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Italiener stürmen in der Nacht offene Supermärkte

Empfehlung des Tages in Italien
Empfehlung des Tages in Italien ©APA (AFP)
Nachdem die italienische Regierung am Montagabend ein Reise- und Versammlungsverbot verhängt hat und somit das Land de facto abschottet, haben verunsicherte Italiener in der Nacht wenige offene Supermärkte gestürmt. Es bildeten sich Warteschlangen von Kunden. Unterdessen will die italienische Regierung am Mittwoch ein 10-Milliarden-Euro-Paket mit wirtschaftsfördernden Maßnahmen verabschieden.
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Inzwischen wurden Polizeikontrollen auf den Zugangsstraßen zu den Metropolen eingeführt. Autofahrer können aufgefordert werden, zu begründen, warum sie unterwegs sind. Vor allem an der Einfahrt zu Mailand wurden laut Medienberichten Autofahrer kontrolliert.

Italien im Ausnahmezustand

In Turin, Rom und Neapel konnten nur kleine Gruppen die Supermärkte betreten, wie italienische Medien berichteten. In Palermo musste die Polizei eingreifen, um Handgreiflichkeiten zwischen verärgerten Kunden in der Warteschlange vor einem Supermarkt zu verhindern. Daraufhin kündigte die Regierung an, dass es keine Engpässe bei der Lieferung von Lebensmitteln und anderen Waren gebe. Den Italienern sei es nicht verboten, das Haus zu verlassen, um einzukaufen. Es bestünde daher kein Grund, Lebensmittel zu horten.

Steuern und Rechnungen aussetzen

Die italienische Regierung plant ein Wirtschaftspaket zur Eingrenzung der negativen Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie im Wert von rund 10 Mrd. Euro. Sie will die Aussetzung von Steuerzahlungen, Strom- und Gasrechnungen für Familien beschließen. Auch die Rückzahlung von Wohnungskrediten soll vorübergehend eingefroren werden, berichtete Vize-Wirtschaftsministerin Laura Castelli im Interview mit "Rai Radiouno".

Industrieminister Stefano Patuanelli erklärte im Interview mit "Radio Capital", die Regierung sei sich bewusst, dass sie viele Opfer von den Italienern verlange. "Wir sind dazu gezwungen, weil unser Gesundheitssystem in eine Krise geraten könnte." Der Minister hatte sich selbst unter Quarantäne gestellt, nachdem einer seiner Mitarbeiter sich am Coronavirus infiziert hatte. Die zweiwöchige Quarantäne geht für den Minister am Mittwoch zu Ende.

Präsident unter Quarantäne

Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, stellte sich aufgrund eines Italienaufenthaltes am vergangenen Wochenende selbst unter Quarantäne. Die italienische Regierung hatte kurz zuvor das Schutzgebiet infolge der Ausbreitung des Coronavirus per Dekret auf das gesamte Land ausgeweitet. "Aus diesem Grund habe ich mich, nachdem ich vergangenes Wochenende in Italien war, rein vorsorglich entschlossen, die angegebenen Maßnahmen zu befolgen und meine Funktion als Präsident von meinem Wohnort in Brüssel aus auszuüben, entsprechend der im Gesundheitsprotokoll angegeben Empfehlung von 14 Tagen", teilte Sassoli mit. "COVID-19 verpflichtet jeden von uns, verantwortlich und umsichtig zu handeln. Dies ist ein heikler Moment für alle."

Chaos in Gefängnissen

Unterdessen setzten in Italien Gefängnisinsassen ihre Revolte fort. Bei heftigen Protesten in der Strafanstalt der mittelitalienischen Stadt Rieti nördlich von Rom plünderten einige Sträflinge die Krankenabteilung des Gefängnisses und nahmen Medikamente, vermutlich Methadon, ein. Drei Personen starben an einer Überdosis, fünf weitere landeten ins Spital. In Modena waren am Dienstag laut Medienangaben sieben Häftlinge gestorben, mehrere wurden schwer verletzt.

In circa 30 Gefängnissen des Landes sind seit Sonntag Revolten im Gange. Grund für die Proteste sind auch Maßnahmen gegen das Coronavirus. So wurden Besuche von Verwandten ausgesetzt. Die Insassen beklagten schlechte hygienische Zustände in den stark übervölkerten Strafanstalten.

Malta schränkt Personenverkehr ein

Malta unterbricht indes alle Verbindungen im Personenverkehr nach Italien. Die Flüge zwischen beiden Ländern würden sofort gestrichen, sagte Ministerpräsident Robert Abela. Die Fähren, die täglich zwischen Malta und Sizilien verkehren, würden nur noch zum Transport von Medizingütern und anderer Fracht genutzt, berichtete die Tageszeitung "Times of Malta".

Der Beschluss wurde gefasst, nachdem ein vierter Infektionsfall auf der Insel gemeldet wurde. Auf Malta leben 9.000 Italiener. Weitere 15.000 befinden sich aus beruflichen, oder touristischen Gründen auf der Insel. Malta ist mit seinen 490.000 Einwohnern abhängig von täglichen Importen, insbesondere von Lebensmitteln, die überwiegend aus Italien stammen. Der Beschluss, die Verbindungen im Personenverkehr nach Italien einzustellen, ist ein radikaler Kurswechsel in der Linie der Regierung Abela. Noch am Sonntag hatte sich der maltesische Regierungschef geweigert, die Flugverbindungen nach Norditalien einzustellen. "Coronavirus ist nicht die Pest", hatte der Premier betont.

Alle Informationen zum Coronavirus im VOL.AT-SPECIAL

(APA)

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