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Opposition drängt auf Berchtold-Rücktritt

Feldkirch (VN) -  Kritiker und Befürworter von Wilfried Berchtold hatten sich in den vergangenen Tagen auf den Leserbriefseiten der VN ein hartes Duell geliefert – und den Konflikt rund um den Feldkircher Bürgermeister damit wieder neu entflammt. Sausgruber bleibt bei seinem Standpunkt. Die Opposition ist empört.
Freispruch für Berchtold

So hatte Ulrich Nachbaur, ein Zeuge der Anklage, Berchtold direkt angesprochen und unter anderem geschrieben: „Wenn Dir Feldkirch und Deine Familie wirklich so am Herzen liegen, wie Du sagst, erwiesest Du ihnen den besten Dienst, wenn Du Dich mit Anstand endlich aus unserem Rathaus verabschiedetest.“ Zur Verteidigung rückte Stadtrat Wolfgang Matt aus: „Gerade Sie als enger persönlicher Vertrauter und Freund des vermeintlichen Opfers wären gut beraten, nach dem blamablen Ausgang des Gerichtsverfahrens jene moralischen Maßstäbe, die Sie an andere stellen, bei Ihnen selbst anzulegen

Die Frage polarisiert

Pikant: Nachbaur war früher Klubobmann der Feldkircher ÖVP und Bürochef des damaligen Landeshauptmanns Martin Purtscher. Der Streit zwischen Nachbaur und Matt rund um die Person Berchtold zeigt freilich auch die Spaltung in der Montfortstadt selbst: Wie Meinungsforscher Edwin Bernd ja erhoben hatte, waren Mitte März 53 Prozent der Feldkircher gegen einen Rücktritt Berchtolds, 42 Prozent für einen Rücktritt. Doch was ist auf landespolitischer Ebene Sache, knappe vier Monate, nachdem Berchtold vom Vorwurf der Vergewaltigung im Zweifel – das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – freigesprochen wurde?

Unveränderte Standpunkte

An seinem Standpunkt habe sich nichts geändert, sagte gestern LH Herbert Sausgruber. Er sei „weit davon entfernt, das, was geschehen ist, moralisch zu rechtfertigen“. Aber das Gericht habe einen Freispruch gewählt „und die Begründung macht den Freispruch nicht zum Schuldspruch“. Und: „Wer Bürgermeister in Feldkirch ist, ist in Feldkirch zu entscheiden

Auch gelte unverändert: „Die Situation ist für die Betroffenen, für ihre Familien, für die Stadt, für die Politik insgesamt und für die Partei eine Belastung.“ Natürlich liege die Entscheidung, ob Berchtold zurücktreten solle, in den Händen der ÖVP-Feldkirch, konterte FPÖ-Chef Dieter Egger: „Trotzdem stellt sich die Frage, ob Berchtold nach diesen schwerwiegenden Vorwürfen, die sich in der Urteilsbegründung bestätigt haben, überhaupt noch handlungsfähig ist.“ Für Egger ist klar, dass Berchtolds Entscheidung, im Amt zu bleiben, „dem Ansehen der Stadt abträglich ist“. Egger: „Logisch wäre, dass er seine moralische Verantwortung wahrnimmt und sein Amt als Bürgermeister zurücklegt.“ Egger sieht Sausgruber in der Pflicht.

Katharina Wiesflecker, Abgeordnete der Grünen, stellte fest: „Berchtold wurde vom Gericht freigesprochen, das ist unbestritten.“ Das heiße aber nicht, dass das Gericht von seiner Unschuld überzeugt war: „Ganz im Gegenteil, haben der Schöffensenat und die Richterin ganz klar festgestellt, dass die Frau die sexuellen Handlungen in dieser Nacht als erzwungen erlebt hat.“ Es habe sich um keine Verleumdung, um keine Reaktion aus enttäuschter Liebe und um keine Rache wegen unerfüllter politischer Ziele gehandelt.

„Keine Rücktrittskultur“

„Nach solchen Ereignissen zu meinen, man könne zur Tagesordnung übergehen und ein zentrales Amt wie früher ausüben, ist absurd.“ Wiesflecker: „Ich halte ihn auch als Bürgermeister nach dieser Urteilsbegründung für untragbar.“ Ihr Fazit: „Selbstverständlich sollte er zurücktreten. Menschen mit Rückgrat sind schon wegen weit geringerer moralischer Fehltritte zurückgetreten.“ Doch gebe es in Österreich, im Gegenteil etwa zu Deutschland, eben keine Rücktrittskultur: „Und das ist beschämend.“

SPÖ fordert Landeshauptmann

Auch für SP-Abgeordnete Gabi Sprickler-Falschlunger „ist Berchtold als Bürgermeister nicht mehr vertretbar“. Doch sei es sinnlos, ihn zum Rücktritt aufzufordern: „Weil er es ja eh nicht tut – ginge es ihm tatsächlich um das Wohl und das Ansehen der Stadt, müsste er schon längst zurückgetreten sein.“ Auch Sprickler-Falschlunger spricht den Landeshauptmann direkt an: „Natürlich gibt es keine Möglichkeit, Berchtold des Amtes zu entheben, natürlich sind dem LH da die Hände gebunden.“ Nur: „Hätte Sausgruber Berchtold öffentlich zum Rücktritt aufgefordert, dann wäre auch ein Rücktritt erfolgt

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