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Nach Justiz-Kritik: Wolf treibt Kurz in die Enge

Sebastian Kurz und Armin Wolf im Interview
Sebastian Kurz und Armin Wolf im Interview ©APA / VOL.AT
Armin Wolf und Bundeskanzler Kurz diskutierten gestern im ZIB2-Interview über die Justiz-Kritik des Kanzlers. Dabei wurde Kurz im Laufe des Gesprächs immer weiter in die Enge getrieben.
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Armin Wolf konfrontierte Kurz im ZIB2-Interview, welche Belege der Kanzler habe, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft politisch einseitig agiert, besonders häufig gegen die ÖVP ermittelt und vertrauliche Akten an die Medien weitergibt.

Kurz betonte, die Verfahren dauern "teilweise" viel zu lange, dass es im "BVT" eine Hausdurchsuchung gegeben habe, die rechtswidrig war, und dass die Sozialdemokraten versucht haben, Genossen in die Justiz zu bringen und das aus der Parteizentrale zu steuern.

Daraufhin stochert Armin Wolf nach - und Bundeskanzler Kurz wird immer weiter in die Enge getrieben.

Hier ein Auszug aus dem Gespräch:

Wolf: "Die BVT-Untersuchung hat vor zwei Jahren stattgefunden, wurde vor anderthalb Jahren für unzulässig erklärt. Es gab nie ein Wort der Kritik von Ihnen, nie ein Wort - damals war aber auch der Justizminister von der ÖVP. Und das Dokument, dass Sie gerade angesprochen haben, ist von 1997, da waren Sie elf Jahre alt. Und im Justizministerium gab es in den letzten 37 Jahren genau zwei Jahre lang eine SPÖ-Justizministerin, nämlich 2008/2009. Wo sollen da rote Netzwerke herkommen?"

Kurz: "Schauen Sie Herr Wolf, wenn jemand mit 25 gepusht worden ist von der Sozialdemokratie, vor 20 Jahren in die Justiz, dann rechnen wir mal gemeinsam nach, wie alt er zwanzig Jahre später ist, dann ist er heute 45, also im besten Alter -"

Wolf: "1997 gab es keine SPÖ-Justizminister."

Kurz: "Ja schon, aber Sie glauben ja nicht, dass die Personalpolitik und die Frage, welcher Rechtspraktikant beginnt, vom Minister entschieden wird..."

Wolf: "Aber welche Richter und welche leitenden Staatsanwälte ernannt werden, das schon: Seit 12 Jahren gibt es ausschließlich ÖVP-Justizminister"

Kurz: "Ja, aber der Justizminister - erst einmal waren das in den letzten Jahren unabhängige Justizminister, die von der ÖVP nominiert waren, und zweitens: Ich weiß nicht genau, wie Sie Bescheid wissen über die Personalpolitik in den Ministerien, aber es ist Gott sei Dank nicht so, dass der Minister direkt entscheidet, wer eingestellt wird. Insofern Herr Wolf, Ihre erste Frage war, ob ich belegen kann, was ich kritisiert habe, und ich kann nur sagen: Ja ich kann es belegen. Und ich finde es gut, dass es die Debatte gegeben hat, weil heute die Aussprache ein positives Ergebnis gebracht hat -"

Wolf: "Der Beleg, den Sie gebracht haben, ist ein Dokument aus dem Jahr 1997. Jetzt habe ich schon gesagt - "

Kurz: "Und der SPÖ-Justizsprecher hat es sogar bestätigt -"

Wolf: "Dass es 1997 diese Sitzung gab, tatsächlich, vor 23 Jahren. So - Herr Bundeskanzler, jetzt hat man aber von Ihnen nie ein kritisches Wort gehört, obwohl Sie sehr sehr lang in der Regierung sind und auch schon seit zwei Jahren Bundeskanzler, aber in dem Moment, wo die ÖVP nicht mehr den Justizminister stellt, und die Staatsanwaltschaft gegen zwei ehemalige ÖVP-Finanzminister und gegen den ÖVP-nahen Chef der Bundebeteiligungsagentur ermittelt, attackieren Sie vor 40 leitenden Journalisten die Staatsanwaltschaft und werfen ihr quasi Polit-Justiz vor. Da sagt jetzt der erste Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft Walter Geyer dazu, das erinnere ihn an Silvio Berlusconi, da geht es darum Druck auf die Justiz aufzubauen, damit sanft ermittelt wird."

Kurz: "Was soll ich zu einem Berlusconi-Vergleich sagen? Ich glaube Berlusconi ist über 10 Mal in einem Strafverfahren verurteilt worden, mich jetzt mit Berlusconi zu vergleichen, halte ich für einen sehr unpassenden Vergleich. Ich halte das auch eher für eine politische Äußerung. Darum geht es aber gar nicht: Ihre Frage war, warum habe ich die Kritik jetzt geäußert: Zum Ersten, weil ich gefragt worden bin - von Journalisten und Journalistinnen, und ich habe diese Frage mit meiner Meinung beantwortet, und dabei bleibe ich auch. Und zum Zweiten ist schon in der letzten Zeit viel zusammengekommen: Das BVT ist die eine Sache, aber die Verfahren in der letzten Zeit, ja Herr Wolf, da haben Sie Recht, mich hat das durchaus emotionalisiert, dass viele Verfahren medienwirksam geführt worden sind und viele Verfahren nicht nur zu lange dauern, sondern, dass es da durchaus zu einer medialen Vorverurteilung kommt."

Wolf: "Aber es ging ja in diesem Hintergrundgespräch um die Casinos-Affäre, das Verfahren dauert überhaupt noch nicht lang. Das begann überhaupt erst im August, die Hausdurchsuchung gab es im November, es gibt elf Beschuldigte, ein ziemlich großes Verfahren - da kann man doch nicht sagen, dass es zu lange dauert?"

Kurz: "Nein, es war aber auch nicht mein Vorwurf, dass dieses Verfahren zu lange dauert. Aber wenn andere Verfahren, das Eurofighter-Verfahren acht Jahre dauert, das GAK-Verfahren über zehn Jahre, andere Verfahren noch länger - "

Wolf: "Zwölf Jahre ÖVP-Justizminister"

Kurz: "Ja, aber das macht es ja nicht besser. Ich möchte auch zu dem, was Herr Fiedler sagt noch einmal Stellung nehmen. Ich finde Einfluss auf die Justiz furchtbar in einem Rechtsstaat, ganz gleich, ob das unter einem ÖVP-Justizminister oder unter einem anderen passiert. Die Alma Zadic hat mein großes Vertrauen -"

Wolf: "Darf ich gerade zu dem, was Sie gerade gesagt haben, noch etwas sagen: Wer soll Ihnen das denn glauben? Sie sind nicht einmal zwei Jahre Bundeskanzler gewesen. Und in dieser Zeit wurden drei Verfassungsrichter bestellt. Einer davon ein ehemaliger ÖVP-Justizminister, einer der Medienanwalt der FPÖ, des Koalitionspartners, der Dritte ein schlagender Burschenschafter auf Vorschlag der FPÖ. Und Sie sagen Sie wollen keinen parteipolitischen Einfluss in die Justiz?"

Kurz: "Das System in Österreich ist so, dass die Parteien die Verfassungsrichter nominieren."

Wolf: "Aber Sie müssen keine ehemaligen ÖVP-Minister nominieren."

Kurz: "Ja, aber er ist ein hoch anerkannter Universitäts - "

Wolf: "Strafrechtler"

Kurz:"- hoch anerkannter Universitätsprofessor"

Wolf: "Für Strafrecht ..."

Kurz: "Für Strafrecht. So wie andere Rechtsanwälte auch im Verfassungsgerichtshof sind. Er ist qualifiziert und daher haben wir ihn vorgeschlagen. Jetzt wird es wahrscheinlich einen Vorschlag der Grünen geben für den Verfassungsgerichtshof. Solange die dort unabhängig entscheiden und agieren, ist die Welt in Ordnung. Dass die Verfassungsrichter von den Parteien nominiert werden, Herr Wolf, bei allem Respekt, aber das System habe nicht ich erfunden. Das ist eben gelebte Praxis."

Wolf: "Aber die Parteien können auch parteiunabhängige Kandidaten nominieren, die nicht zufällig immer genau der Farbe der Regierungsparteien entsprechen. Passiert aber nie."

Kurz: "Schon. Aber der Herr Brandstetter ist ein parteiunabhängiger Justizminister gewesen."

Wolf: "Der ÖVP."

Kurz: "Ja, irgendwen hat ja die ÖVP nominieren müssen."

Wolf: "Herr Bundeskanzler - den Medienanwalt der FPÖ? Das war der am besten geeignete Verfassungsrichter, den man finden konnte?"

Kurz: "Das war ein Vorschlag der Freiheitlichen Partei ... Jetzt wird es einen Vorschlag der Grünen geben für den Verfassungsgerichtshof, das ist zu akzeptieren -"

Wolf: "Aber möglicherweise gibt es besser qualifizierte Verfassungsrechtler, die keiner Partei angehören. Die kommen aber nie dran."

Kurz: "Ja, ich finde ja eine Diskussion über diese Prozedere sehr sinnvoll -"

Wolf: "Aber Sie könnten es doch ändern"

Kurz: "Naja - mit einer gewissen .. Möglichkeit ja. Dort, wo wir das Vorschlagsrecht haben. Ich werde zum Beispiel versuchen, wenn wir den Präsidenten des Verfassungsgerichtshof bestellen, denjenigen zu nehmen, der mir vom Bundespräsidenten, von der Kanzlerin Bierlein und von vielen anderen als der am besten Geeignete vorgeschlagen wird."

Wolf: "Aber der Posten ist ja schon seit einem halben Jahr vakant, wann wird er denn besetzt?"

Kurz: "Wir werden das zeitnah entscheiden."

Wolf: "Zeitnah heißt?"

Kurz: "Hoffentlich in den nächsten Wochen."

Zusammengefasst

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will also bei der Bestellung des neuen VfGH-Präsidenten versuchen, den von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Ex-Verfassungsgerichtshof-Chefin Brigitte Bierlein für am besten gehaltenen Kandidaten zu ernennen. Das kündigte er Montagabend in der "ZiB 2" an. Die Entscheidung werde zeitnah fallen.

Indes gab Kurz in der "ZiB 2" auch bekannt, dass das Verfahren gegen jenen Mitarbeiter, der im Mittelpunkt der Schredder-Affäre stand, eingestellt wurde. Das Verfahren sei in allen Punkten eingestellt worden, hieß es aus der ÖVP unter Berufung auf den Anwalt des Parteimitarbeiters, der Dokumente aus dem Kanzleramt von einer professionellen Firma unter falschem Namen vernichten hatte lassen.

Kritik von der Opposition

(Red. / APA)

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