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Frastanzer Mordprozess: Dritter und voraussichtlich letzter Verhandlungstag

Der heutige Prozesstag soll der letzte sein.
Der heutige Prozesstag soll der letzte sein. ©Stiplovsek
Heute hoffen alle auf ein Urteil im Frastanzer Mordprozess.
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Am ersten Tag, den 22.11. wurde zwölf Stunden verhandelt. Gestern von neun Uhr morgens bis 20.30 Uhr. Heute ging es um neun Uhr weiter.

Handydaten auf dem Prüfstand

Um zehn Uhr begann der Polizeibeamte Klaus Fink vom Landeskriminalamt Vorarlberg mit der Erklärung der Handydatenauswertung. Die Daten wurden im Rahmen der forensischen Datensicherung untersucht. Es handelt sich also um digitale Spuren, die über Ein- und Ausreise über den Grenzübergang Schellenberg, das Passieren der Tankstelle in Frastanz und andere zeitliche Anknüpfungspunkte Auskunft geben sollen.

Technisch aufwendig

Der Beamte hat für die Geschworenen und das Gericht eigens einen rund zwei Meter langen Plan ausgedruckt, auf dem die Zeitstempel, die auf dem Handy des Angeklagten registriert wurden, dargestellt sind. Daraus ist beispielsweise ersichtlich, dass jemand mit dem betreffenden Handy um 0.57 bis 1.46 Uhr Pornoseiten anschaute. Oder beispielsweise, dass um 7.24 bis 7.37 Uhr auf Vol.at gegoogelt wurde nach „Lagerhaus in Flammen“. Die Staatsanwaltschaft vermutet ja, um zu recherchieren, ob man dem Angeklagten bereits auf der Spur sei.

Verteidigung kritisiert

Verteidiger Martin Mennel und Thomas Raneburger kritisieren den Beamten, glauben an unzureichende Datenauswertung und wollen wissen, ob der Polizeibeamte Sachverständiger für Telekommunikation sei. Da diese Daten ein wichtiger Teil des Beweisverfahrens darstellen, ist verständlich, dass genau diese Erörterung gründlich und kritisch erfolgt.

Angeklagter ergänzt

Nach den Ausführungen zur Telefondatenanalyse wird kurz vor  zwölf Uhr Mittags der 28-jährige Dominikaner wieder auf die Anklagebank gebeten. Er wird ergänzend einvernommen und die Verteidigung beginnt, ihre zusätzlichen Fragen zu stellen. Zunächst geht es um das Verhältnis zu dem einstigen Freund und Mitbewohner des Angeklagten. Er schildert, wie die einstigen Freunde sich distanzierten und schlussendlich keine Freunde mehr waren. Den einstigen Mitbewohner rückte der Angeklagte bei seinen Einvernahmen in den Mittelpunkt, als er andeutete, dieser hätte unter Umständen Stefanie N. getötet, um ihm eins auszuwischen.

Punkt für Punkt

Die Verteidigung geht in der ergänzenden Einvernahme Schritt für Schritt jene Punkte durch, woraus die Staatsanwaltschaft ihre Anklage befeuerte. So arbeitet Verteidiger Thomas Raneburger heraus, dass das Auto, das an der Grenze auf Video festgehalten wurde, von jedem benutzt werden konnte, der Zugang zu den Autoschlüsseln hatte. Und diese Schlüssel lagen in der Wohnung des Beschuldigten offen herum. Weiters verneint der Beschuldigte nochmals, von seinem Handy aus je Pornoseiten angeschaut zu haben. Auch hier der Schluss – dann muss es jemand anderer getan haben. Auch die finanzielle Situation des Beschuldigten wird nochmals beleuchtet.

Gut verdient

Danach verdiente der Lagerangestellte, wenn er arbeitete, rund 3500 Franken. Wenn er arbeitslos war, erhielt er angeblich rund 3000 Franken Arbeitslosengeld. Die 23.000 Franken Schulden seien somit kein Problem gewesen. Die Anklagebehörde hatte Gegenteiliges behauptet. „Es wäre für mich finanziell auch kein Problem gewesen, für ein Kind aufzukommen“, so der Angeklagte. Und auch das Verhältnis zur „Hauptbelastungszeugin“, seiner Nachbarin wird nochmals genau analysiert. Die Verteidigung setzt mit ihren akribischen Nachforschungen alles daran, die Unschuld des Mannes zu untermauern.

Verzögerungen

Im Frastanzer Mordprozess sorgten Anträge der Verteidigung immer wieder für Verzögerungen. Die Verteidigung beantragte zunächst ein Gutachten aus dem Bereich der Telekommunikation, doch der Antrag wurde abgewiesen. Um einen Beweisantrag zu beurteilen, muss sich der Berufsrichtersenat jeweils zu dritt zurückziehen und darüber beraten, ob der beantragte Beweis eingeholt wird oder nicht. Nach der Ablehnung des ersten Beweisantrages brachte Verteidiger Martin Mennel nun zwei weitere vor. Zum einen will er die Durchführung eines Lokalaugenscheines zum Beweis dafür, dass die Nachbarin des Angeklagten diesen am Morgen des vierten November nicht gesehen haben kann. Es geht um Lichtverhältnisse, Positionen und Sehkraft der Zeugin.

Weitere Zeugen

Außerdem sollen drei weitere Zeugen gehört werden. Auch dabei geht es Mennel darum, zu beweisen, dass die Angaben der bisherigen angeblichen  „Hauptbelastungszeugin“ nicht der Wahrheit entsprechen können. Das sollen drei weitere Personen belegen können. Wieder muss sich der Senat für rund eine halbe Stunde zurück ziehen, ehe er dann begründet, warum er den Beweis ablehnt oder der Aufforderung nachkommt. So zieht sich der Prozess noch mehr in die Länge. Doch die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft haben das Recht, derartige Beweisanträge zu stellen. Abgesehen von diesen notwendigen Pausen gab es bislang noch keine „freiwillige“ längere Pause.

Urteil zu später Stunde

Um knapp nach 16 Uhr gingen die Geschworenen erstmals etwas essen. Dafür wurde ihnen eine gute Stunde Zeit eingeräumt. Wenn die Schlussplädoyers um 17.30 Uhr beginnen, müssen sie sich wieder konzentrieren. Die Plädoyers werden von dem Vorsitzenden Martin Mitteregger auf rund zwei bis drei Stunden geschätzt, heißt, mit Rechtsbelehrung und Beratung dürfte es Mitternacht werden, bis ein Urteil gesprochen wird. So lange heißt es für alle, die bleiben müssen oder wollen, ausharren.

Wie lange die Laien beraten, ist ihre Entscheidung. Manchmal fällt ihr Urteil erstaunlich rasch, dann wieder dauert es etliche Stunden. Abhängig ist die Beratungszeit unter anderem von der Persönlichkeit der Geschworenen, von der Komplexität des Falles und von rechtlichen Einzelfragen. Es ist keine Seltenheit, dass Geschworenen mehr als zehn Fragen vorgelegt werden. Wann und ob es heute ein Urteil gibt, bleibt also abzuwarten.

Geschworene beraten

In den Schlussplädoyers legten sich alle noch einmal ins Zeug.  Staatsanwalt Philipp Höfle sagte, dass heute das „ausgeklügelte Lügenkonstrukt endgültig zusammen gebrochen“ sei. Dass die Verteidigung bis zuletzt versucht habe, die Hauptbelastungszeugin schlecht zu machen, das sei ein alter Trick der Verteidigung. Für Höfle gibt es ganz klar ein Motiv, warum der Angeklagte die junge Frau tötete. Auch Opferanwalt Stefan Denifl pflichtete dem bei. Die Familie des Opfers hat eine Collage mit Fotos des Opfers gebastelt. Bilder aus glücklichen Zeiten, die Stefanie N. im Urlaub und sonst an schönen Orten zeigen.

Verteidigung kontert

Doch auch die Verteidiger Thomas Raneburger und Martin Mennel haben ihre Hausaufgaben gemacht und sich noch gestern bis spät in die Nacht auf ihre Plädoyers vorbereitet. Sie sehen überhaupt kein Motiv. Es sei eine lose Beziehung für ihren Mandanten gewesen, er sei aufs Vaterwerden nicht vorbereitet und habe nicht gewusst, wie er mit der Situation umgehen solle, so Mennel. Die „Hauptbelastungszeugin“ hält er für höchst unseriös und plädiert an die Geschworenen, diese Frau kritisch zu sehen. „Machen Sie sich ein Bild von dem Fall, aber prüfen Sie es und seien Sie kritisch!“, gibt Mennel den Laien noch auf ihren schweren Weg. Der Saal war bis zuletzt voll, viele Zuseher hielten aus bis zu den Plädoyers. Das Urteil wird – so Vorsitzender Martin Mitteregger – allerdings einige Stunden brauchen.

 

Anmerkung der Redaktion: Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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