Feldkirch Seine Buchvorstellung stieß zum Nachdenken über das Denken an: Auf Einladung des Vereins Tangenten hielt der Autor Manfred Geier vorigen Donnerstag im Theater am Saumarkt einen Vortrag über seine Doppelbiographie „Wittgenstein und Heidegger. Die letzten Philosophen“. Auf sein Referat folgte eine Diskussion, bei der sich die gut informierten Zuhörer mit Fragen und Ansichten engagierten.
Mangelnde Selbstreflexion großer Denker
Der in Hamburg lebende Geier studierte unter anderem Germanistik und Philosophie. Bereits früher verfasste er eine Kurzbiographie über Martin Heidegger (1889-1976), der in seinen Werken dem Wesen des Seins nachspürte. Heidegger ist bis heute Gegenstand von Kontroversen, da er sich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland eine Zeit lang für diese Partei verdingte. Trotz seiner baldigen Abkehr von der Politik verweigerte Heidegger Zeit seines Lebens eine Reflexion seines Handelns. „Er entschuldigte sich nicht“, stellte Geier fest. „Heidegger weigerte sich, darüber zu reden.“
Heideggers österreichischer Kollege Ludwig Wittgenstein (1889-1951) wiederum, in seinen Schriften mit Sprachkritik befasst, maß Überlegungen darüber, wie er ein guter Mensch sein könne, große Bedeutung zu. Auf Status und Besitz legte er wenig Wert, so verschenkte er etwa sein immenses Erbe früh in seiner Laufbahn an seine Geschwister. Doch selbst bei ihm fanden sich Entscheidungen, in deren Vorfeld er politische Verhältnisse wenig überdachte und deren Motive er anderen gegenüber kaum erläuterte – wie etwa seine Reise nach Russland.
Begegnung zweier Biographien
In Geiers Zusammenschau begegneten sich der nach Größe strebende Heidegger und Wittgenstein, den Geier als Ethiker bezeichnete. Der Biograph strich Unterschiede in Werk und Charakter der beiden heraus, doch ebenso die Kreuzungspunkte ihrer Gedankenwege. Einzigartigkeit verlieh Geiers Betrachtungen, dass sich Anhänger dieser Denker selten mit dem Werk des jeweils anderen befasst haben. Zudem sonderte er ihre Schriften nicht von ihren facettenreichen Persönlichkeiten ab. Weniger entschuldigend denn als Mahnung mag seine Einschätzung der (Fehl)Entscheidungen dieser Philosophen verstanden werden: „Auch kluge Menschen sind vor so etwas nicht gefeit. Dies betrifft Philosophen wie andere Menschen.“ VKO
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