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AK-Direktor: Kassenreform ist reiner politischer Machtkampf

170 Seiten hat der Gesetzesentwurf für die Neuregelung der Krankenkassen. Die Arbeiterkammer Vorarlberg denkt eine Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof an. Wir fragen AK-Direktor Rainer Keckeis, warum.
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Die Arbeiterkammer Vorarlberg spricht von einer Entmachtung der Gebietskrankenkassen und befürchten Interessenskonflikte durch Arbeitgeber- und Pharmazievertretern im den Gremien der Gebietskrankenkassen. Der Obmann der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Manfred Brunner, will sich noch mit den Sozialpartnern über den Gesetzesentwurf abstimmen.  Und die freiheitlichen Arbeitnehmervertreter rund um Michael Koschat sprechen von einer Schwarzmalerei und Panikmache der schwarzen Arbeitnehmervertreter.

1. Deshalb will man vor das Verfassungsgericht

Wir sprachen mit AK-Direktor Rainer Keckeis über den Gesetzesentwurf und die Drohung der Arbeiterkammer, den Fall vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. “Mit diesem Gesetz demoliert die Regierung die Selbstverwaltung. Dass die Unternehmen und der Staat nun über die Angelegenheiten der Arbeiter und Angestellten bestimmen will, bringt uns dazu, diesen Weg zu gehen”, so Keckeis.

2. Einsparungen seien Humbug

Er sei nicht grundsätzlich gegen eine Reform, die Einsparung von einer Milliarde Euro sei aber reiner Humbug. “Das was die Regierung vorgelegt hat stimmt einfach nicht. In dem Gesetzesentwurf steht drin, dass nur 300 Millionen bis 2026 eingespart werden. Das ist lächerlich”, erklärt Keckeis. Diese Reform betreffe nur Arbeiter und Angestellte: Die Privilegien der Beamten, Unternehmer und Bauern blieben alle bestehen. “Im Endeffekt geht es darum, die Arbeitnehmervertreter rauszuschmeißen.”

3. Reform trifft nur Arbeiter und Angestellte, sonst keine Berufsgruppen

Auch die Verschlankung der Strukturen trifft nicht alle gleich, wie Keckeis betont: “Die Krankenfürsorge-Kassen, die es nur für bestimmte Gruppen von Beamten und Politiker gibt, bleiben beispielsweise unangetastet. Da bleibt alles bestehen und die haben die absolut besten Leistungen bei den niedrigsten Beiträgen.” Statt eine Krankenkasse für alle Berufsgruppen zu schaffen und so tatsächlich allen Bürgern die gleichen Leistungen zu garantieren, entmachte man die von den Arbeiter und Angestellten verwalteten Gebietskrankenkassen.

4. Allmächtiger Generalsekretär von Regierungs Gnaden

Es sei bei dieser Reform nie um den Patienten gegangen, sondern immer nur um parteipolitische Macht. “Die Regierung will die Arbeitnehmer-Funktionäre draußen haben und wollen Unternehmerfunktionäre an ihre Stelle setzen”, so Keckeis. Der Verwaltungsrat, dem künftig auch Vertreter der Arbeitgeber angehören sollen, werde durch den dauernden Wechsel an der Spitze handlungsunfähig, befürchtet der Arbeitnehmervertreter. Dies mache den neuen Generalsekretär der Krankenkasse zum alles entscheidenden Faktor – und dieser wird von der Regierung eingesetzt, nicht von den Versicherten.

5. Planungs- und Rücklagenhoheit als Schildbürgerstreich

Dass laut Gesundheitslandesrat Bernhard die Planungs- und Rücklagenplanungshoheit im Land bleiben, ist für Keckeis nicht nachvollziehbar. Viel mehr ist der AK-Direktor der Meinung, dass bis 2023 100 Millionen im Land fehlen werden. “Es steht im Gesetz, dass freie Rücklagen im Land bleiben und zusammen mit dem Einverständnis des Landes verwendet werden dürfen. Es gibt in Vorarlberg allerdings keine freien Rücklagen. Wir haben nur zweckgebundene Leistungsrücklagen. Das heißt, dieser Paragraf ist für Vorarlberg völlig bedeutungslos”, so der Experte. 15 Prozent des Budgets kommen künftig gar nicht mehr in Vorarlberg an, sondern werden über den Verwaltungsrat in Wien nach dessen Ermessens verteilt.

6. Was die Reform für die Patienten bedeutet

Dies würde auf lange Sicht wohl zulasten Vorarlbergs an die größeren Bundesländer verteilt, befürchtet Keckeis. Für die Patienten in Vorarlberg bedeute dies vor allem eines: Weniger Leistung. Da weniger Geld zur Verfügung stünde, gäbe es dann folgerichtig weniger Kassenärzte und damit noch längere Wartezeiten. Und der Zwist um die Kinderonkologie in Dornbirn müsse man als Vorzeichen sehen, was es bedeute wenn man aus der Bundeshauptstadt die Gesundheitspolitik im Ländle diktiert.

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