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"Die Zwerge von Vorarlberg": SPÖ erstmals seit 1945 einstellig

Historische Schlappe der SPÖ: Wohin führt der Weg von Michael Ritsch?
Historische Schlappe der SPÖ: Wohin führt der Weg von Michael Ritsch? ©VOL.AT
Wahrlich zum Zwerg wurde die SPÖ in Vorarlberg mit der Vorarlberger Landtagswahl 2014. Sie bescherte der Sozialdemokratie das erste einstellige Ergebnis einer Bundes- oder Landeswahl in der Zweiten Republik. Spitzenkandidat Michael Ritsch verlor sogar in seiner Heimatstadt Bregenz - einst die rote Hochburg des Landes.
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Selbst bei der vorigen Nationalrats- und der EU-Wahl hatte sich die SPÖ in Vorarlberg noch über zehn Prozent gehalten. Die einstige SPÖ-Hochburg Bregenz verdient diesen Namen mit der Landtagswahl 2014 nicht mehr: In der Heimatstadt von Landesparteivorsitzendem Michael Ritsch rutschten die Sozialdemokraten mit 18,99 Prozent hinter die Grünen (19,79 Prozent) und sind damit nur mehr viertstärkste Partei in der Landeshauptstadt.

Muss Ritsch den Hut nehmen oder nicht?

Wohin Ritschs Weg nun führt, bleibt abzuwarten. Das historisch schlechteste Ergebnis einer SPÖ-Landespartei hat er 2009 politisch noch überlebt, dass man nun als vermeintlich staatstragende Partei erstmals bei einer bedeutsameren Wahl einstellig wurde, ist kein Versprechen für die Zukunft, auch wenn bei den “Ländle”-Roten weit und breit keine Alternative zu Ritsch in Sicht ist.

Der ist ein echtes Polit-Gewächs. Ausgebildet als Gendarm heuerte Ritsch schon früh bei der Gewerkschaft an. Sein politisches Talent war rasch erkannt, umso mehr, als er bei der Gemeinderatswahl 2005 der ÖVP beinahe den Bürgermeister-Posten in Bregenz abgeluchst hätte.

Für Ritsch stellt sich nun die Frage, was tun – die SPÖ konnte er im Land nicht einmal zu gerade noch akzeptablen Regionen führen, und das heutige Ergebnis ist auch keine Empfehlung, es nächstes Jahr in Bregenz ein drittes Mal als Bürgermeister-Kandidat zu versuchen.

Keine große Freundschaft mit der Bundes-SPÖ

Wem Ritsch wohl nicht abgehen würde, ist die Bundespartei. Seine Querschüsse gegen die Sozialdemokraten im Bund hat man ihm im Kanzleramt ebenso wenig verziehen wie dass die “Ländle”-Roten als einzige Landespartei gegen den Koalitionspakt mit der ÖVP stimmten, und das, obwohl sich Parteichef Werner Faymann extra ins kleine Vorarlberg begeben hatte, um die örtlichen Genossen von der rot-schwarzen Neuauflage zu überzeugen.

SPÖ-Darabos: “Wir sind nicht zufrieden”

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat sich am Sonntag angesichts der Hochrechnungen für die Vorarlberger Landtagswahl dann auch unzufrieden mit dem Abschneiden der Ländle-Sozialdemokraten gezeigt. Er vermisste den “Transmissionsriemen” bei der Übertragung der SP-Inhalte an die Wähler und sprach von einem “schmerzlichen Ergebnis”. Den Gartenzwerge-Wahlkampf seiner Partei verurteilte er nicht.

“Wir sind nicht zufrieden. Das wäre gelogen, wenn ich jetzt behaupten würde, dass wir zufrieden sind”, sagte er gegenüber dem ORF-Radio Ö1 angesichts des prognostizierten Absturzes unter die Zehnprozentmarke. Er sah das Ergebnis in Verantwortung der Landespartei, gestand SP-Spitzenkandidat Michael Ritsch aber zu, seine “Coolmen” mit Inhalten verknüpft zu haben. Die SPÖ habe in Vorarlberg jedenfalls schon immer einen schweren Stand gehabt, so Darabos.

Faymann steht zu Ritsch

SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann hat trotz des Verlusts seinem Landesparteichef Michael Ritsch das Vertrauen ausgesprochen. “Das entscheidet die Landespartei, aber ich stehe zu ihm”, sagte er am Sonntagabend. “Ein Minus ist immer unangenehm”, so Faymann zum Wahlergebnis, “man wünscht sich bei einer Wahl ein Plus.” Es sei mit einer zusätzlich antretenden Partei allerdings keine leichte Ausgangssituation gewesen.

Die Landespartei selbst entscheide, wie nun weiter vorzugehen sei. Er sei überzeugt, dass Ritsch die richtigen Schlüsse ziehe und die Aufbauarbeit vorantreibe. Es gebe nur ein Rezept, und das sei harte politische Arbeit.

SPÖ im Ländle nie stark, aber nie so schwach

Der Westen ist traditionell ein schlechtes Pflaster für die SPÖ. In Vorarlberg kam sie nie über die 30-Prozent-Hürde, 29,54 Prozent waren das beste Ergebnis, das die Roten schafften – und das vor genau 50 Jahren.

Die zehn schlechtesten Landtagswahl-Ergebnisse verzeichnete die SPÖ ausnahmslos in Vorarlberg und im benachbarten Tirol, wobei Vorarlberg mit den heutigen Ergebnis, den gerade noch 10,02 Prozent der vorigen Wahl und 12,99 Prozent aus 1999 für die drei schwächsten steht. Tirol steuert mit den 13,72 Prozent des Vorjahres das bisher viert-schlechteste bei.

Westen kein gutes Pflaster für SPÖ

Auch bei den Nationalratswahlen trug der Westen wenig bei. Aber bei den Bundeswahlen kam die SPÖ sowohl in Tirol als auch in Vorarlberg bisher immerhin noch über die Zehner-Marke – wenngleich das in Vorarlberg bei der EU-Wahl im heurigen Mai mit 10,64 Prozent nur mehr knapp der Fall war. Bei der Nationalratswahl im vorigen Herbst kam die SPÖ dort immerhin noch auf 13,14 Prozent.

Knapp über zehn Prozent – mit rund 10,8 Prozent – hielt sich die SPÖ auch bei den Gemeinderatswahlen in Vorarlberg im Jahr 2010. Sie stehen nächstes Jahr am Plan, da wird sich zeigen, ob die SPÖ auch in den Gemeindestuben nur mehr einstellig ist. (red/APA)

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