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Regierung beschließt Impfpflicht ab Februar

BM Wolfgang Mückstein (Grüne), Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), LH Günther Platter (ÖVP), Bgm. Michael Ludwig (SPÖ) auf dem Weg zur Pressekonferenz auf der die Impfpflicht verkündet wurde.
BM Wolfgang Mückstein (Grüne), Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), LH Günther Platter (ÖVP), Bgm. Michael Ludwig (SPÖ) auf dem Weg zur Pressekonferenz auf der die Impfpflicht verkündet wurde. ©APA
Die Bundesregierung hat am Freitag als Maßnahme gegen die dramatische Corona-Situation eine allgemeine Impfpflicht angekündigt.
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Diese soll rasch auf den Weg gebracht werden und ab 1. Februar gelten. Eine der dabei offenen Fragen ist jene der Durchsetzung bzw. welche Sanktionierung es geben könnte. Viele Juristen sprechen sich in der laufenden Diskussion für Verwaltungsstrafen aus.

Bei Verstößen gegen die Impfpflicht wird es Verwaltungsstrafen geben, Details werden dazu noch ausgearbeitet, so Kanuzler Schallenberg am Freitag in einer Pressekonferenz. Es werde jedenfalls Ausnahmen für all jene geben, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Viele Experten sehen Machbarkeit

Ex-Justizministerin Maria Berger (SPÖ) bezeichnete die "gelinderen Mittel" - wie Impfkampagne, "gutes Zureden" und Beschränkungen für Ungeimpfte - in einem "Kurier"-Interview schon am Donnerstag als ausgeschöpft. "Deshalb ist jetzt die Zeit gekommen: Es ist gerechtfertigt, eine Impfpflicht einzuführen." Dass man auch dann nicht alle Bevölkerungsteile erreichen wird, spräche nicht gegen eine solche Maßnahme, sagte Medizinrechtsexperte Karl Stöger von der Universität Wien ebenfalls am Donnerstag im Ö1-Mittagsjournal. Es gehe aber darum, dass ausreichend Menschen geimpft werden, um den Druck auf das Gesundheitssystem zu verringern.

Verwaltungsstrafen denkbar

Impfverweigerern, die nicht unter zu definierende Ausnahmeregelungen fallen, dürften wohl Sanktionen angedroht werden: Verwaltungsstrafen seien denkbar, "bei mehrfachen Vergehen könnte die Sache auch strafrechtlich relevant werden", sagte Maria Kletecka, Mitglied der Bioethikkommission, den Vorarlberger Nachrichten (Donnerstag-Ausgabe). Für den Verfassungsexperten Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck wären ebenfalls Geldstrafen möglich, die nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verhältnismäßig sein müssen. "Das dürften vielleicht ein paar Hundert Euro sein."

"Durchaus auch in einer gewichtigen Höhe, vielleicht auch, wenn man trotz einer Bestrafung der Pflicht nicht nachkommt, im Wiederholungsfalle noch einmal", meinte dazu Andreas Janko von der Johannes Kepler Universität in Linz im Mittagsjournal. "Es werden Menschen in einer gewissen Frist aufgefordert, sich impfen zu lassen. Und wenn sie dem nicht entsprechen, dann gibt es eben entsprechende Geldstrafen", so Stöger. Im "Kurier" dachte der Medizinrechtler über eine groß angelegte Aktion nach: Die Gesundheitsbehörden könnten das Melde- mit dem Impfregister abgleichen, Ungeimpfte würden eine schriftliche Aufforderung erhalten, wer dem nicht innerhalb einer Frist nachkommt, bekommt einen Strafbescheid. Eine Verwaltungsstrafe sei nicht nur "gesellschaftlich vertretbar", sondern womöglich auch eine Hilfe für Menschen, die sich wegen Drucks im sozialen Umfeld bisher nicht impfen haben lassen, meinte Maria Berger.

Gesetz muss durchs Parlament

Die rechtliche Basis etwa für das Gesundheitspersonal verortete Bußjäger im VN-Interview im Epidemiegesetz. Für eine generelle Impfpflicht hingegen sei ein Gesetz nötig, "das durch das Parlament gebracht werden muss".

Verhältnismässigkeit erreicht

Ob eine Einführung indes verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich wäre, hängt im Wesentlichen von der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ab. Die befragten Verfassungsjuristen sahen diese im Mittagsjournal vom Donnerstag angesichts der eskalierenden Coronalage gegeben: "So wie die Entwicklung der Dinge läuft und die Beurteilung durch die Fachleute, kann man annehmen, dass nun die Schwelle der Verhältnismäßigkeit erreicht ist", meinte Bernd-Christian Funk von der Sigmund Freud Privatuniversität. "Ich würde auch angesichts der jüngsten Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei einer gut gemachten und begründeten Impfpflicht gute Chancen sehen, dass das vor dem Verfassungsgerichtshof hält", so Stöger. "Man muss beachten, dass die Impfpflicht für die gegenwärtige Welle schon ziemlich spät kommt. Daher scheint es mir, als ob man sozusagen mit einer Impfpflicht bereits für eine kommende Welle Vorsorge trifft. Aber auch in diesem Fall scheint mir die Maßnahme verhältnismäßig", erklärte Bußjäger.

Der Kanzler zur Impfpflicht

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sagte, es sei trotz monatelanger Überzeugungsarbeit nicht gelungen, genug Menschen von der Impfung zu überzeugen.

Man habe daher keine andere Möglichkeit gesehen, als weitere einschränkende Maßnahmen für andere zu verordnen - "zum Schutz von uns allen". Man müsse hier den Realitäten ins Auge sehen: "Wir haben zu viele politische Kräfte in diesem Land, die vehement dagegen ankämpfen", dies sei ein "Attentat auf unser Gesundheitssystem". Die Konsequenzen seien überfüllte Intensivstationen und enormes menschliches Leid.

Kickl ortet "Diktatur"

Mit erwartungsgemäß drastischen Worten hat die FPÖ auf die neuen Maßnahmen gegen die Coronawelle reagiert - insbesondere die geplante Impfpflicht. Via Aussendung konstatierte Parteichef Herbert Kickl, der vor kurzem selbst positiv auf Covid getestet worden war: "Österreich ist mit heutigem Tag eine Diktatur!" Mit dem angekündigten "generellen Impfzwang" überschreite die türkis-grüne Bundesregierung "eine dunkelrote Linie", der Verfassungsgerichtshof (VfGH) müsse tätig werden.

"Weil die Regierung seit Beginn der Pandemie versagt hat, muss es nun die Bevölkerung mit einem verfassungswidrigen Impfzwang ausbaden", glaubt Kickl. Zuvor hatten mehrere Verfassungsexperten keine Bedenken gegen diese Maßnahme geäußert.

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(APA)

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