AA

Nationalrat taucht ins Budgetloch

Budgetloch: Fekter wird aufgefordert zu deklarieren, ob die 18,4 Milliarden ein Optimalszenario darstellen.
Budgetloch: Fekter wird aufgefordert zu deklarieren, ob die 18,4 Milliarden ein Optimalszenario darstellen. ©APA
Der Nationalrat ist am Mittwoch zu seiner ersten inhaltlichen Sitzung nach der Wahl zusammengetreten. Eigentliches Hauptthema sollten die Abhöraktivitäten des US-Geheimdienstes NSA sein, zu denen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) Erklärungen abgeben haben. Über die Hintertür kommt aber auch das sogenannte Budgetloch zum Aufruf.
"Es gibt kein Budgetloch"
Luxuspensionen werden ein Thema
RH-Präsident nicht überrascht
"So schlimm ist es auch nicht"
Koalition sieht "kein Budgetloch"

Das Budgetloch wird am Mittwoch noch einmal ausgegraben – die Freiheitlichen haben im Nationalrat eine “Dringliche Anfrage” eingebracht, in der sie bei Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) das tatsächliche Ausmaß der Budgetlücke eruieren wollen. Zudem will die FPÖ wissen, worauf wegen der Finanzprobleme verzichtet werden muss.

Darüberhinaus wollen die Grünen einen Untersuchungsausschuss beantragen, wie es dazu kommen konnte, dass plötzlich ein Konsolidierungsbedarf von rund 24 Milliarden entstanden ist.

Fix: keine Erhöhung der Familienbeihilfe

Bereits bekannt ist, dass die eigentlich zugesagte Erhöhung der Familienbeihilfe nicht kommt, was aus Sicht der Freiheitlichen zu “berechtigter Empörung” führt, sei diese Leistung doch seit 2000 nicht mehr erhöht wurden und habe so fast 30 Prozent an Wert verloren. Nun wollen Klubchef Heinz-Christian Strache und Kollegen wissen, was sonst noch droht. Fekter soll etwa bekannt geben, wie lange der angekündigte Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst dauern soll und welche Bereiche davon konkret betroffen sind.

Auch den Spekulationen bezüglich einer Verzögerung der Großbau-Projekte soll sich die Finanzministerin in der Beantwortung der “Dringlichen” widmen. Gefragt wird sie, ob die Realisierung von Koralm-, Semmering- und Brennerbasistunnel tatsächlich verschoben wird. Ganz allgemein fragt die FPÖ, welche konkreten Belastungen für die Österreicher in Aussicht genommen sind.

Lücke “kleingerechnet”

Denn die FPÖ glaubt nicht recht daran, dass das “Budgetloch” (exklusive Bankenhilfen) nur bei 18,4 Milliarden liegt, wie das die Koalition zuletzt behauptet hat. Vielmehr vermuten die Freiheitlichen, dass die Regierung hier die Lücke “kleingerechnet” habe. Insofern fragt man, auf welchen Annahmen die Berechnungen der Koalition beruhen und ob es für diese eine wissenschaftliche Grundlage gebe.

Fekter wird aufgefordert zu deklarieren, ob die 18,4 Milliarden ein Optimalszenario darstellen. Ferner soll die Ministerin eine Vermutung aufstellen, welche Folgen das “Budgetdesaster” auf die Bonität und in der Folge auf die Refinanzierungskosten Österreichs haben wird.

Grüne fordern U-Ausschuss

Gleich einen Untersuchungsausschuss in der Causa beantragen die Grünen. Sie wollen unter anderem wissen, wieso die geänderten (schlechteren) Wirtschaftsprognosen bei der Erstellung des Finanzrahmens nicht berücksichtigt wurden. Ferner fragt man sich bei den Grünen, wieso beim Finanzrahmen bestimmte Einzahlungen wie Kapitalertragssteuer überschätzt wurden, die Finanztransaktionssteuer trotz sich abzeichnender Verschiebung budgetiert wurde und Einsparungen durch Förder- und Verwaltungsreform in unrealistischer Höhe eingestellt worden seien. Untersucht werden soll auch noch die Unterschätzung der Kosten für die Bankenhilfen.

Dass all das nach grüner Einschätzung nicht versehentlich passiert ist, geht aus den zwei abschließenden Prüfwünschen hervor. Geklärt haben will man nämlich, ob die “geschönten” Budgetzahlen nur dazu gedient hätten, vor der Nationalratswahl einen soliden Haushalt “vorzugaukeln” sowie ob Regierungsmitglieder ihr Amt zur Wahlkampfhilfe missbraucht hätten.

Regierung auf Distanz zur NSA

Die Bedeutung der heimischen Nachrichtendienste für die Sicherheit Österreichs haben Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Mittwoch im Nationalrat unterstrichen. Zur US-amerikanischen NSA ging Klug deutlich auf Distanz, verteidigte aber die fallweise Kooperation. Der Opposition war das nicht bei weitem nicht genug.

Die beiden Heeresdienste und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämfung (BVT) seien im Stillen tätig, und “gerade wenn alles gut läuft, gibt es weder Lob noch Lorbeeren”, sagte Klug. Sie alle würden aber strengstens kontrolliert, und dass das Heeresnachrichtenamt (HNA) eine Filiale der NSA sei, sei schlicht eine wahrheitswidrige Anschüttung, beteuerte er.

Keine Bespitzelung “möglich”

“Ein Bespitzeln der Österreicher durchs das HNA ist keineswegs vorgesehen, nicht möglich und findet auch nicht statt”, unterstrich der Verteidigungsminister. “Wir schöpfen nicht ab, wir hängen nicht an Glasfaserkabeln”, und auch eine nachrichtendienstliche Maschinerie wie PRISM und Tempora existiere in Österreich nicht. Klugs Folgerung daraus: “Daten, die wir nicht haben, können wir auch nicht an ausländische Nachrichtendienste weitergeben.”

Natürlich brauche es aber eine Antwort auf Angriffe auf die Daten und die Privatsphäre der Bürger, betonte Klug ebenso wie Mikl-Leitner. Beide sahen dafür vor allem die EU berufen. Die Innenministerin sprach sich für die Schaffung eines gemeinsamen Datenraums (samt E-Mail-Infrastruktur und Verschlüsselungssystem) sowie für die Förderung der digitalen Wirtschaft aus. “Dann laufen wir nicht Gefahr, unsere Alarmanlagen bei einem potenziellen Einbrecher zu kaufen.”

FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache schenkte diesen Beteuerungen keinen Glauben. Es sei evident, dass es eine diskrete Kooperation mit der NSA gebe. Dies gefährde den Neutralitätsstatus Österreichs und sei abzulehnen und abzustellen.

Pilz ortet Geheimverträge

Der Grüne Peter Pilz sprach von Geheimverträgen des HNA mit der NSA. “Sie haben heute den Nationalrat in offener und öffentlicher Sitzung belogen”, warf er den beiden Regierungsmitgliedern vor und handelte sich damit einen Ordnungsruf ein. Georg Vetter (Team Stronach) forderte eine Lösung nicht durch Strafanzeigen, sondern auf internationalem Weg. NEOS-Klubobmann Matthias Strolz konstatierte Tatenlosigkeit und forderte von der Regierung Mut.

(APA/red)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Nationalrat taucht ins Budgetloch