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Zollfreigrenze fällt: EU will Billig-Pakete aus China bremsen

Künftig sollen auch günstige Online-Bestellungen aus China verzollt werden.
Künftig sollen auch günstige Online-Bestellungen aus China verzollt werden. ©APA/AFP
Die EU-Finanzminister haben sich auf die Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro für Importe aus Drittstaaten geeinigt. Die Maßnahme soll vor allem die Paketflut aus China eindämmen und heimische Händler schützen.

Laut österreichischem Handelsverband liegt das Schadensausmaß allein in Österreich bei bis zu 4,5 Mrd. Euro. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ist aus Termingründen nicht in Brüssel, und wird auf Botschafterebene vertreten.

Alle Pakete aus Drittstaaten künftig zollpflichtig

Marterbauer begrüßte die Einigung aber in einem Statement gegenüber der APA: "Österreich begrüßt die Abschaffung der Zollbefreiung von 150 Euro aus Drittstaaten. Mit den Bestimmungen wird auch der Versuch der Umgehung dieser Grenze in Schranken gewiesen. Im Sinne der Produktsicherheit, des Umweltschutzes, aber auch zum Schutz der europäischen Wirtschaft ist hier ein wichtiger Schritt gelungen." EU-Handelskommissar Maros Sefcovic schlug zudem laut Reuters in einem Brief an die EU-Finanzminister vor, die Freigrenze bereits im ersten Quartal 2026 aufzuheben. Dies wurde offenbar aufgegriffen: Laut Angaben aus dem Rat hat dieser heute auch beschlossen, gemeinsam mit der Kommission eine einfache, vorübergehende Lösung zu erarbeiten, um eine möglichst rasche Umsetzung zu ermöglichen.

EU will mit Neuregelung Paketflut aus China bremsen

91 Prozent aller E-Commerce-Importe mit einem Wert von bis zu 150 Euro kamen 2024 laut Angaben der EU-Kommission aus China. Das Volumen habe sich damit seit 2023 mehr als verdoppelt - von 1,9 Milliarden auf 4,17 Milliarden Sendungen. Insgesamt wurden im Vorjahr rund 4,6 Milliarden Päckchen in die EU importiert. Die Zahl hat sich laut Kommission seit 2022 vervierfacht. Alle EU-Länder sind laut Ratsangaben für die Abschaffung der Zollfreigrenze. Sie soll auch ein Zeichen an die europäischen Händler sein.

Angesichts des exponentiellen Anstiegs des E-Commerce habe die Schwelle zu unlauterem Wettbewerb für EU-Unternehmen geführt und Umweltbedenken aufgeworfen, so eine Aussendung des Rates der EU. Unternehmen von außerhalb der EU hätten damit einen Anreiz, Sendungen von Waren in die Union aufzuteilen, um die Zahlung von Zöllen zu vermeiden. Ein Großteil der Pakete wird zudem meist kostenlos zurückgeschickt, was zu hohem Transport- und Verpackungsaufwand führt und von Umweltschützern darum schwer kritisiert wird.

Auch österreichische Handelsvertreter forderten Abschaffung

Forderungen nach einem Ende der Zollbefreiung waren auch von Handelsvertretern aus Österreich gekommen, etwa von der Wirtschaftskammer und dem Handelsverband. Der Handelsverband setzt sich laut eigenen Angaben gemeinsam mit dem europäischen Dachverband Ecommerce Europe seit zehn Jahren für eine Abschaffung der EU-Zollfreigrenze ein.

Die Abschaffung der Freigrenze ist Teil einer großen EU-Zollreform, die bis Ende des Jahres fertigverhandelt sein soll. Laut Vorschlägen der EU-Kommission soll in Zukunft eine neue EU-Zollbehörde eine EU-Zolldatenplattform überwachen. Ziel ist, den Zollbehörden einen umfassenden Überblick über die Lieferketten und Produktionsprozesse der in die EU eingeführten Waren zu geben. Die Abschaffung der Zollfreigrenze soll laut dem ursprünglichen Vorschlag gelten, sobald die Datenplattform einsatzbereit ist, voraussichtlich ab Mitte 2028.

JKU erwartet kaum Änderungen im Konsumverhalten

Ob die Reform das Konsumverhalten tatsächlich grundlegend verändert, ist laut einer Studie der Johannes Kepler Universität (JKU) fraglich. Je öfter bei asiatischen Online-Plattformen bestellt wird, desto seltener werde eine Verhaltungsänderung bei Konsumenten eintreten, sagt Christoph Teller, Vorstand vom JKU-Institut für Handel, Absatz und Marketing.

Für die Studie befragte das Institut (IHaM) im Internet rund 2.000 Personen, die im vergangenen Jahr mindestens einmal bei einer asiatischen Online-Plattform wie Shein oder Temu eingekauft hatten. Die Stichprobe ist laut JKU repräsentativ für die österreichische Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren. Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) bewertete die Abschaffung der Zollfreigrenze als "nicht ok", da die Reform zu Lasten der Konsumenten gehe. Unter den "Heavy-Online Shoppern" - also jenen, die in den letzten 12 Monaten mehr als zehnmal bei einer asiatischen Online-Plattform einkauften - stuften sogar 70 Prozent die Maßnahme als negativ ein.

Gleichzeitig gingen die Konsumenten zunehmend auf "Schnäppchenjagd", so Teller. Denn 53 Prozent gaben an, in Zukunft vermehrt Preise bei Anbietern wie Shein und Temu mit nicht-asiatischen Plattformen zu vergleichen, um beim günstigsten Anbieter einzukaufen. Auf lange Sicht sei zu befürchten, dass die Warenpreise bei Temu, Shein & Co. trotz Zollgebühren vergleichsweise billig ausfallen und Konsumentinnen und Konsumenten zur Schnäppchenjagd animiert werden, sagte Teller. Der Trend in Richtung Preisvergleich betrifft nicht nur Europa. In den USA würden 69 Prozent der Konsumenten vor dem Kauf Preise auf zwei bis drei Websites oder in Geschäften vergleichen, wie eine Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher fand.

(APA/Red)

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