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"Willi wusste, dass er Eigentum hatte"

Karin Krammel verbindet mit Willi Mutschler wunderschöne Kindheitserinnerungen.
Karin Krammel verbindet mit Willi Mutschler wunderschöne Kindheitserinnerungen. ©VOL.AT/Klaus Hartinger
Lustenau - Wer war Willi Mutschler? Die Lustenauerin Karin Krammel (44) kannte ihn bestens.

Das Muschler-Testament. Fast im Stakkato jagt dieser Begriff durch die ganze Testamentsaffäre samt Prozess. Kein Wunder: Die 560.000 Euro schwere Verlassenschaft des besachwalteten Mannes, der am 5. Oktober 2004 verstarb, ist jener Fall, in den auch die suspendierte Landesgerichtsvizepräsidentin Kornelia Ratz involviert ist. Das gefälschte Testament wurde auf den 20. März 1944 datiert, als Haupterben traten Mutter und Tante von Kornelia Ratz auf. Dazu sah die Verlassenschaft zwei Legatare vor, die je 50 Prozent des Erbes hätten bekommen sollen. Die Anklage wirft der Richterin vor, am Bezirksgericht Dornbirn ein gefälschtes Testament in Auftrag gegeben zu haben. Mit Wilhelm Mutschler als Erblasser.

Stall fürs Pony

Wer war dieser Wilhelm Mutschler? Karin Krammel aus Lustenau verbrachte sechs Jahre lang fast jeden Tag im Mutschler-Haus. “Das war in den 1980er-Jahren. Ich hatte ein Pony. Bei den Mutschlers war genug Platz und auch ein Stall. Ich durfte das Tier dort halten. Ich hatte dort eine wunderschöne Zeit, die ich nie vergessen werde”, berichtet die heute 44-Jährige. Damals lebten im Haus Willi und seine zwei Schwestern Luise und Rosa. “Alle drei mochten mich sehr gerne. Und ich sie. Und wenn ich mal einen Tag nicht kam, haben sie nach mir gefragt.” Karin Krammel war den Mutschlers im Haushalt behilflich. Sie wusch für sie, sie, erledigte Botengänge, sie half Willi beim Heuen und las ihm regelmäßig die VN vor. Den vermeintlichen Namensgeber des gefälschten Testaments bezeichnet sie als Menschen, “der überhaupt nicht so dumm war, wie viele vielleicht glaubten. Er war hör- und auch sehbehindert, konnte nur unverständlich sprechen. Ich war eine der wenigen, die ihn verstanden. Aber blöd war er nicht.”

Geschickter Mann

So habe sie Willi die Zeitung vor allem deswegen vorgelesen, “weil er schlecht sah, nicht weil er nicht lesen konnte”. Darüber hinaus schilderte sie ihn als handwerklich sehr geschickten Mann. “Er war zum Beispiel beim Handmähen in schwierigem Gelände überaus gut. Das hat er ja auch für die Gemeinde gemacht. Auch im Stall konnte er alle anfallenden Reparaturen erledigen. Ohne ihn hätte ich als Mädchen nie ein Pony haben können. Das vergesse ich ihm nie.” Ganze Tage verbrachte Krammel damals im Mutschler-Haus, machte dort sogar ihre Schul-Hausaufgaben. Gelegentlich sei damals auch Gottfried H., der damalige Sachwalter Willi Mutschlers, vorbeigekommen. “Aber eine enge Beziehung gab es nicht.”

Als alles anders wurde

Eines Tages habe ihr Willi gesagt: “Mädchen, ich schenke dir einen Boden.” Es war der Anfang vom Ende von Karin Krammels glücklichen Tagen im Mutschler-Haus. “Nachdem er das gesagt hatte, kam er kurz darauf übel gelaunt nach Hause und sagte mir: ‘Ich darf dir nichts geben.’‘ Mir war das völlig egal. Es interessierte mich nicht.” Doch wenig später seien plötzlich immer Leute aufgetaucht – darunter auch Mathilde H. “Die haben nur noch an mir herumkritisiert und alles bemängelt. Bis ich schließlich ging.” Klar ist für Karin Krammel: “Willi wusste, dass er Eigentum hatte. Und das müssen die Sachwalter auch gewusst haben.”

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