Der Oberste Gerichtshof (OGH) hob im Oktober 2013 zehn Fakten des erstinstanzlichen Urteils aus dem Jahr 2012 wegen Feststellungsmängeln auf. Deshalb müssen fünf der damals insgesamt zehn Angeklagten erneut vor einem Salzburger Schöffensenat Platz nehmen.
Prozess gegen Ratz neu aufgerollt
Die Schuldsprüche, die der OGH gegen die fünf Angeklagten zum Teil, im Fall der Vorarlberger Richterin Kornelia Ratz (50) zur Gänze aufgehoben hat, betreffen das Delikt “Missbrauch der Amtsgewalt”. Im zweiten Rechtsgang soll nun der neu zusammengesetzte Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Christina Rott überprüfen, ob nicht ein anderes Delikt wie schwerer Betrug für die angeklagten Taten infrage kommt.
Testamentsfälscher am Gericht Dornbirn
In dem ersten Verfahren wurde den zehn Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten im Zeitraum von 2001 bis 2008 am Bezirksgericht Dornbirn und “anderen Orten” vorwiegend Testamente gefälscht, um die Vermögenswerte an sich selbst umzuleiten und danach aufzuteilen. Dadurch sollen sie erbberechtigte Personen beziehungsweise Eigentümer an ihren Vermögensrechten sowie den Staat an seinen Rechten verletzt haben.
Über 80 Personen um das Erbe geprellt
Laut Staatsanwaltschaft manipulierten die Beschuldigten in insgesamt 18 Verlassenschaftsverfahren 16 Testamente und zwei Schenkungsverträge. Mehr als 80 Erben wurden geprellt. Der inkriminierte Gesamtschaden betrug zehn Millionen Euro. Einige der Beschuldigten waren als Gerichtsbedienstete tätig.
Fünf Angeklagte erneut vor Gericht
In dem wiederaufgerollten Prozess sind nun folgende fünf Personen angeklagt: Der geständige Hauptbeschuldigte Jürgen H. (50), ehemals Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichtes Dornbirn; die nicht geständige Vorarlberger Richterin Kornelia Ratz; zwei Gerichtskollegen des Hauptbeschuldigten, Kurt T. (51) und Walter M. (75), sowie Peter H. (50), der im Tatzeitraum ein Freund von Jürgen H. war. Laut dem Salzburger Landesgerichtspräsidenten Hans Rathgeb haben sich diesem Strafverfahren rund 40 Privatbeteiligte angeschlossen. Der Akt umfasst rund 30.000 Seiten.
Schnelles Ende erwartet
Verfahrensbeteiligte gehen davon aus, dass der Prozess im Schwurgerichtssaal Nummer 109 schneller zu Ende geht als im ersten Rechtsgang. Weil der Sachverhalt bereits auf dem Tisch liegt und es nur um die rechtliche Qualifikation der Tat geht, könnte auf die neuerliche Einvernahme einiger Zeugen verzichtet und ihre Angaben aus dem ersten Prozess verlesen werden.
Das Gericht hat jedenfalls 22 Zeugen geladen. Möglicherweise wird der Prozess Mitte oder Ende Juli abgeschlossen. Bis Ende Juli sind inklusive Reservetermine laut Verteidiger zwölf Verhandlungstage geplant, was aber vonseiten des Landesgerichts auf Anfrage der APA nicht bestätigt wurde.
Ratz: “Bin Opfer von Spekulationen”
Der erstangeklagte Jürgen H. hatte mit seinem unfangreichen Geständnis wesentlich zur Aufklärung der Causa beigetragen. Bei einer Hausdurchsuchung stellten Ermittler in seiner Reisetasche 785 Fälscher-Unterlagen sicher. H. wurde im ersten Rechtsgang wegen Amtsmissbrauchs, gewerbsmäßigen schweren Betruges, Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung verurteilt und hatte die über ihn verhängte siebenjährige Freiheitsstrafe auch akzeptiert.
Die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz, bezeichnete sich hingegen als “Opfer von Spekulationen” und forderte in erster Instanz einen Freispruch. Sie wurde wegen Amtsmissbrauchs bezüglich eines Anklagepunktes zu zweieinhalb Jahren teilbedingter Haft verurteilt, in einem Faktum erhielt sie einen bereits rechtskräftigen Freispruch.
Bezirksgericht Dornbirn: Fälschen mit System
Kurt T. (51), ehemaliger Leiter der Abteilung Außerstreitsachen am Bezirksgericht Dornbirn, hatte in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs und Urkundenfälschung drei Jahre teilbedingt ausgefasst. Er soll gemeinsam mit Jürgen H., von dem er sich zu Unrecht belastet fühlt, in Verlassenschaftsverfahren, in denen keine engen Verwandten der Erblasser bekannt waren, gefälschte Testamente fabriziert und damit die rechtmäßigen Erben um ihre Ansprüche gebracht haben.
Die Erben in den getürkten Dokumenten soll oftmals Peter H. aufgetrieben haben – er wurde im ersten Verfahren wegen Amtsmissbrauchs und gewerbsmäßig schweren Betruges zu fünf Jahren Haft verurteilt. Unter anderem soll er seinen Onkel als “Scheinerben” nominiert haben, wobei die falschen Testamente im Urkundenarchiv des Bezirksgerichtes Dornbirn hinterlegt wurden und im weiteren Verlauf dem ahnungslosen Notar zugespielt wurden, der dann die Verlassenschaften abwickelte. Über die nichts ahnenden “Strohmänner” soll das Vermögen am Ende bei den Justizbediensteten gelandet sein.
Der ehemalige Grundbuch-Rechtspfleger Walter M. hatte in erster Instanz zwei Jahre bedingt wegen Amtsmissbrauchs und schweren Betruges erhalten. Er war im Tatzeitraum bereits pensioniert, gilt aber als “Ideengeber” des Justiz-Skandals. Richterin Ratz wiederum soll dafür gesorgt haben, dass mittels eines gefälschten Testaments in einer Verlassenschaft nach einem entfernten Verwandten ihre Mutter und ihre Tante als Erben zum Zug kamen, was sie vehement bestritt. (red/APA)
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