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Nach Amoklauf in Graz: Diskussion um mögliche Verschärfung des Waffengesetzes

Kommt jetzt die Verschärfung des Waffengesetzes?
Kommt jetzt die Verschärfung des Waffengesetzes? ©APA
Nach dem Amoklauf in Graz hat eine Diskussion um eine mögliche Verschärfung des Waffengesetzes eingesetzt.
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte bei seinem Besuch in Graz klargestellt, die Politik werde sich "anschauen, wie es sein kann, dass ein 21-Jähriger Kurz- und Langwaffe besitzt und die Möglichkeit hat, entsprechende Munition zu kaufen und dieses Unheil anzurichten". Mit diesem Thema befasst sich am Donnerstagnachmittag auch der Nationale Sicherheitsrat.

Besitz von Waffen grundsätzlich ab 18 Jahren möglich

Derzeit ist der Besitz und Erwerb von Kategorie C-Waffen - Büchsen und Flinten - grundsätzlich ab 18 Jahren möglich, wobei eine Pflicht zur Registrierung im Zentralen Waffenregister oder bei einem Waffenhändler binnen sechs Wochen ab Erwerb bzw. Weitergabe des Gewehrs besteht. Mit sich führen darf man eine Langwaffe nur mit einem Waffenpass oder einer gültigen Jagdkarte bzw. als Mitglied eines Schützenvereins.

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Der Erwerb und Besitz von Waffen der Kategorie B - Revolver, Pistolen, Halbautomaten - ist nur mit behördlicher Bewilligung in Form einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenpasses zulässig. Zum Führen einer solchen Schusswaffe ist ein Waffenpass erforderlich.

Online-Petition für sofortiges Waffenverbot für Privatpersonen

In Reaktion auf die Amoktat in Graz ist eine Online-Petition angelaufen, die ein sofortiges Waffenverbot für Privatpersonen verlangt. Fast 48.000 Personen (Stand: 16.30 Uhr) haben den an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und die Bundesregierung gerichteten Appell bereits unterzeichnet. Rund 1,5 Millionen Schusswaffen sind in Österreich derzeit im Umlauf, für die Initiatoren wird es Interessenten viel zu leicht gemacht, sich Schusswaffen zu beschaffen.

Kritik gab es auch an den psychologischen Tests, die durchgeführt werden, um einen Waffenschein zu bekommen. Jutta Leth, Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, bezeichnete die Selbstausfüller-Fragebögen im Ö1-Mittagsjournal am Donnerstag als "problematisch". Denn jemand, der einen Plan habe und einen Waffenschein möchte, werde "wohl wach genug sein", realistisch einschätzen zu können, bei welchen Fragen er sozial angepasst antworten muss. Sie sprach sich für ein "mehrstufiges Verfahren in spezialisierten Einrichtungen mit einem multiprofessionellen Team und einen institutionellen Hintergrund" aus und forderte verstärkte Kontrollen von Menschen, die eine Waffe besitzen.

Jugendrichter für Anhebung der Altersgrenze offen

"Waffen der Kategorie B und C spielen in der Jugendkriminalität kaum eine Rolle. Wenn, dann haben wir es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Gaspistolen und Schreckschusspistolen zu tun", sagte Daniel Schmitzberger, Vorsitzender in der Fachgruppe Jugendstrafrecht in der Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter, am Donnerstag im Gespräch mit der APA.

Eine Anhebung der Altersgrenze für den Erwerb von Langwaffen auf 25 Jahre "könnte man durchaus argumentieren", meinte Schmitzberger unter Verweis auf die Verschiebung der Adoleszenz in die 20er-Jahre und damit einhergehender Adoleszenzkrisen. Das sei allerdings "eine politische Entscheidung". Allfällige Restriktionen sollte man außerdem "nicht übers Strafrecht, sondern über das Verwaltungsrecht spielen", regte Schmitzberger an.

Die Tests vor einem Waffenkauf

Für den Kauf einer Pistole oder eines halbautomatischen Gewehrs muss man einen psychologischen Test bestehen.

Regierung berät sich

Indes beraten die Regierungsparteien, ob und welche Ableitungen aus der Amoktat in Graz zu treffen sind, wobei neben der Waffengesetzgebung auch dem Opferschutz das Augenmerk gilt. Im Nationalen Sicherheitsrat sollen die Hintergründe des Amoklaufs analysiert und Maßnahmen zur Prävention erarbeitet werden, um in Zukunft ähnliche Taten zu verhindern.

"Man muss auf Prävention und psychosoziale Versorgung setzen", meinte SPÖ-Sicherheitssprecher Maximilian Köllner auf APA-Anfrage. Es gelte, die Ereignisse in Graz aufzuarbeiten und in Ruhe Vorschläge zu erarbeiten, "um das Möglichste zu tun, dass solche Gewalttaten nicht mehr vorkommen." Vorerst keine Statements gab es unter Verweis auf die laufende Staatstrauer von der ÖVP und den NEOS zum Thema Waffengesetz.

Tirols Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) meldete sich dagegen zu Wort und sprach sich gegenüber dem ORF Tirol für eine strengere Handhabe aus. Nur jene, die eine Waffe aus "beruflichen Gründen" brauchen bzw. einen "triftigen Grund" dafür haben, sollten eine Waffe besitzen und auch führen dürfen. Als Beispiel nannte sie die Exekutive, Jäger oder Sportschützen. Für alle anderen Menschen würde sie im "strengsten Fall" meinen, dass diese "überhaupt keinen Zugang zu derartigen Waffen" bräuchten. Auch wenn der Waffenbesitz mit der Kriminalitätsrate nichts zu tun habe, würde man mit einer Einschränkung nur jenen Menschen den Zugang ermöglichen, "die sich auskennen und die das auch wirklich brauchen".

FPÖ gegen Verschärfung des Waffengesetzes

Die FPÖ spricht sich gegen eine Verschärfung des bestehenden Waffengesetzes aus. Eine solche wäre "mehr eine reine Symbolpolitik als eine wirksame Maßnahme gegen Kriminalität", hieß es auf APA-Anfrage. Das Waffengesetz sei in Bezug auf Regelungen, regelmäßige Überprüfungen und strikte behördliche Kontrollen "eines der strengsten in Europa". Die Zahl der durch Legalwaffenbesitzer verursachten Straftaten sei "im Verhältnis gering, während die meisten schwerwiegenden Waffendelikte mit illegalen Waffen begangen werden". Länder wie Frankreich oder England mit sehr strikten Waffengesetzen hätten "dennoch mit schwerer Waffenkriminalität mit illegalen Schusswaffen zu kämpfen", hielt der freiheitliche Parlamentsklub in einem der APA übermittelten Statement fest.

"Es gibt keinen klaren Nachweis, dass strengere Waffengesetze automatisch zu mehr Sicherheit führen würden", meinte die FPÖ. Eine Verschärfung könne als Misstrauen und Generalverdacht gegenüber unbescholtenen Bürgern und beispielsweise als unverhältnismäßige Einschränkung ihrer legitimen persönlichen Schutz- und Verteidigungsinteressen interpretiert werden: "Das bestehende Waffengesetz bildet daher aus unserer Sicht als Kompromiss die notwendige Ausgewogenheit der unterschiedlichen Interessenslagen, die alle ihre Berechtigung haben, in diesem Bereich ab. Es ist aber leider auch so, dass kein Gesetz dieser Welt Verbrechen wie jenes in Graz gänzlich verhindern kann.

Grüne für mehr Kontrollen

"Es ist ein Problem, dass wir zu viele private Waffen haben und zu wenig kontrolliert wird, was damit passiert", sagte demgegenüber Agnes Sirkka Prammer, Sicherheitssprecherin der Grünen. Der Privatkauf von Schusswaffen, der oftmals nicht nur über registrierte Händler, sondern über Plattformen im Internet abgewickelt wird, gehöre von den Behörden besser überwacht. Dass die waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung nur einmalig beim Kauf einer Schusswaffe erforderlich ist, halten die Grünen für nicht ausreichend. "Diese Prüfung gehört regelmäßig, zumindest alle fünf Jahre wiederholt", meinte Sirkka Prammer. Im Leben eines Menschen könne sich die psychische Gesundheit verändern. Dass Jäger von der Verlässlichkeitsprüfung ausgenommen sind, hält Sirkka Prammer für verfehlt: "Nur Jäger sein allein sagt nichts über die Zuverlässigkeit aus."

Grundsätzlich gehöre evaluiert, ob die Verlässlichkeitsprüfung, die ein psychologisches Gutachten darstellt und Auskunft darüber gibt, ob die Voraussetzungen für den Erwerb, Besitz und das Führen einer Waffe vorliegen, noch am aktuellen Stand der Wissenschaft ist, betonte Sirkka Prammer. Die Grüne Sicherheitssprecherin fände es außerdem "sinnvoll", wenn man Waffen der Kategorie C erst ab 21 kaufen kann und Sportschützen ihre Waffen nach dem Gebrauch grundsätzlich im Schießstand bzw. im Vereinslokal belassen müssen und nicht mehr mit nach Hause nehmen dürfen.

"Wir als Interessenvertretung der legalen Schusswaffenbesitzer Österreichs wissen nur zu gut um die Verantwortung, die damit verbunden ist, legal Schusswaffen zu besitzen, zumal wir alle behördlich kontrolliert werden, sei es in Form der regelmäßig stattfindenden Verwahrungskontrollen oder durch psychologische Begutachtungen der Antragsteller von Waffenbesitzdokumenten", meinte Andreas Rippel, Präsident der Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich (IWÖ). Es liege nun an den zuständigen Behörden, die richtigen Schlüsse zu ziehen: "Was wir jetzt aber garantiert nicht brauchen, ist eine Diskussion um strengere Waffengesetze, nur um politische Vorstellungen durchzubringen oder um von möglichem Versagen abzulenken und politisches Kapital aus dieser Tat zu schlagen."

(APA)

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