelischen Kirchen AB und HB und der evangelisch-methodistischen Kirche als Feiertag (mit entsprechendem Zuschlag wenn gearbeitet wird) gilt. “Das EuGH-Urteil ist zu akzeptieren”, betonten Haubner und Rosenkranz. Aber Österreich liege bei den Feiertagen europaweit im Spitzenfeld – und deshalb suchte man nach einer Lösung, mit der die Karfreitagsregelung “nahe an der bisherigen Regelung” bleibt.

Gewerkschafter über “Regierungspfusch” empört

Die Arbeitnehmervertreter sind alles andere als begeistert von der Halb-Feiertagslösung für den Karfreitag. Für Handelsangestellte bringe diese nichts, stellte GPA-djp-Chefin Barbara Teiber am Dienstag in einer Aussendung fest. FSG-Chef Rainer Wimmer kritisierte, dass dieser “Regierungspfusch” ein “nächster Kniefall vor der Industrie” sei.

Mit dem halben Feiertag werde das Urteil des Europäischen Gerichtshofes besonders “billig” für die Arbeitgeber umgangen. Den meisten Arbeitnehmer bringe diese Lösung nichts, gelte am Freitag in vielen Betrieben doch ohnehin Frühschluss. Und besonders schlecht steigen dabei die Handelsangestellten – die rund 20 Prozent der Arbeitnehmer ausmachen – aus, “weil sich nichts daran ändern wird, dass der Karfreitag einer der arbeitsintensivsten Tage bleibt und niemand den halben Tag frei bekommt”, erläuterte Teiber. Sie sieht auch in dieser Lösung eine Ungleichbehandlung und damit das Risiko einer weiteren Aufhebung durch ein Gericht.

FPÖ habe Arbeitnehmer erneut verraten

Auch beim Karfreitag habe – wie bei der 60-Stunden-Woche und der “Zerstörung der Sozialversicherung” – “die Wirtschaft die Richtung für die Regierungspolitik” vorgegeben. “Die Industriellenvereinigung hält weiterhin die Zügel fest in der Hand”, befand Wimmer, der Bundesvorsitzende der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) im ÖGB. Einmal mehr habe “die selbst ernannte ‘soziale Heimatpartei'” – gemeint die FPÖ – die Arbeitnehmer verraten.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigte den Kompromiss schon knapp vor Bekanntgabe der Einigung: Österreich liege im Spitzenfeld bei Feiertagen, “deswegen sind Mehrbelastungen für die Wirtschaft schwer zu rechtfertigen”, sagte Blümel in Brüssel. Gleichzeitig wolle die Regierung auch Betroffenen möglichst nichts wegnehmen.

WKÖ und IV fordern Kostenausgleich für halben Feiertag

Auch die Wirtschaft ist mit dem Halb-Feiertags-Kompromiss für den Karfreitag nicht wirklich glücklich – und meldete sofort die Forderung an, dass ihr die entstehenden Kosten vom Bund ersetzt werden müssten. Die Unternehmen müssten für die zu erwartenden Kosten “zumindest im selben Ausmaß entlastet werden”, betonte Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Dienstag in einer Aussendung.

“Die nun fixierte Neuregelung des Karfreitags ist zwar besser als ein ganzer zusätzlicher Feiertag, bedeutet aber nach wie vor eine massive Mehrbelastung für alle Branchen”, meinte er. Wenn künftig nicht nur vier Prozent der Arbeitnehmer für den ganzen Karfreitag, sondern alle Arbeitnehmer für den halben Tag den gesetzlichen Feiertags-Anspruch haben, werde das 200 bis 300 Mio. Euro kosten. Ein ganzer Feiertag hätte laut WIFO 400 bis 600 Mio. Euro gekostet. Jedenfalls müssten die Unternehmer durch Entlastungen bei den Lohnnebenkosten entschädigt werden, forderte Kopf.

Auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, verlangte, “dass es – wie von der Bundesregierung angekündigt – zu keiner Mehrbelastung für die im harten internationalen Wettbewerb stehenden heimischen Unternehmen kommt”.

Regelung wirft für Spar noch Fragen auf

Der Halb-Feiertags-Kompromiss für den Karfreitag wirft für den österreichischen Handelskonzern Spar noch Fragen auf. Nicht geklärt ist aus Sicht des Unternehmens, ob auch das Öffnungszeitengesetz angepasst wird. “Also, ob wir zwar ab 14.00 Uhr offenhalten dürfen, aber Zuschläge bezahlen müssen, oder ob das nicht mehr möglich sein wird”, sagte eine Sprecherin zur APA.

Dazu fehlten noch Detailinformationen. Spar werde aber “natürlich umsetzen, wie es gesetzlich festgelegt wird”. Im Lebensmitteleinzelhandel sei der Karfreitag der zweitstärkste Tag nach dem 23. Dezember.

Wie am 8. Dezember: Handelsverband für Sonderlösung

Der halbe Feiertag am Karfreitag missfällt dem Handelsverband. “Diese halbe Lösung kostet den heimischen stationären Handel den ganzen Umsatz des Tages”, erklärte Geschäftsführer Rainer Will. Die Geschäfte sollten trotz halben Feiertags offen bleiben dürfen.

“Wir empfehlen eine vergleichbare Sonderregelung für die Beschäftigung von Handelsmitarbeitern am Karfreitagnachmittag, wie es die bereits für den 8. Dezember gibt”, so Will in einer Aussendung am Dienstag. Die Mitarbeiter sollen wie an Maria Empfängnis das Recht haben, das Arbeiten ohne Angabe von Gründen und ohne Benachteiligung abzulehnen.

Evangelische Kirche von Lösung enttäuscht

Enttäuschung ruft die Regierung mit ihrer Halbfeiertags-Lösung bei den Religionsvertretern hervor. Die Evangelische Kirche ist enttäuscht: “Uns wird ein halber Feiertag genommen”, verwies Bischof Michael Bünker darauf, dass es auch am Karfreitag-Vormittag Gottesdienste gibt. Der Präsident der evangelischen Synode, Peter Krömer, stellte unmissverständlich fest: Diese Regelung sei “inakzeptabel”.

Bünker erinnerte Dienstag in einer Aussendung an die – nicht eingehaltene – Zusage der Regierung: “Das öffentliche Versprechen von Minister Gernot Blümel, dass bei der neuen Regelung keinem etwas genommen werden soll, kann ich hier nicht erkennen.” Und es sei doch fraglich, “ob ein Freitag, der ab 14 Uhr ein Feiertag ist, überhaupt diese Bezeichnung verdient”. Für Körmer ist es “unverständlich, dass Evangelische nun einen halben Feiertag verlieren und alle anderen einen erhalten”.

Außerdem bringe der ÖVP-FPÖ-Kompromiss keine Lösung für den jüdischen Jom Kippur oder das muslimische Opferfest. “Ein garantierter freier Tag, den die anerkannten Religionsgesellschaften für ihre Mitglieder als ihren Feiertag – im religiösen Sinn – definieren können und den die jeweiligen Menschen dann in Anspruch nehmen können wäre wohl eine bessere Variante”, so Bünker.

Auch Katholiken nicht über Kompromiss erfreut

Aber auch die Katholische Kirche hat wenig Freude mit dem türkis-blauen Kompromiss. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz Peter Schipka bedauerte, dass dieser auf Kosten der evangelischen Christen im Land gehe. Diese würde “etwas Wichtiges verlieren”. Zwar werde dieser für Christen wichtige Tag aufwertet, wenn am Karfreitag ab 14 Uhr gesetzlich arbeitsfrei ist – “selbst dann, wenn die Geschäfte geöffnet haben dürfen”. Aber es sei bedauerlich, dass er für Evangelische kein ganzer Feiertag bleibe.

Zudem seien Feiertage – wie Geburtstage – “vom Wesen her immer ein ganzer Tag”, erinnerte er auch an das Urteil des EuGH. Darin werde angeregt, den gesamten Tag für alle zum Feiertag zu machen.

ÖGB und AK empört über “Viertelfeiertag”

Für die Arbeitnehmer bringe ein Karfreitags-Feiertag ab 14.00 Uhr so gut wie nichts: Viele hätten ohnehin Frühschluss und damit schon frei, und für die meisten anderen sei es dann nur ein “Viertelfeiertag”, kritisierten auch ÖGB und Arbeiterkammer am Dienstag. Auch der schwarze AK-Chef Tirols Erwin Zangerl war empört – und hielt der Regierung vor, “sarkastisch und arbeitnehmerfeindlich” zu denken und zu handeln.

“Ein Feiertag ab 14 Uhr an einem Freitag, wo ohnehin sehr viele ArbeitnehmerInnen schon zu Mittag Dienstschluss haben, ist lächerlich”, befand Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB. Das sei nicht einmal eine halbe Lösung, denn ausgehend von einem Acht-Stunden-Tag und Dienstbeginn um 8 Uhr blieben gerade einmal zwei Stunden mehr Freizeit. Wieder einmal habe sich die Regierung ihre Gesetze von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung diktieren lassen – und ihr Versprechen, dass es beim Karfreitag keine Verschlechterungen geben wird, sei offenbar “genau gar nichts wert”.

“Ein Vierteltag ist zu wenig”, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl eine “äußerst respektlose Vorgangsweise gegenüber den ArbeitnehmerInnen”. Schon jetzt hätten laut einer Umfrage knapp 40 Prozent der Arbeitnehmer am Freitag früher Schluss. Und Evangelischen, Altkatholiken und Methodisten nehme die Regierung – entgegen ihrem Versprechen – sogar einen Feiertag weg.

Der Tiroler AK-Chef Zangerl hielt der Regierung einen “weiterer Kniefall vor Wirtschaft und Industrie” vor. “Die Arbeitnehmer schauen bei dieser Regelung schon wieder durch die Finger”, kritisierte der FCG-Vertreter in einer Aussendung die Lösung als “halbe Sache”.

“Regierungspfusch” und “Augenauswischerei”: Scharfe Kritik von Opposition

Die Opposition sieht mit dem 14.00 Uhr-Feiertag das Karfreitags-Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht wirklich umgesetzt. Ein “Regierungspfusch” sei der am Dienstag verkündete ÖVP-FPÖ-Kompromiss und ein weiterer Kniefall vor der Wirtschaft, kritisierte die SPÖ. Die NEOS sehen darin eine “weltfremde” Lösung, die neue Probleme bringe. “Augenauschwischerei” betreibe Türkis-Blau befand die Liste Pilz.

“Lächerlich” ist die VP-FP-Lösung für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe versprochen, dass “niemandem etwas weggenommen werden soll”. Aber das seien “offenbar alles nur schöne Worte, die arbeitenden Menschen sind mit der Regelung wieder mal die von ÖVP und FPÖ Verratenen”. Und offensichtlich seien nur die ÖVP-Großspender zufrieden – während Handel, Gewerkschaften, Kirchen und sogar Wirtschaftskammer-Vertreter dagegen seien.

NEOS-Arbeitsmarktsprecher Gerald Loacker zeigte sich in einer Aussendung erstaunt, “wie weltfremd eine Regierung agieren kann. Was kommt als nächstes? Viertelfeiertage für jede halbe Woche in jedem Drittelmonat?” Außerdem täten sich mit dieser “typisch österreichischen Lösung” neue Probleme auf – etwa was die 14 Uhr-Regelung für Teilzeitarbeitskräfte bedeutet. Und der heimische stationäre Handel müsse mit Umsatzeinbußen rechnen.

Anders als die SPÖ und die Arbeitnehmervertreter will Loacker aber keinen ganzen Feiertag am Karfreitag – denn es sei “schlicht nicht mehr zeitgemäß, im 21. Jahrhundert neue religiös begründete Feiertage einzuführen”. Besser wäre es aus NEOS-Sicht gewesen, einzelne Feiertage in Urlaubstage umzuwandeln.

Die (Ex-Pilz)Liste Jetzt sieht den 14 Uhr-Feiertag als “Augenauswischerei”. Sozialsprecherin Daniela Holzinger verlangte eine pauschale Entschädigung für die bisher zu Unrecht vorenthaltenen Feiertagszuschläge bei Arbeit am Karfreitag.

Karfreitag – Wifo: BIP-Effekt “nur im zweistelligen Millionenbereich”

Die neue Karfreitags-Regelung wird sich nach Ansicht des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) deutlich weniger stark auf die heimische Wirtschaftsleistung auswirken, als zunächst geschätzt. So werde sich der negative Wertschöpfungseffekt “nur im zweistelligen Millionenbereich”, also unter 100 Mio. Euro, bewegen, sagte ein Wifo-Experte zur APA.

Die Produktionsausfälle werden marginal sein, es handle sich hauptsächlich um Umverteilungseffekte durch Überstundenzuschläge. Vergangene Woche war man beim Wifo noch von einem negativen Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 400 bis 600 Mio. Euro ausgegangen – allerdings unter der Annahme, dass der Karfreitag zu einem vollen, zusätzlichen Feiertag wird.

(APA/Red)

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