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Durchbruch im Schuldenstreit: Eurogruppe einigt sich mit Griechenland

Durchbruch im Schuldendrama: Hilfsprogramm um 4 Monate verlängert
Durchbruch im Schuldendrama: Hilfsprogramm um 4 Monate verlängert ©EPA
Knapp vier Wochen nach dem historischen Machtwechsel in Athen haben die Griechen und die Europartner über Finanzhilfen für das Krisenland gestritten. Am Freitagabend dann der Durchbruch. Das Hilfsprogramm wird um vier Monate verlängert, am Montagabend muss Athen allerdings noch eine Liste von nachhaltigen Vorschlägen vorlegen.
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Nach komplizierten Verhandlungen verständigten sich Athen und die übrigen 18 Euroländer am Freitag auf eine viermonatige Verlängerung des eigentlich Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms. Im Gegenzug verpflichtete sich die griechische Regierung unter Alexis Tsipras, die Reformen fortzusetzen.

Reformvorschläge: Bis Montagabend muss Athen liefern

Athen bekräftige, das Hilfsprogramm bis zum 30. Juni inklusive der Spar- und Reformauflagen erfolgreich abschließen zu wollen, hieß es nach einer Sondersitzung der Euro-Finanzminister in Brüssel. Die Festlegung auf die zukünftigen Reformschritte solle am Montag erfolgen. Ohne eine solche Vereinbarung hätte Griechenland in Kürze eine Staatspleite gedroht. Die Tsipras-Regierung hatte sich bis zuletzt beharrlich geweigert, im Gegenzug zu Finanzhilfen weiter Spar- und Reformauflagen zu akzeptieren.

Griechen stehen EFSF-Anleihen weiter zur Verfügung

Die Euro-Gruppe habe zudem entschieden, dass milliardenschwere EFSF-Anleihen zur Rekapitalisierung griechischer Banken während der Zeit der Verlängerung weiter zur Verfügung stehen sollen. Die vier Monate sollten genutzt werden, um über das weitere Verfahren mit Griechenland zu verhandeln.

Telefonkonferenz der Eurogruppe am Dienstag

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat zur Einigung mit Griechenland über eine Verlängerung des Hilfsprogramms Freitagabend in Brüssel erklärt, dass Athen bis Montagabend eine Liste von nachhaltigen Vorschlägen noch vorlegen müsse. Diese würden geprüft und am Dienstag sollte die Eurogruppe in einer Telefonkonferenz grünes Licht geben.

Grexit für Schelling vom Tisch

Er gehe davon aus, dass die Gefahr eines Grexit – eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone – vom Tisch sei, “wenn nicht Montagabend die Institutionen zum Schluss kommen, dass sie Nein zur neuen Liste sagen, dann würde die Eurogruppe sofort wieder zusammentreten. Aber ich glaube, dass das vom Tisch ist”.

“Institutionen” laufend bei Überprüfung involviert

Das nun verlängerte Programm werde nicht nur nach vier Monaten wieder diskutiert werden, sondern auch bereits Ende Februar und im April. Die “Intention der Verlängerung ist nicht, das Programm auf unendlich zu verlängern, sondern zu nutzen, um möglicherweise ein neues Programm zu entwickeln”. Ohne die Troika namentlich zu nennen, werden “die Institutionen” – das sind EZB, IWF und EU-Kommission – “laufend bei der Überprüfung involviert”. Der erste Termin ist Ende Februar, wo die Liste nochmals überprüft wird.

Dijsselbloem: “Wichtiger Schritt in die richtige Richtung”

Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem betonte, der erste Schritt des Verfahrens bestehe darin, dass die griechische Regierung an diesem Montag eine erste Liste der Reformziele vorlegen solle. Die “Institutionen” (vormals Troika) – gemeint sind die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) – würden dann eine erste Einschätzung abgeben, ob dies ein Ausgangspunkt sei, um die Kontrolle des Hilfsprogramms am Ende erfolgreich abzuschließen. Die Liste werde dann um Details ergänzt.

Folgevereinbarung möglich

Dijsselbloem sagte, möglich sei wohl auch eine Folgevereinbarung für Griechenland, in der der IWF als wesentlicher Geldgeber Athens “auch weiterhin seine Rolle spielen” werde. “Das ist ein sehr positives Ergebnis”, fasste der Niederländer zusammen. Er sprach von Vertrauen auf Grundlage von Vereinbarungen. “Heute abend war ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung,” so Dijsselbloem. Es habe den ersten Schritt gegeben, um wieder Vertrauen aufzubauen.

IWF-Chefin Christine Lagarde, EU-Währungskommissar Pierre Moscovici und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bei einer Pressekonferenz nach der Sondersitzung in Brüssel. Foto: EPA
IWF-Chefin Christine Lagarde, EU-Währungskommissar Pierre Moscovici und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bei einer Pressekonferenz nach der Sondersitzung in Brüssel. Foto: EPA ©IWF-Chefin Christine Lagarde, EU-Währungskommissar Pierre Moscovici und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bei einer Pressekonferenz nach der Sondersitzung in Brüssel. Foto: EPA

Lagarde: Die Arbeit kann beginnen

“Wir betrachten es als eine Reihe an Etappen und Zeitleisten, entlang derer Arbeit erledigt sein muss. Wir sind sehr froh, dass die Arbeit jetzt beginnen kann”, sagte indes die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde. Die IWF-Chefin forderte alle Beteiligten auf, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Das Ergebnis sei hoffentlich umfassend und werde vielleicht zu noch mehr führen. Zunächst müsse am Montag die Reformliste Athens vorliegen, am Dienstag werde sie überprüft. Bis April müssten sich dann alle Beteiligten auf die endgültige Reformliste verpflichten. “Wir alle müsse vorsichtig sein und uns die finanzielle Situation genau vor Augen führen.”

Moscovici: Einigung im Interesse ganz Europas

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte, die Einigung sei nicht nur im Interesse Griechenlands, sondern ganz Europas. Moscovici sprach von ausgewogenen Vereinbarungen. Sie ermöglichten es Athen, eigene Ziele umzusetzen, aber auch Verpflichtungen einzuhalten.

Positiv auf die Einigung reagierte der Eurokurs. Die Gemeinschaftswährung sprang auf den höchsten Stand des Tages und erreichte 1,1430 US-Dollar.

“Griechen mussten schwere Kost schlucken”

In Verhandlungskreisen hieß es zuvor, die Griechen hätten “schwere Kost schlucken” müssen. Dijsselbloem habe den Griechen einen Entwurf der Eurogruppe vorgelegt, in dem die Forderungen der anderen 18 Euroländer zusammengefasst seien. Dann habe er den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras angerufen und gesagt: “Das oder es ist Schluss”.

Die Verhandlungen hatten zuvor ohne sichtbare Kompromissbereitschaft begonnen. Finanzminister Gianis Varoufakis hatte vor Beginn des Treffens Korrekturen am Antrag für eine Verlängerung der Finanzhilfen abgelehnt und Entgegenkommen der Partner verlangt. Deutschland und andere Euro-Länder hielten die Zugeständnisse der Links-Rechts-Regierung weiter für unzureichend. (dpa/APA/red)

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