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Blümel (ÖVP) und Strache (FPÖ): Heumarkt-Projekt in Wien "muss gestoppt werden"

Die von der Stadt verhängte zweijährige "Nachdenkphase" ist Strache und Blümel zu wenig.
Die von der Stadt verhängte zweijährige "Nachdenkphase" ist Strache und Blümel zu wenig. ©APA/Herbert Pfarrhofer
Der Bund hat im Falle des Heumarkt-Projekts der Stadt Wien mit einer Weisung gedroht. Laut Blümel und Strache ist die von der Stadt angekündigte "Nachdenkphase" zu wenig.
Beschwerde an Volksanwaltschaft
Heumarkt-Pläne auf Eis gelegt
Projekt würde Stadtbild zerstören
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Der Bund hat der Stadt Wien erneut mit einer – vorerst nicht näher rechtlich ausgeführten – Weisung gedroht, falls man im Rathaus dem Turm-Projekt am Wiener Heumarkt keine Absage erteilt. Das haben Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) am Montag angekündigt. Die von der Stadt verhängte zweijährige “Nachdenkphase” ist ihnen zu wenig.

Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) hatte nach Bekanntwerden eines kritischen Berichts des internationalen Rats für Denkmalpflege ICOMOS – der auch die UNESCO berät – eine solche avisiert. Damit liegt das Bauvorhaben, das laut ICOMOS nicht mit dem Prädikat “Weltkulturerbe” für die Innenstadt vereinbar ist, wieder einmal auf Eis. Der UNESCO ist vor allem ein geplantes 66 Meter hoher Wohnturm ein Dorn im Auge.

Wiener City könnte Weltkulturerbe-Statur verlieren

Das Prädikat für das historische Zentrum war einst von der Stadt gewünscht worden, offizieller Vertragspartner der UNESCO ist jedoch die Republik Österreich. Man sei klar aufgefordert, “alle möglichen Maßnahmen, die wir ergreifen können, auch zu ergreifen”, sagte Blümel. In welcher Form das geschehen könnte, ist aber noch offen. Das sei noch zu klären, hieß es heute. Der Minister betonte jedoch: “Es gibt einige Rechtsauffassungen, dass wir das tun können und tun müssen.”

Blümel kündigte an, der Stadt einen Brief zu schreiben, in dem klar gefordert wird, die ICOMOS-Vorgaben umzusetzen bzw. unmissverständlich festzuhalten, dass das Projekt in der derzeit geplanten Form nicht kommt. Die Antwort werde er der UNESCO mitteilen. Diese hat die Wiener City bereits auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten gesetzt.

Die von der Stadt avisierte Projektpause ist den Regierungsvertretern – die auch Obleute der jeweiligen Wiener Landesparteien sind – zu wenig. Dies reiche nicht aus, befand Strache: “Es muss jetzt dieses verwerfliche Projekt verworfen und gestoppt werden.” Denn es würde das Stadtbild “irreparabel” zerstören, zeigte sich der Vizekanzler überzeugt. Das Projekt dürfe aufgrund des aktuellen Berichtes nicht kommen.

Verzögerung könnte sich auf Wirtschaftsstandort Wien auswirken

Dass die erneute Verzögerung sich negativ auf den Wirtschaftsstandort Wien auswirken könnte, wurde heute zumindest nicht völlig ausgeschlossen. Zuletzt hatte die Wiener Wirtschaftskammer das Hochhaus-Projekt ausdrücklich begrüßt – und es als klares und positives Signal an Investoren gewertet. Blümel gestand heute ein, dass es auch für den Projektbetreiber – Michael Tojners Wertinvest – eine “schwierige Situation” sei. Denn dieser habe sich an die Vorgaben der Stadt gehalten, die eben unzureichend gewesen seien.

Die heimische UNESCO-Vertretung hielt am Montag ebenfalls fest: “Der umfangreiche ICOMOS-Report hat erneut klargestellt, dass das Bauprojekt am Heumarkt in dieser Form nicht mit der Selbstverpflichtung Österreichs zum Schutz der Welterbestätte im Rahmen der Welterbekonvention vereinbar ist.” Dies sei, wurde betont, seit 2012 auch immer wieder deutlich und transparent kommuniziert worden.

Sollte das historische Zentrum das Prädikat Weltkulturerbe verlieren, würde der Welterbebestand in der Bundeshauptstadt mit einem Schlag halbiert: Dann bliebe Wien nur mehr das Schloss und die Gärten von Schönbrunn als von der UNESCO ausgewiesene Welterbezone.

Heumarkt – Wien verspricht weiter “intensiven Dialog” mit UNESCO

Der Status der Wiener Innenstadt als UNESCO-Weltkulturerbe liegt der Wiener Stadtregierung am Herzen. Das hat Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) am Montag beteuert. Man werde den Dialog mit dem Welterbezentrum der UNESCO und ICOMOS intensiv fortsetzen. “Weiters stehen wir in einem konstruktiven Dialog mit dem Projektwerber”, stellte er klar.Woller ist der von der rot-grünen Stadtregierung beauftragter Koordinator für Fragen des Weltkulturerbes. Er versicherte einmal mehr, dass Wien in den vergangenen Monaten viele Anstrengungen unternommen und Maßnahmen zum Schutz des baukulturellen Erbes der Stadt ergriffen habe. So habe der Gemeinderat bereits beschlossen, weitere Hochhäuser – über bestehende Standorte hinausgehend – in der Innenstadt kategorisch auszuschließen.

Zudem verwies er auf die jüngste Bauordnungsnovelle. Mit dieser werde erreicht, dass der Abriss von Gebäuden aus der Zeit vor 1945, die das Stadtbild und den Charakter der Stadt prägten, erschwert werde: “Künftig ist bei Abriss-Plänen für diese Gebäude zwingend eine Einzelprüfung notwendig.”

Heute keine Entscheidung

Die Frage, ob für das Wiener Heumarkt-Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen ist, wird am heutigen Montag nicht mehr geklärt. Der zuständige Richter am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erläuterte am Nachmittag nach einer kurzen Verhandlungspause, dass noch einige Punkte zu klären seien. Eventuell wird sogar ein Lokalaugenschein durchgeführt.ine solche Vor-Ort-Begehung brachten die Vertreter der Projektbetreiber ins Spiel. Dadurch könne man sich von verschiedenen Blickpunkten aus ein Bild des jetzigen Bestands machen und sich auch die Wirkung des neugestalteten Areals besser vorstellen, so sinngemäß das Argument. Sowohl die Gegenseite als auch der Richter selbst zeigten sich einer solchen Exkursion nicht abgeneigt. Letzterer regte gar an, eventuell die Verhandlung gleich unmittelbar nach dem Lokalaugenschein im Hotel Intercontinental selbst fortzusetzen. “Aber ich werde darüber heute nicht entscheiden”, so der Richter.

Außerdem sollen im weiteren Verlauf der Verhandlung noch einige Kritikpunkte des Projektbetreibers am Gutachten Wehdorns – etwa die Richtigkeit der Daten – eingehend geprüft werden. Und der Stadt wird als betroffene “Standortgemeinde” eine weitere Frist eingeräumt, das Expertenpapier ausführlich zu bewerten und darauf zu replizieren. Die Rathausvertreter hatten zu Beginn des Verfahrens nämlich moniert, das Gutachten nicht zugestellt bekommen zu haben und es sich deshalb “mühsam auf internem Wege” habe besorgen müssen. Dadurch sei eine vertiefende Prüfung sowie eine entsprechende Stellungnahme nicht möglich gewesen.

(APA/Red)

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