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Wilderer: Psychiater Haller sieht "Kampf gegen Obrigkeit als Motiv"

Verhalten nach Polizeikontrolle kein Amoklauf: Vorgehen nach "abrufbereitem Plan".
Verhalten nach Polizeikontrolle kein Amoklauf: Vorgehen nach "abrufbereitem Plan". ©APA, VMH
Nicht die Jagdlust, sondern den Kampf gegen die Obrigkeit hat Gerichtspsychiater Reinhard Haller im Fall des 55-jährigen mutmaßlichen Wilderers als leitendes Motiv konstatiert.
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Im Gespräch mit der APA beschrieb Haller den Mann aber nicht als “gespaltene Persönlichkeit, sondern als eine, die sich nach außen hin angepasst präsentiert, während das innere, ‘wahre Ich’ einen stark aggressiven Menschen ausmacht”. Diese Doppelrolle symbolisiere sich auch in den beiden Tätigkeiten als Jäger und Wilderer.

Kampf, “wer der Bessere ist”

Für Haller ist dies daher trotz seiner jahrzehntelangen Berufspraxis ein erstaunlicher Fall. Seiner Hypothese nach führte der Niederösterreicher, der beim Polizeieinsatz ein Blutbad angerichtet hat, einen Kampf mit den Behörden, bei dem es darum ging, “wer der Bessere ist.” Das würde zumindest sein Vorgehen erklären, bei dem er den erlegten Hirschen stets nur das Geweih abnahm und den Rest liegen ließ. Dieses unwaidmännische Verhalten sollte seine Kontrahenten kränken und entwürdigen. Zudem müsse der Mann zumindest dissoziale Züge aufweisen, auch wenn natürlich keine Diagnose erfolgen konnte.

“Er hat es wie im Film gemacht”

Die innere Haltung des Wilderers, dessen Leiche in der Nacht auf Mittwoch auf seinem Anwesen gefunden worden ist, habe bei diesem durch seine Aggressionen für eine ständige Anspannung, eine “permanente Kampfsituation” gesorgt. Sein Verhalten, nachdem er in die Polizeikontrolle kam, sah Haller nicht als Amoklauf. “Ich werde mich freischießen”, wäre in etwa der Ansatz des 55-Jährigen gewesen. “Er hat es wie im Film gemacht”, sagte der Gerichtspsychiater, der von einem bereits vorhandenen, “abrufbereiten Plan” sprach.

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wilderer450 ©Foto: APA/ Repro Paul Plutsch

 

Das mutmaßliche Ende des 55-Jährigen, “der sich wie ein verletzter Bär in seine Höhle zurückzog”, sei ebenfalls symbolhaft und ein “Ausdruck dafür, dass er die Niederlage nicht hinnehmen wird”. Mit seiner Verbrennung wollte er sicherstellen, dass man seinem toten Körper nicht habhaft wird, sagte Haller der APA. Das Töten des Hundes geschah laut Haller auch deswegen, damit dieser nicht dem “Feind” überlassen werden musste.

Wilderer starb durch Kopfschuss

Der 55-jährige Alois H., der in Niederösterreich bei einem Polizeieinsatz wegen Wilderei ein Blutbad angerichtet hat, ist durch einen Kopfschuss gestorben. “Wir gehen derzeit davon aus, dass es Selbstmord war”, sagte die Leiterin der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Michaela Schnell, der APA. Im Haus des Mannes wurde ein umfangreiches Waffenarsenal entdeckt.

Der Leichnam des 55-jährigen Alois H. ist unterdessen laut Schnell von dessen Angehörigen identifiziert worden. Die noch ausstehende Obduktion soll die Identität des Mannes endgültig klären.

Umfangreiches Waffenarsenal

Im Keller des 55-Jährigen wurde ein “umfangreiches Waffenarsenal im dreistelligen Bereich” sichergestellt, sagte der stellvertretende Kommandant der Cobra, Walter Weninger, in einem ORF-Interview. Im Zuge des Einsatzes habe der Mann von “vielen Waffen” Gebrauch gemacht”, so Weninger. Zu deren genauer Zahl machte die Leiterin der Staatsanwaltschaft keine Angaben. Überprüft wird ihren Angaben zufolge deren Herkunft, “da im Raum steht, dass nicht alle legal erworben wurden.” Auch mehrere gestohlene Kennzeichen wurden gefunden.

APA
APA ©APA

Der als Wilderer verdächtigte Transportunternehmer hat am Dienstag drei Polizisten und einen Rotkreuz-Sanitäter erschossen. Davor wurde das Fahrzeug des 55-Jährigen, ein Toyota mit gestohlenen Kennzeichen, gefunden und daraufhin eine Straßensperre errichtet. Auslöser der Streifentätigkeit im Bezirk Lilienfeld waren Wildereien der vergangenen Jahre.

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lilienfeld ©Das Anwesen des Transportunternehmers.

Auf seiner Flucht verschanzte sich der 55-Jährige auf seinem Anwesen in Großpriel bei Melk, ein Großaufgebot von Einsatzkräften versuchte den Mann zum Aufgeben zu bringen. Bei dem Polizisten, dessen Leichnam auf dem Grundstück von Alois H. gefunden wurde, war der Todeszeitpunkt noch unklar. Dienstagabend wurde der Bauernhof gestürmt, nach einer stundenlangen Durchsuchung des verwinkelten Gebäudes wurde die verbrannte Leiche des Mannes in einem Geheimbunker im Keller entdeckt.

Insgesamt standen 135 Beamte der Cobra und 200 Exekutivkräfte 24 Stunden lang im Einsatz. Dazu kamen noch rund 70 Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Ein Polizist, der bei dem Einsatz verletzt wurde, befand sich am Mittwoch auf dem Weg der Besserung. Der Beamte wurde von Splittern einer zerschossenen Windschutzscheibe leicht verletzt, ist aber psychisch angeschlagen.
 
(APA)

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