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Die Wunderläufer - Der Armut davonlaufen

Für viele Kenianer ist der Laufsport die einzige Möglichkeit um der Armut zu entkommen.
Für viele Kenianer ist der Laufsport die einzige Möglichkeit um der Armut zu entkommen. ©Johannes Riedmann
Für viele Kenianer ist Sport und im Speziellen der Laufsport die einzige Möglichkeit um der Armut zu entkommen.
Johannes Riedmann in Kenia II.
NEU

Ein paar Zahlen vorweg:

  • 50% der Bevölkerung Kenias lebt unterhalb der Armutsgrenze
  • 40% der Bevölkerung ist arbeitslos
  • 75% sind in der Landwirtschaft tätig, viele sind Selbstversorger
  • 15% der über 15-jährigen Kenianer können weder lesen noch schreiben
  • Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 48 Jahre!

 

Eine Chance, um aus diesen Verhältnissen heraus zu kommen ist der Laufsport. Man braucht keine teuren Geräte, kann einfach loslegen. Der Armut davon laufen.

In Kenia werden bisweilen noch Träume wahr. Im Marathoncamp in dem ich vorgestern angekommen bin, ist Platz für etwa 30 Läufer. Etwa 20 Männer und 10 Frauen. Die Sponsorengelder des Projektes reichen derzeit jährlich für etwa 15 Plätze nach Europa. Schafft man die Qualifikation und hält den harten Läufen in Europa stand, so hat man nach einigen Jahren genug Geld auf der Seite, um seine Familie zu ernähren und ein Haus zu bauen.

Konkurrenzkampf

Bevor ich im Marathoncamp ankam und von diesen Hintergründen gehört hatte, habe ich mir einen Ort vorgestellt, in dem 30 Einzelkämpfer mit viel Ellenbogentechnik den Sprung in ein besseres Leben schaffen wollen. Der Wortlaut des letzten Satzes lässt schon anmuten, dass dies aber nicht der Fall ist. Ich frage zwei Läufer provokant, wer von den beiden denn der Bessere sei, um heraus hören zu können, wie stark eben dieser Konkurrenzkampf  zwischen den Athleten sein könnte. Sie antworten: “Wir haben beide schon wichtige Rennen gewonnen. Aber ohne ihn, bin ich nicht halb so gut – denn ich helfe ihm hoch wenn er unten ist und weiß, dass er das Selbe bei mir machen wird. So kommen wir über die Runden. Schließlich müssen wir viele Jahre durchhalten bis wir ganz nach oben kommen und Weltrekorde laufen können”. 

Wow! Ich staune über ihre Antwort (die ich genial finde!) und ich vergesse meine erste Vermutung mit der Ellenbogentechnik ganz schnell wieder. Nach dem Frühstück treffen wir uns um etwa 9:30 Uhr auf der Laufbahn, das heißt auf einer gemähten Wiese, hinter einem Kindergarten. Der Trainer teilt die Athleten nach ein paar Lauftechnik-Übungen zu verschiedenen Kleingruppen ein. Es steht Zirkeltraining auf dem Plan. Zirkeltraining in der brühenden Hitze. Es sind etwa 12 Stationen, je 2 Minuten – zwei Sätze. Ich bin mir bei so einer Trainingsankündigung in unseren Breitengraden über die Stimmung sicher und auch die kenianischen Athleten kommen hier sehr an ihre Grenzen. Die lockere Athmosphäre dieser Einheit, motiviert einen trotz brennenden Muskeln für mehr. Wenn einer der Athleten nicht mehr kann werden entweder Witze gerissen oder seine Freunde motivieren ihn nochmal ordentlich. Es wird viel gelacht. Allgemein gefällt mir hier ganz besonders wie sich trotz der Trainingshärte alle um einander kümmern. Das spiegelt sich in Allem wider. Gewinnt einer der Läufer eine Siegesprämie in Europa, so gehen 30% der Einnahmen wieder zurück in das Projekt, um den Nachwuchs zu motivieren. Den Rest kann er für sich und seine Familie verwenden. Zu Laufen ist wirklich ihr Leben, sie tun es fürs Leben gerne und gleichzeitig fürs Überleben. Ein spannender Job! 

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