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Mord in Frastanz: Angeklagter bekämpft Urteil nun bei Oberstem Gerichtshof

Der Angeklagte wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Der Angeklagte wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. ©Christiane Eckert
Angeklagter, der Mutter seines ungeborenen Kindes erwürgt und angezündet haben soll, bekämpft Urteil nun beim Obersten Gerichtshof.
Letzter Verhandlungstag
Lebenslang für Angeklagten
Fotos vom ersten Prozesstag

Für den eiskalten und heimtückischen Mord könne es mit einer lebenslangen Gefängnisstrafe nur eine Sanktion geben, sagte der vorsitzende Richter Martin Mitteregger am Dienstag kurz vor Mitternacht im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Feldkirch.

Sechs der acht Geschworenen sprachen den unbescholtenen Angeklagten in dem Strafprozess wegen Mordes, Brandstiftung, erzwungenen Schwangerschaftsabbruchs und Störung der Totenruhe schuldig. Demnach soll der in Liechtenstein lebende Staatsbürger der Dominikanischen Republik im November 2015 in Frastanz die von ihm im achten Monat schwangere 28-jährige Frau in deren Bett erwürgt, erstickt und danach angezündet haben. Dadurch wurde auch seine ungeborene Tochter getötet, deren Vater er offenbar nicht sein wollte. Gemeinsam mit den drei Berufsrichtern verhängten die Laienrichter über den 28-Jährigen, der die Tatvorwürfe bestreitet, die Höchststrafe von lebenslanger Haft.

Nichtigkeitsbeschwerde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidiger Martin Mennel und Thomas Raneburger meldeten sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Die Feldkircher Rechtsanwälte werden in ihrem Rechtsmittel vor allem Verfahrensmängel geltend machen. Denn eine inhaltliche Kontrolle des Urteils mit einer Schuldberufung ist nach Schöffen- und Geschworenenurteilen nicht möglich. Zumal Geschworene ihren Schuldspruch, der Wahrspruch genannt wird, nicht begründen müssen.

Als Verfahrensmängel werden die Verteidiger vor allem ihre nicht zugelassenen Beweisanträge anführen. Die Anwälte hatten für ein Bewegungsprofil ein gerichtliches Gutachten zur Datenauswertung des Smartphones des Angeklagten ebenso vergeblich beantragt wie die Zeugenaussage eines ehemaligen Polizisten. Der frühere Kriminalbeamte war im Auftrag des Angeklagten detektivisch tätig und behauptet, die Nachbarin habe von ihrem Esszimmer aus den angeblich mit seinem Auto in der Tatnacht heimkommenden Angeklagten gar nicht sehen können.

Sollten die Wiener Richter des Obersten Gerichtshofs (OGH) der Nichtigkeitsbeschwerde stattgeben, müsste in Feldkirch mit anderen Berufs- und Laienrichtern noch einmal verhandelt werden. Andernfalls würde am Oberlandesgericht Innsbruck über die Strafe rechtskräftig entschieden werden. Bleibt es bei lebenslanger Haft, könnte eine vorzeitige Haftentlassung frühes­tens nach 15 Jahren erfolgen.

Schadenersatz. Der Angeklagte wurde in Feldkirch – nicht rechtskräftig – zur Schadenersatzzahlung von rund 147.000 Euro an Familienangehörige des Opfers verurteilt. Allerdings wäre der inhaftierte Angeklagte wohl nicht in der Lage, die Zahlungen zu leisten.

Die Angehörigen des Opfers seien nach der Verhandlung erleichtert gewesen, dass endlich ein erstinstanzliches Urteil ergangen sei, teilte auf Anfrage Opferanwalt Stefan Denifl mit. Von ihnen sei eine große Anspannung gewichen. Die Mutter der Getöteten habe während der Urteilsverkündung geweint, sagte der Vertreter der Privatbeteiligten. Alle Verfahrensbeteiligten hatten zwei Jahre lang auf den Strafprozess warten müssen, in dem über eines der grausamsten Verbrechen der letzten Jahre in Vorarlberg verhandelt wurde.

Zuschauerinteresse. Die drei Verhandlungen im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts stießen auf großes Zuschauerinteresse. Mehrmals mussten Interessierte, die keinen Sitzplatz fanden, gebeten werden, aus brandschutzrechtlichen Gründen den Schwurgerichtssaal zu verlassen. Auch bei der Urteilsverkündung eine halbe Stunde vor Mitternacht waren die Zuschauerbänke gefüllt.

Der Angeklagte, der sich seit November 2015 in Untersuchungshaft befindet, bestritt sämtliche Tatvorwürfe. In dem Geschworenenprozess, in dem es weder Tatzeugen noch belas­tende Tatortspuren gab, wurde der Arbeitslose zwar nicht durch Beweise, aber durch mehrere Indizien belastet. Zwei der acht Geschworenen entschieden sich im Zweifel für Freisprüche. Um freigesprochen werden zu können, hätte der Angeklagte allerdings noch zwei Gegenstimmen benötigt.

Umsichtig geleitet hat Richter Mitteregger den dreitägigen Prozess. Er war erst spät zum Vorsitzenden bestimmt worden. Ursprünglich sollte Richterin Angelika Prechtl-Marte den Vorsitz führen. Die Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch war aber befangen, weil sie als Journalrichterin die U-Haft über den Beschuldigten verfügt hatte.

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