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Zahl der Suizide in Vorarlberg leicht angestiegen

Bregenz - Nach drei Jahren mit sehr niederen Suizidzahlen ist die Anzahl der Selbsttötungen im vergangenen Jahr in Vorarlberg leicht gestiegen.

Insgesamt wurden 56 Suizidfälle registriert. Österreichweit wurden im vergangenen Jahr 1.261 Suizide verzeichnet.

„Vorarlberg liegt 2010 bei der Suizidrate (Suizide/100.000 Einwohner) mit einem Wert von 15,2 im österreichischen Durchschnitt“, betont Prim. Dr. Albert Lingg. „Damit liegen wir sehr knapp am WHO-Ziel von einer Suizidrate von 15.“ Die höchsten Suizidraten wiesen wie schon 2009 auch im vergangenen Jahr die Bundesländer Kärnten (19,7), Salzburg (18,3) und Steiermark (17,5) auf. Die wenigsten Suizide wurden erneut in Wien (12,6) registriert.

Längerfristige Trends

Verlaufsstatistiken und der Blick in andere Regionen zeigen, dass von Jahr zu Jahr immer wieder „Sprünge“ zu beobachten sind. „Deshalb ist das Beobachten der längerfristigen Entwicklungen umso wichtiger“, so Prof. Dr. Reinhard Haller. Hier zeigt sich für Vorarlberg, ebenso wie für Österreich und die deutschsprachigen Nachbarländer ein äußerst positiver Trend. Seit den 80er Jahren konnte fast eine Halbierung der Suizidziffern erreicht werden, obwohl in den letzten 20 Jahren verschiedenste Entwicklungen eingetreten sind, welche den Entschluss zum Suizid erleichtern. „Dennoch ist nach den WHO-Daten davon auszugehen, dass weltweit jährlich mehr als 1,4 Mio. Menschen durch Suizid sterben und auf jeden vollendeten Suizid etwa 10-15 Suizidversuche kommen“, erklärt Haller.

Suizid und Krebserkrankungen

Eine vor kurzem abgeschlossene Studie zur Frage der Häufigkeit von Selbsttötungen bei Krebspatienten in Westösterreich ging von der Annahme aus, dass PatientInnen mit einer Krebserkrankung eine außerordentlich hohe psychische Belastung haben. Ältere Studien aus den USA und Skandinavien belegen, dass KrebspatientInnen gegenüber der Allgemeinbevölkerung eine höhere Suizidrate aufweisen. In den Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg wurden insgesamt über 375.000 Personenjahre erfasst und beobachtet. Dabei konnte festgestellt werden, dass KrebspatientInnen in Salzburg, Tirol und Vorarlberg eine deutlich höhere Suizidrate ausweisen als die Allgemeinbevölkerung in diesen Bundesländern. Besonders betroffen sind ältere Männer, die einem Karzinom der Prostata, des Kolon, des Rektums oder des HNO-Bereichs erkrankt sind. In den letzten Jahren war zwar auch in dieser Gruppe ein tendenzieller Abfall der Suizide zu registrieren. Gleichwohl fordern die Autoren den Ausbau der psychoonkologischen Betreuung und psychosozialer Interventionen zur Verbesserung der Lebensqualität von KrebspatientInnen bis ins hohe Alter.

Prävention wichtig

Folgende Risikogruppen und Situationen für suizidale Gefährdung haben sich in zahlreichen Studien herauskristallisiert:

  • Affektive Störungen (4% – 15%) einer Kohorte sterben durch Suizid, bei etwa 70% der Suiziden sollen affektive Störungen vorliegen)

  • Alte und Vereinsamte („Ungarisches Muster“)

  • Chronisch Kranke (mit Schmerzen und fehlender Heilungsaussicht)

  • Alkoholabhängige (bis 14%, besonderes Risiko nach 8-10 Jahren)

  • Drogenabhängige (bis 30% der „Drogentoten“ sind sicher Suizide)

  • Patienten mit Essstörungen

  • Personen mit Suiziddrohungen

  • Personen nach Suizidversuch (10% Wiederholungen in den ersten 12 Monaten)

  • An Schizophrenie Erkrankte (14% einer Kohorte; besonders gefährdet junge Männer, höheres Bildungsniveau)

  • Personen mit Persönlichkeitsstörungen (z. B. emotional instabile Persönlichkeitsstörung 7-10%)

  • Personen in Haft (besonders in der ersten Zeit, U-Haft).

  • Kurzschluss-Suizide (nach Unfällen, Trennungen, Arbeitsplatzverlust, Diagnostizierung einer bedrohlichen Erkrankung)

Die so unterschiedlichen Gründe und Auslöser sowie Wege zum Suizid bringen mit sich, dass dem Problem auf verschiedenen Ebenen begegnet werden muss. Präventionsprogramme sind ein wichtiger Schlüssel, um den positiven Trend seit den 80er Jahren fortzusetzen. „Deshalb muss dringend darauf geachtet werden, dass die für die Suizidverhütung wichtigen niederschwelligen Beratungs- und Krisendienste (Telefonseelsorge, K.I.T., IfS) wie auch die gemeindenahen und stationären Behandlungsstellen für psychisch kranke und süchtige Menschen gegenüber der Hightech Medizin nicht ins Hintertreffen geraten“, erklärt Prof. Haller. In Krisenzeiten, die insbesondere für psychisch labile oder finanziell benachteiligte Menschen zur Belastung werden, raten die beiden Experten zudem zur Solidarität. „Neben der staatlichen Unterstützung kann hier solidarisches Handeln im Nahraum, vor allem das Verhindern eines sozialen Rückzugs Betroffener, präventiv wirken“, betont Haller.´

(Quelle: Suizidbericht 2010; aks Arbeitskreis für Vorsorge und Sozialmedizin BetriebsGmbH)

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