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"Bin zu jung, um krank zu sein!"

Denise Gmeiner wusste lange, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmt – aber nicht so richtig, was. Als eine Ärztin ihr die Diagnose Polyzystisches Ovarialsyndom – eine Hormonstörung – lieferte, wusste sie anfangs noch immer nicht weiter, denn PCOS ist hierzulande noch sehr unbekannt. Das will sie nun ändern und damit Betroffenen helfen.

Denise Gmeiner ist Mitte 20, als sie mit einer Seniorenrunde am Kaffeetisch sitzt – und sich mit den betagten Männern und Frauen über ihre Diabetes-Symptome unterhält. Die ständige Müdigkeit, die schweren Beine, die Antriebslosigkeit, die Heißhunger-Attacken, alles war schwer. Für die beiden Über-60-Jährigen genauso wie für die Mitte-20-Jährige. „Und da wusste ich: Ich bin zu jung für ‚alles ist schwer‘.“ Denise entscheidet sich, ihre gesundheitlichen Probleme anzugehen. Doch der Weg würde nicht leicht werden.

Beschwerden ohne Erklärung

Dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmt, merkte die Feldkircherin, die heute in der Schweiz lebt, früh. „Eigentlich schon in der Schule“, erzählt sie im Gespräch mit WANN & WO. Sie war ständig müde, ausgelaugt, kaputt. „Doch in dem Alter hat man das natürlich der Pubertät zugeschrieben.“

Doch das war nicht das einzige gesundheitliche Problem, mit dem die junge Frau zu kämpfen hatte: „Ich hatte schlimme Hautprobleme, eine richtige Dermatitis. Und ich bin aufgegangen wie ein Hefekuchen, obwohl ich nicht übermäßig viel aß und jeden Tag Sport machte.“ Kein Wunder: Eine Körperanalyse-Waage zeigte ihr schließlich an, dass die überschüssigen 25 Kilogramm kein Fett, sondern Wassereinlagerungen sind. „An manchen Tagen war ich so aufgequollen, dass ich nicht einmal mehr normale Schule anziehen, sondern nur noch Flip Flops tragen konnte – und selbst da schnitten mir die Riemen in die Füße. Mein Selbstwertgefühl und meine Lebensfreude waren natürlich im Eimer“, schildert Denise diese sehr dunkle Zeit in ihrem Leben.

Fünf Jahre Ärzte-Marathon

Die junge Mutter geht also zum Arzt – und nicht nur zu einem. „Über fünf Jahre hinweg habe ich einen wahren Ärzte-Marathon hingelegt. Und ich wurde durchaus auch diagnostiziert: Eine Schilddrüsenunterfunktion und Diabetes sollte ich haben, sagte man mir“, berichtet Denise. „Damit wurden mir zwei Diagnosen gestellt und auch eine Behandlung verschrieben. Das Problem war nur: Es half nicht.“

Schließlich fand die mittlerweile 29-Jährige eine Hormon-Spezialistin. „Die vermutete das PCO-Syndrom und gab mir den Rat, mich in die entsprechende Ernährung einzulesen.“

Auf die harte Tour

Das tat Denise – und verlor schnell den Mut: „Glutenfrei, zuckerfrei und ohne Milchprodukte sollte ich mich ernähren. Für mich als Genussmensch kam das einer Strafe gleich. Ein halbes Jahr lang habe ich praktisch nur noch Ofengemüse gegessen, weil ich nicht wusste, was ich noch essen konnte.“

Die Ernährungsweise schlug an. Schon nach einem halben Jahr hatten sich alle ihre besorgniserregenden Blutwerte halbiert, viele waren sogar schon wieder ganz im Normalbereich. Heute ist sie zu 90 Prozent symptomfrei.

Zurück zum Genuss

Doch eine Ernährung so ganz ohne Genuss? Spaß machte ihr das nicht. „Aber das muss glücklicherweise auch gar nicht so sein“, weiß Denise heute. Die Erkenntnis kam ihr beim Urlaub in einem Wellness-Hotel. „Ich informierte die MitarbeiterInnen vorab, dass ich spezielle Ernährungsanforderungen habe. Dabei hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich dachte, sie würden nicht wissen, was sie mir kochen sollen“, erinnert sie sich lachend. „Aber tatsächlich hat mir die Küche dort jeden Tag ein mehrgängiges Sterne-Menü gezaubert, dass so gut war, dass es auch jeder ‚normale‘ Gast problemlos hätte essen können.“

Für Denise ist das ein Schlüsselerlebnis: „Plötzlich wusste ich, dass PCOS-Ernährung nicht Verzicht bedeuten muss – sondern nur ein paar Anpassungen hier und da: Erythrit statt Zucker, Mandel- statt Weizenmehl, Geflügel und Fisch statt rotem Fleisch, Pflanzen- statt Kuhmilch.“ Sie stellt ihre Ernährung um und sieht schnell Verbesserungen.

Hilfe nicht nur bei PCOS

Sie stellt ihre Ernährung um und sieht schnell Verbesserungen: Sie fühlt sich nicht mehr „krank“, sondern fit und vital, sie nimmt ab und ihr Selbstwert steigt enorm. Und sie hat richtig Spaß am Kochen. Sie entwickelt für sich selbst genussvolle, schnelle und gesunde Rezepte.

Und nicht nur, dass die neben PCOS auch andere Zivilisationskrankheiten wie Schilddrüßenerkrankungen oder Diabetes positiv beeinflussen können – sie schmecken auch denen, die nicht betroffen sind: Kommen Freunde zum Essen oder bringt Denise zum Kaffeetreffen etwa einen Kuchen mit, sind alle so begeistert, dass sie nach den Rezepten fragen. „Also habe ich begonnen, sie aufzuschreiben. Und ein Kollege sagte irgendwann: ‚Du solltest ein Buch davon veröffentlichen.‘“ Gesagt, getan: Im März erschien ihr Werk „Ernährung mit PCO-Syndrom“.

Stolz auf das eigene Werk

„Natürlich macht es mich stolz, mein eigenes Buch in den Händen zu halten“, freut sich Denise. „Aber vorrangig geht es mir darum, über die noch immer viel zu unbekannte Krankheit aufzuklären. Denn viele Frauen haben PCOS, ohne es überhaupt zu wissen – und leiden damit unnötig. Schließlich ist PCOS die häufigste, endokrinologische Erkrankung bei Frauen. Wenn ich auch nur einer von ihnen mit dem Buch helfe, habe ich schon erreicht, was ich wollte.“

PCOS: Was ist das Polyzystische Ovarial-Syndrom?
Beim Polyzystischen Ovarial-Syndrom, oder abgekürzt PCO-Syndrom bzw. PCOS, handelt es sich um die häufigste Hormonstörung bei Frauen im gebärfähigen Alter. Etwa fünf bis zehn Prozent der Frauen in dieser Gruppe sind betroffen. Durch das PCOS ist die Eizellenreifung gestört, was dazu führt, dass Betroffene deutlichere Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden. Symptome sind unregelmäßige oder ausbleibende Monatsblutungen, Haarausfall, „männliche“ Körperbehaarung und oft auch Statur. Die genauen Ursachen für das Auftreten sind noch nicht abschließend geklärt. Das PCO-Syndrom ist nicht heilbar. Allerdings lassen sich die Symptome mildern. Wichtig ist dafür eine gesunde, zucker-arme, eiweiß-, pflanzen- und ballaststoffreiche Kost mit vielen Omega-3-Fettsäuren, die etwa in Walnüssen oder Leinsamen vorkommen.

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(WANN & WO)

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