Zu teuer? Vorarlberger Design-Forsthaus beschäftigt Deutschland

Auf einer Lichtung am Waldrand findet sich eine besondere Hütte für die baden-württembergischen Forstarbeiter. Mit dem hohen Kamin erinnert die Forsthütte Tannau an einen Sakralbau. Freistehender Holzofen im Aufenthaltsraum, ein waidgerechter Zerlegeraum für Wild in Edelstahl inklusive Kühlkammer, leimfreie Bauweise in Diagonaldübeltechnik mit heimischen Hölzern – die Fachwelt feiert das preisgekrönte Forsthaus aus Vorarlberger Planerhand.
540.000 statt 150.000 Euro
Weniger begeistert ist aber der Bund deutscher Steuerzahler. Dieser rechnet mit einem Gesamtpreis mit allem Drum und Dran von 611.000 Euro – dabei war anfangs nur ein Schlechtwetterarbeitsplatz um 150.000 Euro geplant, wie auch das zuständige Ministerium bestätigt. Im Rahmen der Planungen der örtlichen Forstorgane wurde dieser jedoch aus Bedarfsgründen zu besagtem Betriebshof aufgestockt. Dafür stellte das Regierungspräsidium Freiburg 350.000 Euro zur Verfügung. Dies entspreche laut Ministeriumssprecher Jürgen Wippel auch dessen, was ein Zweckbau in dieser Lage kosten würde.
Schlussendlich wurde das gemeinsam mit den Vorarlberger Architekten geplante Forsthaus auf 470.000 Euro veranschlagt, mit der Erschließung kam man auf 540.000 Euro. Zwar erfüllt die nun umgesetzte Vorzeige-Forsthütte alle Vorgaben – die geänderte Planung wurde jedoch nie mit dem zuständigen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz abgestimmt, erklärt Wippel.
Innovativ, aber doch zu teuer
Außer Frage steht dabei auch für das Ministerium die Leistung der Vorarlberger Architekten. “Beim Betriebshof Tannau handelt es sich um ein eineinhalbgeschossiges bautechnisch innovatives Gebäude in Holz-Massivbau unter Verwendung heimischer Tannenhölzer”, lobt Wippel. “Für das Multifunktionsgebäude wurde von der antragstellenden Unteren Forstbehörde im Bodenseekreis ein innovatives Holzbauprojekt mit positiver Außenwirkung, unter Verwendung heimischer Weißtanne vorgelegt.” Es habe aber schlichtweg die üblichen Standards und Kosten überschritten.
Architekten (fast) außer Kritik
Etwas außen vor stehen die verantwortlichen Vorarlberger Architekten, Elmar Ludescher und Philipp Lutz. Sie sind von der plötzlichen Dynamik der Entwicklungen überrascht. Schließlich wurde das Gebäude bereits im Sommer 2015 fertiggestellt und übergeben. Auch seien die örtlichen Organe bei der Planung stark eingebunden gewesen und dürften nach allgemeinem Vernehmen bis heute von der Forsthütte überzeugt sein.
Fehlende Arbeitsräume für Forstarbeiter?
Die einzige Kritik am Gebäude selbst kommt laut einigen Medienberichten von Forstarbeitern. So fehle es an überdachten Arbeits- und Lagerbereichen. Die für drei Fahrzeuge ausgelegte Garage mit einer Raumhöhe von drei Metern sei zu klein, um darin beispielsweise einen Hochstand zu bauen. Dies war jedoch nie vorgesehen, hält Architekt Lutz dagegen. Auch in den über ein Jahr andauernden Planungen habe niemand von den Forstbetrieben eine für solche Arbeiten ausreichend große Halle gewünscht.
Untersuchung durch Ministerium
Fazit: Das Gebäude gefällt, nur der Preis hält man im Ministerium für etwas hoch. So bleibt die Frage, wie es zur der Kostenüberschreitung kommen konnte, ohne das das Ministerium darüber informiert wurde. Dies soll nun eine von Minister Peter Hauk in Auftrag gegebene Untersuchung klären – und welche Konsequenzen daraus folgen sollen. Derweil steht eine Öffnung der Forsthütte für die Öffentlichkeit als Veranstaltungsort im Raum.
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