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Wozu Energie sparen?

Johannes Huber schreibt im Gastkommentar, warum die Strompreise abgefedert werden sollten.
Johannes Huber schreibt im Gastkommentar, warum die Strompreise abgefedert werden sollten. ©Patrick Pleul/dpa (Sujet)
Gastkommentar von Johannes Huber. Die hohen Strompreise müssen abgefedert werden. Man kann es damit aber auch übertreiben – und riskieren, dass sich Energieknappheit verschärft.

Gerechtigkeit für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), seine Ministerinnen und Minister: So notwendig es ist, die hohen Strompreise abzufedern, so unmöglich ist es, das treffsicher zu machen. Man kann Sonntagsreden, wonach nur denen geholfen werden soll, die es brauchen, auf die Schnelle nicht gerecht werden. Abgesehen davon, dass immer auch Definitionsfragen mitschwingen, müsste man erst in Erfahrung bringen, wie viel Geld in einem Haushalt vorhanden ist, wie gut isoliert das Gebäude ist, womit geheizt wird, wie hoch der Energiebedarf ist etc. Erst dann könnte man sagen, wie viel Förderung erforderlich ist, damit es unter vertretbaren Umständen möglich ist, sich über einen durchschnittlichen Winter hinweg eine Mindesttemperatur von tagsüber, sagen wir, 19 Grad leisten zu können. Allein: Die meisten Daten dazu gibt es nicht. Der Staat weiß viel, entscheidende Informationen fehlen ihm jedoch.

Also haben Nehammer und Co. nun zwangsläufig zur Gießkanne gegriffen. Daraus kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Das Problem ist, dass sie selbst auf mögliche Differenzierungen verzichtet haben (zum Beispiel nach Haushaltsgröße). Dass sie für einen sehr niedrigen Strompreis sorgen und nichts dagegen einzuwenden haben, dass etwa das Land Niederösterreich für einen noch niedrigeren Strompreis sorgen möchte, sodass in Einzelfällen sogar eine Gutschrift herauskommen kann. Dass Strom also wenig bis nichts kostet.

Das wird ohne Zweifel sehr gut ankommen. Und genau das ist wohl auch die Absicht: Bald wird in Tirol und Anfang des kommenden Jahres in Niederösterreich gewählt. Nehammers ÖVP sieht sich gezwungen, Stimmungspflege zu betreiben, um größere Verluste abzuwenden. Da kennt sie keine Hemmungen.

Das Risiko, das sich das letztlich rächen wird, ist jedoch groß: Zahlen muss das Ganze nicht irgendwer, sondern der Steuerzahler, die Steuerzahlerin. Aufgrund der Inflation sorgen sie schon für ein stark steigendes Umsatzsteueraufkommen. Das wird jedoch nicht ausreichen, um zusätzlich zu Pensionsanpassungen auch noch Ausgleichsmaßnahmen wie eben die Strompreisbremse zu finanzieren. Nachfolgende Generationen werden zur Kasse gebeten werden müssen.

Kurzfristig läuft es wiederum darauf hinaus, dass es eher zu Energieengpässen kommen könnte: Wer spart schon, wenn ihm der finanzielle Druck abgenommen wird? Wohl nur wenige. Zumal Österreich im Unterschied zu anderen Ländern bisher darauf verzichtet hat, eine breitere Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, dass der Verbrauch möglichst kleingehalten werden sollte, um Versorgungsengpässe oder gar einen Blackout im Winter zu vermeiden, so gut es geht.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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