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Autofreie Wiener City: VCÖ fordert Verkehrsreduktion auch auf Ringstraße

Der VCÖ fordert eine Verkehrsreduktion auch am Ring.
Der VCÖ fordert eine Verkehrsreduktion auch am Ring. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Sonntag wurde bekannt, dass die Wiener Innenstadt weitgehend autofrei werden soll. Der VCÖ begrüßt die Maßnahme, fordert jedoch eine Ausweitung auf den Wiener Ring.
Pläne für autofreie Wiener City

Die am Sonntag bekanntgewordenen Pläne von Rathaus und Bezirk, die Wiener Innenstadt mit Ausnahmen u.a. für Anrainer, Lieferanten und Einsatzfahrzeuge weitgehend autofrei zu machen, hat der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) am Montag ausdrücklich begrüßt. VCÖ-Experte Michael Schwendinger forderte bei der Gelegenheit allerdings, den Verkehr auch gleich auf der Ringstraße deutlich zu reduzieren.

Ringstraße sollte einbezogen werden

Der Ring, der die City begrenzt, dürfte nach derzeitigem Stand von den Einfahrtsbeschränkungen in den 1. Bezirk nicht betroffen sein. Das bedauert der Verkehrsclub. "Wien hat mit dem Ring eine Prachtstraße, um die wir weltweit bewundert werden. In vielen Städten würden hier nicht auf drei Spuren Autos fahren, sondern der meiste Platz den Fußgängerinnen und Fußgängern eingeräumt werden", meinte Schwendinger. Insofern müsse die Ringstraße in das neue City-Verkehrskonzept zur Reduktion des Autoverkehrs einbezogen werden.

Grundsätzlich zeigte sich der VCÖ jedoch erfreut über die Pläne, die mit allen Details noch diese Woche in einem Gespräch zwischen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) fixiert werden sollen. Es sei höchste Zeit, dass der Autoverkehr in der WienerInnenstadt deutlich reduziert werde, so Schwendinger. Damit komme die Schönheit des historischen Zentrums Wiens besser zur Geltung: "Weniger Abgase, weniger Lärm, weniger verstopfte Straßen machen das Flanieren durch die Stadt sowohl für Touristinnen und Touristen als auch für die Bevölkerung Wiens wesentlich angenehmer."

Studie zeigt: Verkehrsberuhigung bringt positive Effekte für Handel

Beim VCÖ verweist man zudem auf wirtschaftliche Vorteile, wie sie schon bei der Umwandlung von Graben und Kärntner Straße in Fußgängerzonen zu sehen gewesen seien. Und auch eine Studie der Wiener Wirtschaftskammer vom vergangenen Herbst habe auf positive Effekte für den Handel infolge von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen - Stichwort Mariahilfer Straße - hingewiesen.

Laut Verkehrsclub reiht sich Wien nun in eine "lange Liste" an internationalen Städten ein, die ihre Zentren verkehrsberuhigt haben. Demnach hat Oslo beispielsweise seine Innenstadt weitgehend autofrei gemacht, in Ljubljana sind große Teile der City zu einer Fußgängerzone umgestaltet worden. In Brüssel wiederum wurde infolge der Coronakrise mit Anfang Mai das gesamte Zentrum zur Begegnungszone erklärt. Auch Paris, Rom, Mailand, London oder Lissabon hätten infolge der SARS-CoV-2-Pandemie viel Platz für Radfahrer und Fußgänger geschaffen, "wo früher Kfz-Fahrbahnen waren", betonte der VCÖ.

Unterschiedliche Ansätze in weiteren Städten

Viele europäische Großstädte stellen Überlegungen an, wie sie ihre Zentren lebenswerter, die Luft besser und den Verkehrsstaus den Garaus machen könnten. Lösungsansätze reichen von neuen Fußgängerzonen über mehr Radwege sowie weniger oder gar keine Autostellplätze bis zur City-Maut, oder ein Mix aus allem. Viele sind noch in Diskussion oder im Erprobungsstadium. Es folgen einige Beispiele:

Die deutsche Hauptstadt Berlin hat noch kein fertiges Konzept für eine autofreie Innenstadt in der Schublade. Zunächst wird ein Teil der Friedrichstraße im Stadtteil Mitte ab diesem Sommer für rund fünf Monate für Autos gesperrt. Auch ein verkehrsberuhigter Bereich am Checkpoint Charlie wird eingerichtet. Das Projekt könnte Ausgangspunkt sein für weitergehende Lösungen und ein Schritt in Richtung autofreie Stadt und sauberere Luft, heißt es dazu auf dem offiziellen Hauptstadtportal.

Auch die Münchner Stadtverantwortlichen tüfteln erst an einem Masterplan. Ziel sei, in der Altstadt den Autoverkehr zu reduzieren, um mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr zu schaffen. Erste verkündete Maßnahmen sind neue Fußgängerzonen und der Ausbau von Radabstellanlagen sowie neue Parkregeln mit gestiegenen Gebühren werktags in der "Blauen Zone" gegen Dauerparken. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung prüft zudem die Machbarkeit eines Altstadt-Radlrings.

Maßnahmen in London und Oslo

London führte im Jahr 2003 eine Innenstadt-Maut, die congestion charge (Staugebühr), ein. Kraftfahrer müssen sie im Zentrum der britischen Hauptstadt entrichten. Einen weiteren Schritt in Richtung autofreies Zentrum macht die Metropole derzeit im Zuge der Lockerungen des Coronavirus-Lockdowns: Bürgermeister Sadiq Khan verkündete Mitte Mai Pläne, weite Gebiete im Zentrum für Autos zu sperren, damit gehen und Rad fahren sicherer wird. Betroffen seien etwa wichtige Straßen zwischen London Bridge und Shoreditch, Euston und Waterloo sowie Old Street und Holborn. Die Maßnahme soll nicht zuletzt den öffentlichen Verkehr entlasten, um die Einhaltung der Corona-Abstandsregeln zu ermöglichen.

Oslo wollte Autos bis zum Jahr 2019 Autos generell aus der Innenstadt verbannt haben. Umgesetzt wurde eine abgemilderte Variante, die aber, im Verbund mit anderen umweltfreundlichen Maßnahmen, die EU-Kommission dennoch dazu veranlasste, die norwegische Hauptstadt zur "Grünen Hauptstadt Europas 2019" zu ernennen. Im Rahmen der Initiative Bilfritt byliv (Autofreies Stadtleben) wurden jedenfalls großzügig Parkplätze entfernt und der Verkehr eingeschränkt, um Platz für Fahrräder, Bänke und Grünflächen zu schaffen. Autos dürfen aber weiterhin fahren.

Verkehrskonzept in Barcelona

Der katalanische Touristenmagnet Barcelona führte vor einigen Jahren gegen die eklatant schlechte Luft "Superilles", zu deutsch Superblocks, ein. Bei diesem Verkehrskonzept werden bis zu neun Häuserblocks zusammengefasst, innerhalb derer haben Fußgänger und Fahrradfahrer Vorrang. Bei zweispurigen Straßen wird den Autos eine Spur weggenommen, für Spielplätze oder Parkbänke etwa. Autoverkehr ist auf den verbleibenden Einbahnstraßen mit zehn bis 20 km/h erlaubt. Die Superblocks sind Herzstück eines 2016 von der Stadtverwaltung entwickelten Konzepts für nachhaltige Mobilität, der erste entstand 2017 im Stadtviertel Poble Nou. Insgesamt sollen 503 Superblocks eingerichtet werden, so der ursprüngliche Plan, 60 Prozent der bisher von Autos genutzten Straßen würden dadurch für andere Nutzungen frei.

>> Mehr zur Stadtentwicklung in Wien

(APA/Red)

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