Das sagen Kogler und Schallenberg zum Nehammer-Video

"Diese Aussagen waren natürlich schon weit weg von den Lebensrealitäten dieser Frauen", sagte Kogler am Freitag vor Journalistinnen und Journalisten in Wien. Gleichwohl lobte er die, wie er betonte, Regierungsarbeit bei der Armutsbekämpfung.
Nehammer-Video: Kogler spricht von "unachtsamen Aussagen, manche sagen: Parolen"
"Jahrzehntelang wurde darüber geredet, diese Regierung hat es gemacht", so Kogler und verwies etwa auf Steuerentlastungsmaßnahmen. "Da haben wir immer die unteren Einkommen stärker adressiert, da war keine Gießkanne." Wichtig sei der weitere Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten.
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zum Video
Ähnlich auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei einer Pressekonferenz. Die Regierung habe mehr für armutsbetroffene Menschen gemacht als alle Bundesregierungen der Republik davor - von der Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrags über die zusätzlichen 60 Euro Kinderzuschuss monatlich für einkommensschwache Haushalte bis zur Extra-Familienbeihilfe. Der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in Österreich sei von der Kanzlerschaft Christian Kerns (SPÖ) bis heute praktisch gleichgeblieben bzw. sogar leicht gesunken. "Aber wer hat damals davon gesprochen, wie es mit warmen Mahlzeiten bei den Kindern ist?"
Schallenberg bezeichnet Nehammer-Aussagen als "Sturm im Wasserglas"
Von einem "Sturm im Wasserglas" sprach Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). "Ich muss bitten, auf die Sprache zu achten. Von humanitärer Krise zu sprechen, ist völlig überzogen." In der Ukraine würden täglich Menschen sterben, "wir haben Äthiopien, die Sahel-Zone - da reden wir tatsächlich von einer humanitären Krise?" Ja, es gebe Probleme und Herausforderungen, aber Stimmungen zu erzeugen, "als wären wir mit dem Rücken zur Wand, halte ich für verfehlt", so Schallenberg am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vizekanzler. Leistung müsse zählen sowie Eigenverantwortung - und ein Blick über den Tellerrand sei wichtig, um zu sehen, was "wirklich eine humanitäre Krise" sei.
SPÖ weist "Unwahrheiten" von ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zurück
Der ÖVP "steht das Wasser bis zum Hals", reagierte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder auf die "Unwahrheiten" Stockers. Das Video sei bei einer ÖVP-Veranstaltung mit "handverlesenem Publikum" aufgenommen worden. "Die ÖVP ist intern offenbar so zerrissen, dass kompromittierende Videos angefertigt und pünktlich zum Start der türkisen Herbstkampagne an die Öffentlichkeit gespielt werden", so Breiteneder.
FPÖ sieht Rücktritt des Kanzlers als unabdingbar
Für die FPÖ ist ein Rücktritt des Kanzlers samt Neuwahlen unabdingbar. Das Video zeige Nehammers "tiefsten Hass gegen die eigene Bevölkerung", meinte Generalsekretär Michael Schnedlitz bei einer Pressekonferenz. Es gebe nichts Abscheulicheres als einen Menschen, der sich über armutsbetroffene Familien und Kinder lustig mache. "Jetzt stellen Sie sich vor, das macht nicht irgendein selbstherrlicher, moralisch verwahrloster Großkotz, sondern der Bundeskanzler."
Schnedlitz verstehe Unterschied zum Ibiza-Video
Er verstehe schon den Unterschied zum Ibiza-Video, so Schnedlitz. Dieses sei von Journalisten und Medien verbreitet worden - Nehammers Aussagen dagegen nicht. Aber: "Ist es harmloser, als wenn zwei Angesoffene im Urlaub über die Kronenzeitung herziehen, wenn man über die eigene Bevölkerung herzieht?" Die Verbreiter des Videos ortete Schnedlitz im Umfeld von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Niemand könne davon ausgehen, dass das Team um Neo-SPÖ-Chef Andreas Babler dazu in der Lage sei.
Sorgen machte sich Schnedlitz wegen des Verweises des Kanzlers auf Hamburger als billigste warme Mahlzeit. Wer Kinder zum Fastfood dränge, müsse auch die Folgen wie Diabetes und Kreislauferkrankungen sehen. "Unsere Kinder müssen uns doch mehr wert sein als ein billiger labordesignter Industriefraß." Nehammer verortete er auf einer Ebene mit Marie-Antoinette - während der französischen Ex-Königin die Worte "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen" nur in den Mund gelegt worden seien, habe 234 Jahre später ein realer Herrscher diesen Satz mit Leben erfüllt - "nur nicht mit Kuchen, sondern mit Burgern.
Gegenprogramm der SPÖ
In der SPÖ setzt man unterdessen auf ein Gegenprogramm: Im Gemeinderat von Traiskirchen (NÖ), wo Babler Bürgermeister ist, soll am Freitag die Einrichtung einer "Volxküche" beschlossen werden, die im Vollbetrieb ab kommendem Jahr täglich mehr als 800 frisch gekochte, gesunde Mahlzeiten für die Kinderbetreuungseinrichtungen der Stadt liefern soll. Die finanziell schwächsten Haushalte sollen das Essen gratis bekommen, für andere gibt es je nach Einkommen Ermäßigungen, hieß es in einer Aussendung. "Jedes Kind soll eine frische, warme Mahlzeit in der Schule, im Kindergarten oder der Krabbelstube bekommen", so Babler.
Die Armutskonferenz rief in einer Aussendung dazu auf, unter anderem die Therapielücke bei psychischen Problemen zu schließen und für alle eine warme Mahlzeit in der Schule zu organisieren. Außerdem müssten Schulen über einen "Chancenindex" (Sozialindex) finanziert werden, bei dem jene Einrichtungen mit schlechteren Rahmenbedingungen mehr Geld erhalten, und die Sozialhilfe reformiert werden.
(APA/Red)
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