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Zweckoptimist Klinsmann

Zufriedenheit trotz Abwehrschwächen. Der DFB-Bundestrainer hob nach dem 4:2 gegen Costa Rica positive Aspekte hervor. Gibt es einen Konflikt mit Ballack?

Nach dem 4:2-Auftaktsieg seiner Mannschaft im Eröffnungsspiel der Fußball-WM gegen Costa Rica ist DFB-Bundestrainer Jürgen Klinsmann in eine Rolle geschlüpft, in der er bereits Weltmeister ist – in jene des Zweckoptimisten. Der frühere Teamstürmer war am Freitag nach der Partie in München bemüht, die Bedeutung eines Starts mit drei Punkten und die gute Leistung in der Offensive hervorzuheben, seine oft nicht sattelfeste Abwehr nahm er in Schutz.

„Beim Eröffnungsspiel der WM im eigenen Land sind eben einige nervös. Konzentrationsfehler wie vor den Gegentoren kommen vor, das muss man schlucken“, beschwichtigte der frühere Welt- und Europameister und attestierte seiner Innenverteidigung mit Mertesacker und Metzelder eine „sehr gute Leistung“. Dennoch musste Klinsmann auch Schwächen eingestehen, so etwa einen Lapsus des schwachen Rechtsverteidigers Friedrich vor beiden Gegentoren. „Aber so etwas kann passieren. Wir werden im Turnier weiter wachsen und versuchen, Fehler zu minimieren“, versprach er.

Viel mehr Freude bereitete es „Klinsi“, über die dank einer überwiegend gelungenen Offensiv-Darbietung eingefahrenen drei Punkte zu plaudern. „Wir wollten die Fans mitreißen, und das ist uns gelungen“, erklärte der Coach, der dem weiteren Turnierverlauf zuversichtlich entgegenblickt. „Wir spüren eine unheimliche Energie in uns. Jeder treibt den anderen an“, sagte Klinsmann.

Völlige Harmonie dürfte im DFB-Teamcamp dennoch nicht herrschen. Kapitän Michael Ballack hatte sich in der Nacht vor dem Spiel für fit erklärt und seinen Einsatz gefordert, Klinsmann aber verzichtete auf eine Nominierung des künftigen Chelsea-Spielers, „aus Vorsicht“, wie er betonte. Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt hatte ihm gegenüber vom Risiko gesprochen, dass sich die Wadenverletzung im Falle eines Einsatzes hätte verschlimmern können.

„Die Wade ist noch nicht da, wo sie hin muss“, stellte Klinsmann fest. Für die via Medien lancierte Forderung von Ballack nach einem Platz in der Starformation hat der DFB-Chefcoach nach eigenen Angaben Verständnis. „Es ist nie ein Problem, wenn ein Spieler brennt und eingesetzt werden will. Aber die Entscheidung trifft der Trainer.“

Das bekam Ballack schmerzlich zu spüren. Auf dem offiziellen Spielbericht als verletzt vermerkt, versäumte der Mittelfeldspieler damit nach dem Finale 2002 (gesperrt) das zweite WM-Highlight der DFB-Auswahl in Folge. „Es war enttäuschend für mich. Im Endeffekt haben die Trainer und der Arzt entschieden, dass ich nicht spiele. Ich hatte das zu akzeptieren und habe es akzeptiert.“

Deutsche Medien gehen mittlerweile von einem zerrütteten Verhältnis zwischen Klinsmann und Ballack aus, das nach dem 2:2 im Testspiel in der vergangenen Woche gegen Japan seinen Anfang genommen hätte. Damals hatte der von „Klinsi“ zum DFB-Teamkapitän ernannte 29-Jährige in der Öffentlichkeit die seiner Meinung nach zu offensiv ausgerichtete Taktik kritisiert und sich damit den Unmut seines Coaches zugezogen, der solche Diskussionen nur intern zu führen wünscht.

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