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Generation Z bringt Gemeinschaftstische zurück – und verändert damit die Gastronomie

Die Generation Z macht Gemeinschaftstische wieder populär.
Die Generation Z macht Gemeinschaftstische wieder populär. ©CANVA
Einst als Relikt der 2000er belächelt, feiern Gemeinschaftstische jetzt ein bemerkenswertes Comeback – dank der Generation Z. Warum junge Menschen heute gezielt das Gespräch mit Fremden suchen und was Restaurants daraus lernen.

Was früher als eigenwilliger Gastrotrend galt, ist heute wieder gefragt: In immer mehr Lokalen kehren große Tische ein, an denen sich fremde Gäste zusammensetzen – sogenannte Gemeinschaftstische. Die Szene erinnert an Szenelokale aus den 2000ern, doch heute steckt mehr dahinter als bloße Platzoptimierung. Es geht um Nähe, Austausch, echte Begegnung.

Zahlen, die den Wandel belegen

Eine aktuelle Analyse der Reservierungsplattform Resy zeigt deutlich, dass die Gen Z diesen Trend nicht nur akzeptiert, sondern aktiv befördert: Rund 90 Prozent der Befragten zwischen 18 und 28 Jahren bevorzugen gemeinsames Sitzen mit Unbekannten. Zum Vergleich: Nur etwa 60 Prozent der Babyboomer können dem Konzept etwas abgewinnen.

Noch aufschlussreicher ist die soziale Dimension: 63 Prozent der jungen Nutzer sehen den Gemeinschaftstisch als ideale Gelegenheit, um neue Menschen kennenzulernen. Jeder Zweite kam dabei ins Gespräch mit Personen, mit denen er oder sie im Alltag wohl nie interagiert hätte. Ein Drittel berichtete sogar von neu geschlossenen Freundschaften – und immerhin jeder Siebte von einem romantischen ersten Treffen.

Die Sehnsucht nach dem Analogen

Doch was macht gerade diese Sitzform für eine digital sozialisierte Generation so attraktiv? Michael Della Penna, Strategiechef beim Marketingunternehmen InMarket, bringt es im Gespräch mit Business Insider auf den Punkt: „Gemeinschaftstische bieten einen sozialen Puffer.“ In einer Welt, in der vieles virtuell abläuft, wächst die Sehnsucht nach echten Kontakten. Gerade die Gen Z, aufgewachsen mit Smartphone und Social Media, leidet laut Studien zunehmend unter Einsamkeit. Der analoge Austausch wird damit zum Gegengewicht zum digitalen Dauerrauschen.

Auch in der Gastronomie bleibt das nicht unbemerkt. Ashley Mitchell von der Restaurantkette East Coast Wings + Grill beobachtet einen klaren Wandel im Verhalten ihrer jungen Gäste: „Sie sind mit dem Internet groß geworden – aber sie sehnen sich nach echten Verbindungen. Unsere Lokale werden wieder zu Treffpunkten.“

Nicht nur ein Tisch – ein soziales Statement

Der lange Tisch wird dabei zur Bühne für neue gesellschaftliche Dynamiken. Offenheit, Spontanität, aber auch die Bereitschaft, sich auf Unbekanntes einzulassen, prägen die neue Esskultur. Allerdings trifft das nicht auf alle Geschmäcker. Manche Gäste empfinden das zwanglose Miteinander als Störung ihrer Privatsphäre. Diese Ambivalenz – zwischen Sehnsucht nach Austausch und Bedürfnis nach Rückzug – macht den Trend so spannend.

Die Generation Z macht Gemeinschaftstische wieder populär. ©CANVA

Mehr als nur Sitzen: Retro mit neuer Bedeutung

Der Gemeinschaftstisch ist nicht der einzige Trend, den die Gen Z aus der Mottenkiste hebt – und neu interpretiert:

  • Supper Clubs & Dinner-Partys: Kleine, stilvoll inszenierte Abendessen im privaten Rahmen erleben ein Revival. Es wird nicht nur gegessen, sondern auch bewusst kommuniziert und genetzwerkt.
  • Solo-Dining: Allein essen – aber nicht aus Verlegenheit, sondern als Akt der Selbstfürsorge. Für viele ein bewusstes Ritual, um zur Ruhe zu kommen: „Mein Self-Care-Date“, wie es eine Befragte nennt.
  • Unkonventionelle Tischmanieren: Starre Etikette war gestern. Regeln wie „nicht mit Ellbogen am Tisch“ oder „erst essen, wenn alle serviert sind“ werden hinterfragt – und teils über Bord geworfen. Gemeinschaft und Komfort stehen im Vordergrund.
  • Wertebasiertes Essen: Ernährung wird zum Ausdruck von Haltung. Über 70 Prozent der Gen Z legen laut Studien Wert auf Nachhaltigkeit beim Essen. 65 Prozent sagen, ihre Ernährung beeinflusse auch ihr mentales Wohlbefinden.

Mehr als ein Revival – ein Kulturwandel

Was auf den ersten Blick wie eine nostalgische Laune wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Ausdruck eines tieferliegenden Bedürfnisses: Die Generation Z sucht nach echten Begegnungen, sozialen Ritualen und verbindenden Momenten. In einer Zeit der Hypervernetzung wird gerade das Analoge wieder wertvoll. Der lange Tisch steht sinnbildlich dafür.

(VOL.AT)

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