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Bahn unten oder oben? So denkt Politik und Wirtschaft

Wie denken Wirtschaft und Politik über den Bahnausbau?
Wie denken Wirtschaft und Politik über den Bahnausbau? ©VOL.AT/Mayer, Philipp Steurer, Canva Pro
Mirjam Mayer (VOL.AT) mirjam.mayer@russmedia.com
Am Montag diskutierten Vertreter aus Wirtschaft und Politik in Lauterach über den Bahnausbau.

Die Veranstaltung "Bahn unten? Bahn oben?" von "mehramsee" in Lauterach am Montagabend war gut besucht. Bei einer Podiumsdiskussion zeigten sich die verschiedenen Meinungen und Ansichtsweisen.

Montagabend wurde angeregt diskutiert. ©VOL.AT/Mayer

Mit dabei waren neben "mehramsee"-Vorstand Pius Schlachter, Landesrat Marco Tittler, Unternehmer Hubert Romberg, Bürgermeister Elmar Rhomberg, Logistikunternehmerin Heidi Senger-Weiss.

Podiumsdiskussion zum Nachsehen

Keine neuen Gleise oberirdisch

Man müsse an Modernisierung denken, erklärte Heidegunde Senger-Weiss. Die betroffene Strecke sei rund 150 Jahre alt und für das massiv veränderte Verkehrsaufkommen kaum mehr angepasst worden. Der Langstreckenverkehr gehöre nach Möglichkeit auf die Schiene, so Senger-Weiss. Es gebe eine "relativ ganz gute Abdeckung" mit dem Güterverkehr in Österreich. Es gelte in erster Linie, Voraussetzungen zu schaffen. Heute baue man keine neuen Gleise oberirdisch "Heute gehört solche Bahninfrastruktur nach Möglichkeit unter die Erde", verdeutlicht sie.

Logistikunternehmerin Heidi Senger-Weiss gegen eine "oberirdische Lösung"

Auch in Wien baue man unterirdisch oder auch den Brennerbasistunnel. "Es ist fünf Minuten vor 12", meint die Unternehmerin. Man könne den Wünschen der Schweizer und der Wirtschaft in Bezug auf die Frequenz des Nahverkehrs nicht mehr gerecht werden, wenn man nicht endlich etwas in Angriff nehme. Man sei heutzutage in der Lage, technisch viel zu machen. Hier zog sie den Vergleich zum Eurotunnel: "Man hat auch, was weiß ich, einen Tunnel von Frankreich nach England zusammengebracht", gibt sie zu verstehen. Bei dieser Vorarlberger "Minilösung" werde man wohl fähig sein, sie zu realisieren.

"Lösung, die nicht oberirdisch ist"

Die ÖBB werde immer zur Erkenntnis kommen, oben dazuzulegen, meint Hubert Rhomberg. Hier liege sie (die ÖBB, Anm.d.Red.) nicht falsch. Es sei jedoch nicht die Aufgabe, es so isoliert zu betrachten. Es gehe vielmehr darum, zu sehen, was die Region wolle und welche Lösungen es gebe. Beides – oben und unten – sei machbar. Es bleibe eine politische Entscheidung und Entscheidung der Bevölkerung. "Technisch ist es kein Problem, heutzutage einen unterirdischen Vortrieb zu organisieren", erklärt der renommierte Bauunternehmer.

Zuerst brauche es die Entscheidung, ob oben oder unten. Das sei, wie zu sagen, ob man ein Haus mit oder ohne Keller baue. Man könne den internationalen Verkehr nicht einfach acht Jahre abschneiden. "Da wird keiner mitspielen", meint Rhomberg. Es gebe auch Lösungen, wo man das nicht müsse. "Wir wollen eine Lösung, die nicht oberirdisch ist, weil das wollen wir nicht", verdeutlicht er. Man müsse jetzt überlegen, wie es gehe, statt noch zwei, drei Jahre zu diskutieren, ob oben oder unten, fordert Rhomberg eine Grundsatzentscheidung, die von allen Seiten mitgetragen wird.

Kein Häuser-schleifen oder Gleise auf der Pipeline

Der Güterverkehr sei etwas stiefmütterlich behandelt worden, gibt Wirtschaftslandesrat Marco Tittler zu. Das sei ein Versäumnis der letzten Jahre. Seitens der ÖBB habe man lange darauf hingewiesen, dass die Infrastruktur ausreiche. Erst heuer habe man ein Güterverkehrskonzept fertiggestellt, das Maßnahmen enthalten. Wesentlich sei, mit Wirtschaft und Unternehmen den Bedarf zu erheben und zu prognostizieren. Es dürfe kein gegenseitiges Ausspielen von Personen und Güterverkehr geben.

Keine Häuser im großen Stil schleifen

Für Landesrat Marco Tittler sind zwei Dinge nicht vorstellbar: Häuser im großen Stil zu schleifen – "da muss uns etwas anderes einfallen" – und die Pipeline in Bregenz zu revitalisieren und dann ein zweites Gleis draufzulegen. Jetzt rede man über Alternativen und Möglichkeiten. Es brauche einen partizipativen Prozess, bei dem entsprechende Einbindung passiere. "Natürlich wird das aus meiner Sicht auch mehrere Jahre in Anspruch nehmen", erklärt er. Man müsse den Prozess offen und ehrlich führen und "nicht nur schöne Imagefilme herzeigen". Es brauche eine andere Herangehensweise, einen breit aufgesetzten Prozess, wie etwa bei anderen Projekten wie der S18.

Das Beste fürs Ländle finden

Die Gemeinden hätten eine ziemlich klare Vorstellung, verdeutlicht Elmar Rhomberg, Bürgermeister der Marktgemeinde Lauterach und Sprecher der IGUB (Interessensgemeinschaft unterirdischer Bahnausbau Großraum Bregenz). "Die Wirtschaft muss auch funktionieren", meint er. Güterzüge würden auch dann fahren, wenn man Ruhe wolle. Das hätte zur Konsequenz, dass die ÖBB von Hörbranz bis Lauterach wohl Lärmschutzwände aufstellen würde. "Ich kann das überhaupt nicht positiv finden, wenn jetzt eine Pipeline gemacht wird und irgendwann in 15 Jahren kommt ein zweites Gleis mit einer Lärmschutzwand da hin. Dann ist unser Leben einfach gestört", gibt er zu verstehen.

Gemeinde, Land und Wirtschaft müssten zusammenarbeiten und das Beste fürs Land und das Raumbild finden, statt nur die billigste Lösung. Dabei handle es sich um eine langfristige Entscheidung. Die betroffenen Bürgermeister entstammen vier verschiedene Fraktionen: SPÖ, Grüne, Parteifreie und ÖVP. "Wir bitten wirklich: ziehen wir gemeinsam an einem Strang", appelliert Rhomberg. Die parteiübergreifende Zusammenarbeit und Entscheidung sei ein gemeinsames Signal. Man müsse gemeinsam eine Linie herbeiführen. Rhomberg ist davon überzeugt, dass man eine Lösung findet, hinter der alle Seiten stehen.

(VOL.AT)

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