Immer mehr Gemeinden wollen ihre Gestaltungsbeiräte "entmachten"

Die Zeiten, in denen sich die Kommunalpolitik in Vorarlberg gerne hinter den Gestaltungsbeiräten versteckt hat und diese dadurch immer noch mehr Macht und de facto Entscheidungsmöglichkeiten bekommen haben, neigen sich offenbar dem Ende zu. Wie berichtet hat etwa die Marktgemeinde Lauterach ihren Gestaltungsbeirat bereits abgeschafft und andere Kommunen beschäftigen sich ebenso mit dem Thema. Jetzt denkt man auch in der wirtschaftsstarken Marktgemeinde Lustenau über die Zukunft des Gestaltungsbeirates nach, wie wpa-Informationen zeigen.

Der Lustenauer Bürgermeister Patrick Wiedl (VP) bestätigte auf wpa-Anfrage, dass man die Rolle des Gestaltungsbeirates überdenken werde. "Es gibt drei Varianten: Erstens wir lassen alles so, wie es ist. Zweitens wir schaffen ihn ab. Und drittens wir ändern die Aufgaben, die Zusammensetzung und die Ausgestaltung." Er könne für sich jedenfalls ausschließen, dass die Variante eins zum Zug kommt. "Es muss hier auf jeden Fall eine Änderung geben."
EGD/Schrack-Gebäude: Bürgermeister entscheidet im Sinne der Unternehmen
Der Wunsch nach einer Veränderung sei in den vergangenen Jahren schrittweise entstanden. "Das war ein schleichender Prozess. Man verspürte eine gewisse Unzufriedenheit in der Bevölkerung und gerade auch bei den Unternehmen." Zudem habe er den Eindruck, dass in der Verwaltung ebenfalls eine Rejustierung des Gestaltungsbeirates gewünscht werde. Das jüngste Beispiel hinsichtlich Konfliktpotenzial sei das geplante Gebäude von EGD/Schrack im Millennium Park. "Hier drohten wieder Verzögerungen, weil der Gestaltungsbeirat andere Vorstellungen wie das Unternehmen hatte. Ich habe jetzt politisch die Verantwortung übernommen und eine Entscheidung im Sinne des Unternehmens getroffen", so Wiedl.
Entscheidung im Herbst
Als Bürgermeister wolle er den Gemeindegremien allerdings nicht vorgreifen. Es gebe über den Sommer hinweg eine Arbeitsgruppe, welche sich über die Zukunft des Gestaltungsbeirates Gedanken machen werde. "Im Herbst werden wir dann gemeinsam entscheiden", so Wiedl.
Gemeinderat Ender: "Den Unternehmen nicht sinnlos Prügel zwischen die Beine werfen"

Gerade Unternehmen kommen sich nicht zuletzt aufgrund der Größe ihrer Bauvorhaben immer wieder mit dem Gestaltungsbeirat in die Haare. Das ist nicht nur in Lustenau so. Der neue für Wirtschaft zuständige Lustenauer Gemeinderat Simon Ender (VP) sagte auf wpa-Anfrage: "Wir wollen den Unternehmen nicht mehr sinnlos Prügel zwischen die Beine werfen." Es gehe um mehr Hausverstand und auch um mehr Wirtschaftlichkeit. "Es kann nicht sein, dass die Empfehlungen des Beirates beinahe regelmäßig zu Verteuerungen des Bauvorhabens führen und den Kostenrahmen sprengen." Er verweist auf die Bezeichnung dieser Einrichtung: "Es ist eigentlich nur ein Beirat, dem man aber in der Vergangenheit inoffiziell die Entscheidungshoheit zugestanden hat. Das wird sich ändern müssen. Zu entscheiden hat die Politik."
FP-Vizebürgermeister Fitz: Beratungsgremium für spezielle Fälle

Beim Koalitionspartner FPÖ sieht man die Sachlage mehr oder weniger gleich: "Es hat in den vergangenen Jahren diverse Bauprojekte gegeben, die durch die Diskussionen mit dem Gestaltungsbeirat verhindert, verzögert oder massiv verteuert wurden. Mitunter gab es sogar Absagen. Das werden wir im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen verbessern", so Vizebürgermeister Martin Fitz. Er ist unter anderem für den Hoch- und Tiefbau zuständig. Man wolle den Umgang mit Menschen, die bereit seien, in Lustenau zu investieren und bestenfalls auch Arbeitsplätze zu schaffen, spürbar ändern.
Die Marktgemeinde Lustenau werde sich nicht mehr hinter dem Gestaltungsbeirat verschanzen. "Eine starke Politik entscheidet, nachdem sie die Argumente aller Seiten angehört hat." Vorstellbar sei für ihn zukünftig ein Beratungsgremium, dessen Know-how man bei komplexen Bauvorhaben nutzen könne. Die Entscheidung soll im Herbst fallen, so Fitz.
(wpa)
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