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Ex-Kanzler Nehammer will in neuem Buch "Sich selbst treu bleiben"

Das Buch erscheint am 16.10.
Das Buch erscheint am 16.10. ©APA/EcoWing
Der ehemalige Bundeskanzler Karl Nehammer reflektiert in seinem neuen Buch über seine Amtszeit, verteidigt sich gegen Vorwürfe zur Budgetkrise und übt heftige Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl, während er seine Ablehnung gegen radikale Kräfte und die Zusammenarbeit mit der FPÖ betont.
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Ex-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) blickt in seinem neuen Buch "Sich selbst treu bleiben" auf seine Amtszeit zurück. Den Vorwurf, für die Budgetmisere verantwortlich zu sein, weist er von sich und verwehrt sich gegen "Sündenbockfetischismus". Scharfe Kritik übt er hingegen an FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er selbst habe immer versucht, die richtige Entscheidung zu treffen, so Nehammer, der im Jänner 2025 nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen zurückgetreten ist.

Rücktritt war notwendig, um "sich selbst treu zu bleiben"

"Ich bin mir dabei stets selbst treu geblieben!", schreibt Nehammer, aktuell Vizedirektor der Europäischen Investitionsbank, über seine Zeit als Politiker. Er hatte vor sowie nach der Nationalratswahl 2024, bei der die ÖVP auf Platz zwei landete, eine Regierungszusammenarbeit mit der führenden FPÖ unter Kickl ausgeschlossen. Nach dem plötzlichen Ende der Regierungsverhandlungen mit SPÖ und NEOS, die Nehammer im Buch nacherzählt, nahm er - statt es doch mit den Freiheitlichen zu versuchen - den Hut.

Nehammer über Extremismus

Der Warnung vor radikalen rechten und linken Kräften und damit auch dem Angriff auf Kickl räumt Nehammer in seinem Buch viel Platz ein. Als der Kanzler ihn telefonisch von der Invasion der Ukraine durch Russland in Kenntnis gesetzt hat, habe Kickl Zweifel daran geäußert und die "gesicherten Informationen, hundertfach bestätigt von allen Nachrichtendiensten der Welt" infrage gestellt, kritisiert er etwa. Auch über seinen persönlichen Werdegang erzählt Nehammer. Besonders beeinflusst habe ihn als Kind seine Großtante, die eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen wegen ihrer Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus stets abgelehnt habe.

Beteiligung an Budgetkrise abgestritten

Von seinem eigenen Handeln im Amt ist der Ex-Kanzler indes weiterhin überzeugt. So will er die Vorwürfe, mit seiner Regierung die aktuelle Budgetkrise verursacht zu haben, nicht gelten lassen. Die Situation führt er vielmehr auf die hohe Inflation sowie Wirtschaftsprognosen zurück, die sich als falsch herausstellten. Es habe keine einheitliche Meinung darüber gegeben, wie man vorgehen solle. Mit der "Gießkanne" habe die schwarz-grüne Koalition nur einmal Geld ausgeschüttet, nämlich beim einmaligen Antiteuerungsbonus. Alle anderen Zahlungen seien verbrauchsorientiert gewesen. Das Geld sei jedenfalls "nicht in irgendwelchen Löchern verschwunden".

"Völlig lächerliche" Forderungen von Herbert Kickl bei Koalitionsverhandlungen

Zum Vorgehen der ÖVP nach seinem Rücktritt äußert sich Nehammer hingegen kaum. Der damalige Interimsparteichef der Volkspartei und heutige Kanzler Christian Stocker hat für seine Bereitschaft, entgegen aller Ankündigungen doch mit Kickl zu verhandeln, viel Kritik einstecken müssen. Nehammer geht auch hier wieder zum Angriff auf die FPÖ über. Es sei für ihn immer klar gewesen, dass sein Nachfolger "unsere Grundsätze nicht aufgeben würde", Stocker habe Kickl bei den schließlich ebenfalls gescheiterten Verhandlungen "unsere roten Linien klar aufgezeigt". "Völlig lächerlich" sei etwa Kickls Forderung nach "Deutsch als Wissenschaftssprache" gewesen.

Nehammers Haltung zu Gaza

Außenpolitisch äußert sich der Ex-Kanzler vor allem zu Israel, ein besonderer Moment war für ihn offensichtlich die Befreiung des österreichisch-israelischen Staatsbürgers Tal Shoham aus der Hamas-Gefangenschaft. Er verteidigt Österreichs freundliche Haltung gegenüber Israel, dem von einer UNO-Kommission Genozid in Gaza vorgeworfen wird. Er sieht hier eine Täter-Opfer-Umkehr. Nicht Israel sei für das Leid im Gazastreifen verantwortlich, sondern die Terrororganisation Hamas.

FPÖ: "An Dreistigkeit kaum zu überbieten"

Wenig freundlich fiel die Bewertung des Buches durch den Freiheitlichen Generalsekretär Michael Schnedlitz aus. Dieses sei "an Dreistigkeit kaum zu überbieten und eine Verhöhnung der österreichischen Bevölkerung". Das Buch sei ein untauglicher Versuch, "die eigene katastrophale Amtszeit schönzureden und die Verantwortung für ein beispielloses Politikversagen von sich zu weisen". Nehammer habe Österreich "mit Vollgas an die Wand gefahren". Als "Dankeschön" sei er vom System mit einem "Frühstücksdirektoren-Posten" als EU-Banker belohnt worden, für den ihm die fachliche Eignung zur Gänze fehle, so Schnedlitz.

(APA/Red)

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