Düstere Prognose nach Hochwasser-Katastrophe in NÖ: "Wiederaufbau dauert Jahre"

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geht nach der Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Regionen "nicht Tage, Wochen oder Monate, sondern Jahre dauern" werde. Sie bezeichnete dafür am Donnerstag einen "nationalen Schulterschluss" als notwendig. Die Aufräumarbeiten würden den damit Beschäftigten alles abverlangen.
Das Land bietet ab sofort einen Versicherungsschutz für freiwillige Helferinnen und Helfer in Niederösterreich an. Menschen, die eine ehrenamtliche Tätigkeit außerhalb von Vereinen ausüben, "sind ab heute automatisch und kostenlos versichert", teilte Mikl-Leitner mit. Das landesweite Versicherungsprodukt, das nach einer Ausschreibung bei der Niederösterreichischen Versicherung beauftragt wurde, bestehe aus einer Haftpflicht-, Rechtsschutz- und Unfallversicherung, informierte der Landespressedienst in einer Aussendung.
Nie da gewesenes Hochwasser-Ereignis in Niederösterreich
"Ein Hochwasser-Ereignis, das in dieser Dimension flächenhaft das ganze Land überflutet, hat es bisher noch nie gegeben", erklärte Niederösterreichs LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Donnerstag. Er verwies auf 800 Schutzprojekte, die seit 2002 umgesetzt worden seien, sich bewährt und in vielen Fällen massive Schäden und großes Leid verhindert hätten. Klar sei: "Hundertprozentigen Schutz kann und wird es nie geben."
In Fahrafeld im Triestingtal seien riesige Wassermassen durch neue Rückhaltebecken abgefangen worden, das untere Kamptal habe gehalten, Hofstetten-Grünau (Bezirk St. Pölten) habe sich bewährt, "aber auch viele kleinere Becken und Bachaufweitungen haben geholfen", so Pernkopf. Dazu kämen die massiven Schutzausbauten an im Jahr 2002 noch meterhoch überschwemmten Donaugemeinden. Bis 2040 werde eine weitere Milliarde Euro investiert.
Hochwasserschutzanlagen würden heute auch "ganz anders gebaut als noch vor Jahren und Jahrzehnten", erläuterte der Landesvize. Er sprach von einem Mix aus Mauern, mobilen Elementen und Retentionsräumen. Ein Drittel der Mittel fließe in Wasserrückhaltemaßnahmen. Dämme würden mit Überstrompassagen geplant und gebaut, damit es nicht zu Dammbrüchen kommen könne. Zudem seien auch die Prognose-Systeme im Land massiv ausgebaut worden.
300 Häuser weiterhin evakuiert, Gebiete nicht erreichbar
Der Schwerpunkt der Einsätze ist am Donnerstag weiterhin im Tullnerfeld und Pielachtal gelegen, teilte Pernkopf in seiner Funktion als Einsatzleiter des Landesführungsstabs mit. Kritisch seien die vielen Hangrutschungen und Vermurungen. In etwa 40 Gemeinden müsse die Sicherheit der Hänge abklärt werden. "Dazu wurde die Anzahl der geologischen Sachverständigen massiv aufgestockt", so Pernkopf.
Dem Landesvize zufolge waren weiterhin etwa 300 Objekte evakuiert, der Höchststand hatte fast 1.400 betragen. Zehn Ortschaften bzw. Gebiete waren noch immer nicht erreichbar. Die Zahl der Dammbrüche blieb mit 20 unverändert. Dämme mussten auch an der Leitha gesichert werden.
Zahlreiche Menschenrettungen per Hubschrauber
Die Messehalle Tulln wurde am Donnerstag nicht mehr als Ausweichquartier benötigt. Die höchste Belegung dort bezifferte Pernkopf mit 658 Personen, 22 Hunden, 15 Katzen sowie drei Kleintieren. 117 Personen wurden mit Hubschraubern gerettet.
Sanierung von Damm angekündigt
An der Perschling hat ein gebrochener Damm für Überflutungen im Tullnerfeld gesorgt. Pernkopf sagte auf APA-Anfrage, dass der Damm sofort saniert werde. Das Bundesheer lege eine rund 250 Meter lange Faltstraße auf, um schweres Gerät einsetzen zu können. "Dann starten unmittelbar die Bauarbeiten, die behördlich angeordnet werden", so der Landesvize. In Zusammenarbeit von Feuerwehr, Bundesheer und Spezialfirmen werden Spundwände auf einer Länge von 200 Metern in den Boden gerammt und von hinten mit "Big Bags" abgestützt. Danach soll das Loch trockengelegt, gestopft und der gesamte Damm stabilisiert und saniert werden. "Artenschutz endet dort, wo der Menschenschutz anfängt", betonte Pernkopf in der Diskussion um eine durch die Donau-Kahnschnecke verzögerte Damm-Sanierung.
(APA/Red)
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