Nach Bluttat: Trauermarsch für Respekt und Toleranz

Von: Lisa Purin (WANN & WO)
Nach der tödlichen Messerattacke auf Michael in der Nacht auf Sonntag sprach WANN & WO mit seiner Familie sowie Freunden über den tragischen Vorfall. „Ein besonderes Anliegen von uns ist es, dass jeder erfährt, was unser Freund ‚Perry‘ für ein toller Mensch war. Wir möchten einfach richtigstellen, wie er gestorben ist“, betont seine Familie. „Michael und seine Freunde sind in ein Lokal bei den Innsbrucker Bögen hineingegangen, um gemütlich Tischfußball zu spielen. Wie die anderen erzählten, waren nur ganz wenige im Lokal, abgesehen von Barkeeper und Bedienungen. Als es ihnen zu langweilig wurde, gingen sie hinaus und wollten auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ein Taxi einsteigen. Michi war der Letzte, der über die Straße ging. Er wechselte kein einziges Wort mit dem Mann, der ihn niedergestochen hat, es war auch kein Streit vorausgegangen oder Ähnliches“, berichtet ein Familienmitglied gegenüber WANN & WO. „Dann wurde er einfach mit einem Messer attackiert. Er lief noch zu seinen Freunden, hielt sich die Hand an den Hals und erzählte ihnen, wen er gesehen hatte. Wenig später wurde er ohnmächtig und nur zwanzig Sekunden später verstarb einer unserer liebsten Menschen, wie uns die Sanitäter später erzählten.“
„Er hätte nie jemandem etwas zu Leide getan“
Seine Freunde versuchten noch, erste Hilfe zu leisten, doch er war aufgrund seiner schweren Verletzung bereits verblutet. „‚Perry‘ hat jeden immer so angenommen, wie er ist. Michi hat niemals Streit gesucht, war einer der liberalsten und offensten Menschen, die ich kannte. Ich habe zuvor noch nie jemanden gekannt, der so tolerant ist. Es ist mir wichtig, dass das alle wissen.“ Seine Familie beschreibt ihn als einen herzensguten Menschen, der immer einen Scherz auf Lager hatte und kein schlechtes Wort über jemanden verlor. „Auch wenn es mal einen Streit gab, Michi hat das nie interessiert. Er wäre nie derjenige gewesen, der jemandem etwas zu Leide getan hätte. ‚Perry‘ hat für andere immer alles gegeben, was er konnte. Das zeigt sich auch jetzt nach seinem Tod mit den vielen Freunden, Bekannten und Verwandten, die uns in dieser schweren Zeit beistehen“, berichtet einer seiner Freunde.
„Wir wollen keinen Hass“
„Wir trafen uns am Montagabend alle in unserer Werkstatt, in der wir mit ‚Perry‘ immer saßen, und waren so überrascht, wie viele seiner Freunde gekommen waren. Egal welcher Nation oder Religion – er hatte Freunde von überall her. Für ihn hat das nie einen Unterschied gemacht. Es gab niemanden, der ihn nicht mochte und umgekehrt. Wenn jemand etwas brauchte, war er sofort zur Stelle. Für uns, seine Familie, ist es das Wichtigste, dass nun keine blinde Hetze folgt – das hätte ‚Perry‘ nicht gewollt. Hierbei geht es nur um Michi und wir müssen jetzt gemeinsam für eine Sache einstehen. Wir wollen keinen Hass, keine Hetze – er hätte nicht gewollt, dass jetzt alle in einen Topf geschmissen werden. Das durften wir von unserem Sohn lernen. Wir möchten nur, dass jeder weiß, was für ein unglaublich toller Mensch Michael war“, so seine Familie. „Aber natürlich ist irgendwo auch eine Wut da, weil man einfach nicht verstehen kann, was hier passiert ist.“ Sein Tod hinterlässt ein riesiges Loch und zahlreiche Fragen. „Wir möchten, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Abgesehen davon gibt es nichts, was so eine Tat rechtfertigen würde“, erzählt ein Familienmitglied. „Niemand kann uns Michi mehr zurückgeben. Aber wir haben tausende schöne Erinnerungen und Fotos an unseren Sohn, Bruder und Freund. Er hat in seinen 21 Jahren so gelebt, als wären es hunderte gewesen. Wenn er nicht auf einer Party aufgetaucht ist, war das Fest nicht perfekt. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Es gibt so viele lustige Geschichten, die wir mit ihm teilen durften. Er hat sein Leben geliebt und gelebt. Und trotzdem ist er viel zu früh von uns gegangen, er konnte sich nicht einmal wehren. Doch wir müssen versuchen, zu verzeihen, auch wenn es furchtbar schmerzt. Mit Hass voranzugehen, wäre der absolut falsche Weg. Er hat Sonne in unser Leben gebracht, nicht nur mit seinem Grinsen. Auch mit seinen Neon-Klamotten, die er immer trug. Er war eben ein ganz besonderer Mensch und genau so möchten wir ihn in Erinnerung halten.“ Seine Freunde veranstalten für Michael am Freitag einen Trauermarsch, zu dem alle herzlich eingeladen sind. „Ein Licht für das Menschenleben, für alle Angehörigen und dafür, das solch eine Tat nicht mehr passiert. Es geht nicht um Politik! Es geht um Menschlichkeit, Anteilnahme und Beileid. Hetze ist definitiv nicht erwünscht!“, halten seine Freunde fest.
Trauermarsch für Michael am Freitag, um 18 Uhr, in Bregenz
Die schlimme Tat in Innsbruck hinterlässt eine bleibende Lücke bei allen, die Michi gekannt haben. Aus diesem Grund veranstalten seine Freunde am Freitag einen Trauermarsch – jeder ist eingeladen! Treffpunkt: Freitag, um 18 Uhr, in der Weidachstraße 41 in Bregenz. Mitzubringen: Anstand, Respekt, Pietät und Solidarität – wer möchte, kann eine Kerze oder Blumen mitbringen. Seine Freunde ließen außerdem bei Tsukini T-shirts für den Trauermarsch drucken – gesponsert vom Pipeline Shop Bregenz.
Tatverdächtiger in U-Haft
Nach der Messerattacke wurde der 24-jährige Tatverdächtige am Montagabend in die Justizanstalt Innsbruck eingeliefert. Die Staatsanwaltschaft habe wegen dringenden Tatverdachts den Antrag auf U-Haft gestellt.
5 Statements
– von betroffenen Vorarlbergern, die in Innsbruck studieren und wohnen:
Ramona, 24, Nüziders: „Ich war richtig schockiert, als ich die Nachricht gehört habe. Es rechnet doch niemand damit, dass ein schöner Abend mit Freunden so endet. Ich finde es wirklich schlimm, dass so etwas zur Realität gehört. Schon hart, dass man beim Weggehen damit rechnen muss, dass so etwas passieren könnte. Das macht mich wirklich traurig.“
Maxi, 21, Bludenz: „Meiner Meinung nach hat sich nach dieser Tat nicht viel an den Bögen geändert. Ich finde, dass man deswegen nicht mehr Angst haben sollte. Es hätte überall passieren können, die Einstellung zu den Bögen ist für mich gleich geblieben. Gesprochen wird jedoch schon darüber, was vielleicht ganz gut ist, weil man etwas vorsichtiger wird.“
Yasmin, 21, Schwarzenberg: „Leider passiert so etwas Schreckliches in jeder großen Stadt. Ich persönlich fühle mich durch die neue Situation nicht mehr oder weniger bedroht. Auch deswegen, weil ich sowieso nie in der Nähe der Bögen bin. Ich hoffe, dass die Gegend nach diesem Vorfall sicherer wird und sowas zukünftig nicht mehr passiert.“
Markus, 22 Vandans: „Für mich und meine Freunde war es ein Schock, weil speziell die Bögen ein beliebtes Ausgehziel sind. Viele von uns sind bedrückt und verärgert, weil es einfach jeden von uns hätte treffen können. Ich habe eigentlich nie das Gefühl gehabt, dass es bei den Bögen gefährlich sein könnte. Ich hoffe, dass sich mit der Waffenverbotszone etwas ändert.“
Marko, 22, Bregenz: „Es ist wirklich tragisch, was passiert ist. Vielleicht sollte die Polizei gerade in dieser Gegend präsenter sein. Ich finde es aber ganz wichtig, dass man sich deswegen nicht davon abhalten lässt, am Abend mit Freunden auszugehen. Das wäre das falsche Signal. Es hätte überall passieren können, so etwas hat man einfach nicht in der Hand.“
(WANN & WO)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.